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Táncház - ungarische Vielfalt auf dem Tanzparkett
Published on April 17, 2009
Kultur
Etwa 15 Tanzhäuser, sogenannte Táncház, ziehen Folkloreliebhaber in Budapest an. Jung und Alt praktizieren hier traditionelle Tänze aus Ungarn und von anderswo - eine ganz eigene Art eine multikulturelle Gesellschaft zu feiern.
„Die traditionellen Gemeinschaftstänze mit ihren relativ einfachen Grundschritten bieten die Möglichkeit etwas zu teilen und zur privilegierten Begegnung zwischen den Generationen“, sagt Orsolya Strack, Táncház-Lehrerin und Animateurin im soziokulturellen Zentrum Akku. Dem Ball vom Freitagabend geht heute eine dreistündige Sitzung voraus, welche behinderten Kindern und Erwachsenen gewidmet ist.
Ab 21 Uhr finden sich Tänzer aller Altersgruppen aus der ganzen Stadt ein. Viele kommen aber aus dem umliegenden Viertel. In einer enthemmten Atmosphäre kommt man zusammen, es darf aufgefordert werden...
Man trinkt Bier, welches an der Bar bestellt wird, und eine Vielzahl derer, die auf den Stühlen der Zuschauer Platz genommen haben, skandieren den Rhythmus mit einem enthusiastischen „Hop, Hop, Hop“. Man tanzt auf ungarische Musik aber auch auf die synkopischen Rhythmen der Südslawen, Griechen oder sogar Rumänen…
„Táncház“ haben im Allgemeinen eine nationale Dominante (griechisch, mazedonisch, slowakisch, serbisch) bezüglich des Tanzstils und der Musik, die dort praktiziert werden. Dennoch, weit davon entfernt, Integrationssymbol zu sein, sind sie vielmehr Orte des Austausches, an denen eine heitere Stimmung herrscht.
In das Zentrum Erzébetvárosi Kozossegi zum Beispiel kommt man in Familie oder mit Freunden, um der Gruppe Balkanethic zu lauschen, deren Sängerin Margarata Szabo mit ihrer ungarisch-griechischen Herkunft kokettiert und etwas jazzigere Cover der Musik der Südslawen spielt. Szabo sieht überhaupt keinen Aspekt der erzwungenen Gemeinschaft im Gefallen des Publikums an dieser traditionellen Musik. Im Gegenteil, für sie sind die Táncház ein Zeichen dessen, was man in Westeuropa Multikulturalismus nennen würde. Szabo nennt es Multinationalismus: ein positiver und lebendiger Wert für die Einwohner von Budapest.
Das Aufkommen der Táncház im heutigen Ungarn steht in direktem Zusammenhang mit einem Schlüsselereignis in der Geschichte des Landes. 1920 wird der Trianon-Vertrag unterzeichnet. Zwei Drittel der Fläche Ungarns werden an die Nachbarländer Serbien, Rumänien und Slowakei gegeben. Ungeachtet jedweder geopolitischen Überlegung hatte die Teilung zudem die Aufteilung Transsylvaniens (oder Erdély) zur Folge. Transsylvanien ist heute eine multinationales Gebiet, welches von einer Bevölkerung bewohnt wird, die ungarisch spricht und enge, vor allem familiäre, Bindungen zum heutigen Ungarn erhalten hat. Bereits vor dem Ersten Weltkrieg mieteten junge Leute in Transsylvanien das Haus eines der ihren, um dort die ganze Nacht zu trinken und zu tanzen und so wichtige Momente des Dorflebens zu feiern.
Auf den Spuren des ungarischen Komponisten Bela Bartok, begaben sich Gruppen junger Ungarn in den siebziger Jahren nach Transsylvanien, um nach ihren Wurzeln zu suchen. Dies war gleichzeitig ein Weg die kommunistisch-rumänische Regierung herauszufordern, welche die Beziehungen beider Länder erschwerte und munter die folkloristische Tradition zerstörte. Unter ihnen befanden sich Musiker und Ethnographen, die von der traditionellen ländlichen Musik und Kultur angezogen wurden. Selbige konnte aufgrund der Isolation der Dörfer bis heute überleben.
In den achtziger Jahren, als die Proteste gegen das Regime langsam aufkamen, bot die Táncház-Organisation am Wochenende ein Gemeinschaftserlebnis der anderen Art und wurde im ganzen Land bekannt.
Ein Großteil dieses Erfolgs geht auf den musikalischen Aspekt zurück: heute noch werden die ländlichen Themen Transsylvaniens und die „csango“ (moldawisch) auf Originalinstrumenten gespielt.
Translated from Táncház : la diversité hongroise sur un parquet de danse
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