Wahlkampf: Drahtseilakt auf der britischen Insel
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Der britische Premier Gordon Brown hat am Dienstag die Parlamentswahlen für den 6. Mai 2010 angesetzt und damit den Kampf um das Unterhaus offiziell eröffnet. Das enorme Haushaltsdefizit Großbritanniens wird zentrales Thema, erwarten Kommentatoren, aber auch die Glaubwürdigkeit der etablierten Parteien stehe auf dem Spiel.
Expansión: „Reife der Wähler“; Spanien
Im bevorstehenden Wahlkampf in Großbritannien wird es vor allem um den Ausgleich des defizitären Haushalts gehen, meint die Wirtschaftszeitung Expansión und hofft, dass dieses Ziel nach den Wahlen auch verfolgt wird: "Das enorme Ungleichgewicht des öffentlichen Haushalts wird den Wahlkampf bestimmen. Die drei größten Parteien (Konservative, Labour und Liberale) sind sich einig, dass es notwendig ist den Staatshaushalt zu sanieren, auch wenn sie unterschiedliche Vorstellungen davon haben, wie dies geschehen soll. Zum Wohle der britischen Wirtschaft bleibt nur zu hoffen, dass das Wahlkampf-Gebrause weder diese Botschaft verändert noch in immer größere Versprechen seitens der Politiker gipfelt. In jedem Fall sollten die britischen Wähler die Reife besitzen, nicht auf diejenigen zu hören, die ihnen eine rosige Zukunft ohne Sparmaßnahmen versprechen." (Artikel vom 07.04.2010)
Il Sole 24 Ore: „Brown und Cameron fordern sich auf dem Seil heraus“; Italien
Der britische Wahlkampf dreht sich hauptsächlich um das Haushaltsdefizit des Landes, meint die Wirtschaftszeitung Il Sole 24 Ore: "In Großbritannien bleiben Wahlversprechen Verpflichtungen, die die Opposition über die gesamte Legislaturperiode hinweg einfordern wird. Und der Weg, der von der schwersten Wirtschaftskrise seit 1929 vorgegeben ist, lässt wenig Spielraum für Abweichungen: Gordon Brown und sein möglicher Nachfolger, der Parteivorsitzende der Konservativen David Cameron, fordern sich auf dem Seil heraus. Sie tanzen über den Abgründen eines Haushaltsdefizits von zwölf Prozent des Bruttoinlandsprodukts. [...] In das Duell hat sich der Chef der Liberaldemokraten Nick Clegg eingeschaltet, der nicht müde wird mitzuteilen, dass auch er am Wettstreit um Downing Street teilnimmt. Und nicht nur virtuell scheint er den Umfragen nach das Zünglein an der Waage zu sein." (Artikel vom 07.04.2010)
The Irish Times: „Zu einer Zeit, da Führungsqualitäten und harte Entscheidungen gefragt sind“; Irland
Die britischen Unterhauswahlen sind ein Test für die Glaubwürdigkeit der etablierten Parteien, schreibt die Tageszeitung The Irish Times: "Der Kandidat, der bei dieser Wahl den härtesten Test vor sich hat, ist die Politik selbst. Die große Ernüchterung der Öffentlichkeit, die durch den Spesenskandal verursacht wurde, könnte dazu führen, dass die Wähler den etablierten Parteien den Rücken kehren und sich Extremisten wie der [europafeindlichen] UKIP und der [rechtsextremen] BNP zuwenden. Ebenso wahrscheinlich ist, dass sich viele ihrer Stimme enthalten. Die Wahlbeteiligung wird die Größe der Mehrheit bestimmen, aber auch die Autorität, mit der die Gewinner regieren können. Zu einer Zeit, da Führungsqualitäten und harte Entscheidungen gefragt sind, benötigt die Politik selbst dringend ein Vertrauensbekenntnis."
(Artikel vom 07.04.2010)
Die Presse: „Zwischen einem Weiter-so und einer Zurück-zu-Staats-und-Europa-Skepsis“; Österreich
Tory-Chef David Cameron inszeniert sich als Erbe der Ex-Premiers Tony Blair und Margaret Thatcher, was zum Wahlsieg reichen müsste, schreibt die Tageszeitung Die Presse: "Großbritannien steht vor einer spannenden Wahl zwischen einem Weiter-so und einer Zurück-zu-Staats-und-Europa-Skepsis, zwischen einer ideologisch entkernten Sozialdemokratie und einem Liberalismus mit sozialem und umweltfreundlichem Antlitz. Es geht um das Erbe von Tony Blair und Maggie Thatcher, das Cameron vorgibt, in sich zu vereinen. Es geht um die Chance auf einen Regierungswechsel nach 13 Jahren. Und deshalb hat Cameron die besseren Aussichten. Doch frei ist der Weg nach Downing Street 10 noch nicht. Und regieren werden die Tories möglicherweise nur mithilfe der in Umfragen sensationell starken Liberaldemokraten können. Sollte es so weit kommen, dann könnten Nick Cleggs [Vorsitzende der Liberalen] Freisinnige einen hohen Preis verlangen: die Einführung des Verhältniswahlrechts."
(Artikel vom 07.04.2010)
Fotos: ©oedipusphinx/flickr; ©acidrabbi/flickr