Cafébabel is evolving!
Find here our 22 years of journalism and collaborations throughout Europe
Retrouvez ici nos 22 ans de journalisme et collaborations partout en Europe
Trovate qui i nostri 22 anni di giornalismo e di collaborazioni in tutta Europa
Meine Nachbarn, mein Barcelona
Published on January 1, 2013
Gesellschaft
Barcelona , die Hauptstadt der Autonomen Region Katalonien, ist die zweitgrößte Stadt Spaniens und mit 17,4 % Ausländern (nur die beim Einwohneramt offiziell gemeldeten) eine der multikulturellsten des Landes. Sie sind aus verschiedenen Gründen gekommen, meistens jedoch, um ein besseres Leben führen zu können. Gestern haben alle zusammen Silvester gefeiert. Im Folgenden möchte ich einige Menschen vorstellen, die mit mir im gleichen Haus wohnen und so versuchen, die kulturelle Vielfalt anhand ihrer Neujahrsbräuche sichtbar zu machen.
Andrew , 21 Jahre und aus Ägypten , besucht Barcelona das erste Mal mit
seinen Freunden. “Das ist das erste Mal, dass ich nicht mit meiner
Familie feiere. Dort ist es Brauch, die Nacht in der Kirche meiner
christlichen Gemeinde zu verbringen. ” Sein Vater ist Priester und darum
wird jedes Jahr auf diese Art gefeiert. “Dieses Jahr haben wir mit
meinen Freunden etwas getrunken und dann wollten wir auf eine Party in
der Sala Razzmatazz gehen, aber man hat uns auf der Straße gefälschte
Eintrittskarten verkauft - und so kamen wir nicht rein”, erzählt er
enttäuscht. Aber “schließlich fanden wir eine Bar mit toller Musik und
haben bis zum Morgengrauen gefeiert.”
Foto: © Nina Behek
Sydney ist 35 Jahre alt und kommt aus Brasilien . Er kam zusammen mit seinem brasilianischen Freund Izmael , 44, nach Barcelona, um ein besseres Leben zu führen. “Gestern haben wir bis um 15 Uhr gearbeitet und danach haben wir mit Familie und Freunden zu Mittag gegessen. Das Essen bei uns ist anders. Gestern gab es ein “tropisches” Essen, typisch brasilianisch, wie zum Beispiel churrasco (Grillfleisch), Reis und feijoada (Bohneneintopf )”, sagt Sydney. Da Izmaels Familie nicht da war, hat er Silvester mit seinen Freunden gefeiert. „Mir fehlt der Samba, den man an Silvester tanzt,“ erklärt Izmael. Wie in Brasilien haben sie zu Silvester kräftig geböllert.
Foto: © Nina Behek
Elio ist
Italiener, 32 Jahre alt und wohnt seit 6 Jahren in Barcelona. Er kam
hierher, weil es in Süditalien kaum Arbeit gibt und der Lebensstil und
die Kultur sich ähneln. ''Silvester feiert man in Italien mit der
Familie und einem gemeinsamen Linseneintopf, der Glück und Reichtum
bringen soll, und einer Schweinswurst, die cotechino heißt. Da meine Familie
nicht hier ist, habe ich Silvester mit Freunden in einem Restaurant
gefeiert und hinterher sind wir ausgegangen. Genauso wie in Italien.“
Foto: © Nina Behek
Carol ist 65 und Amerikanerin (ich persönlich ziehe die Bezeichnung “US-Amerikanerin vor, denn “Amerikaner” kann jede Person sein, die auf dem amerikanischen Kontinent lebt). Sie lebt seit 47 Jahren in Barcelona, zusammen mit ihrem Ehemann Arthur , der 64 Jahre alt und auch US-Amerikaner ist. Sie erklären, dass sie ein ganz ruhiges Silvester verbracht hätten, da sie die zahlreichen Weihnachtsfeiertage mit Carols Töchtern verbracht hätten. “In den USA tragen die Leute an Silvester lustige Hütchen und schauen sich an, wie die Konfettibombe am Times Square heruntergelassen wird. Man bläst Party-Tröten und singt ein Lied, dessen Text auf einem Gedicht von Robert Burns basiert. Nachdem wir nicht dort waren, haben wir uns alles im Fernsehen angeschaut, wegen des Zeitunterschieds allerdings um 6 Uhr morgens“, sagt Arthur. “Jedes Silvester schreibe ich 12 Dinge, die für das alte Jahr stehen, auf einen Zettel und 12 Wünsche für das neue Jahr. Ich wünsche mir, meine Mutter und die Eltern von Arthur zu besuchen, weil wir nicht wissen, wie lange sie noch unter uns sein werden”, sagt Carol und zeigt mir ihren vollgeschriebenen Wunschzettel.
Foto: © Nina Behek
Raquel , 29 Jahre alt, Portugiesin, erklärt, dass man bei ihr zu Hause
das neue Jahr immer mit einem Bein in der Luft erwartet, um dann beim
Glockenschlag um Mitternacht auf das rechte Bein zu springen. “Das
bringt Glück”, fügt sie hinzu. “Jetzt leben ich mit meinem katalanischen
Freund in Barcelona, und zu Silvester sind wir auf eine Riesenparty
gegangen. Ich weiß gar nicht mehr so genau, wie ich die Nacht
überstanden habe. Ich bin am Stand aufgewacht und mir fehlte ein Schuh”,
sagt Raquel lächelnd.
Matjaž ist 26 und Slowene. Er ist für eine
Woche bei seiner Schwester zu Besuch. Er sagt, dass man hier gar kein
Feriengefühl hat, weil das Leben so viel gemächlicher läuft, nicht wie
in Slowenien , wo alle noch im letzten Moment wie verrückt von einem
Geschäft ins nächste rennen, um die letzten Einkäufe zu machen. “Wenn
ich Silvester mit meinen Eltern feiere, stoßen wir um Mitternacht mit
Sekt an und morgens bringt mir Dedek Mraz (Väterchen Frost) die
Geschenke. In meiner Familie feiern wir kein Weihnachten und es gibt
keinen Weihnachtsmann.” Dieses Jahr feiert er Silvester das erste Mal im
Ausland. “Es war eine unvergessliche Nacht”, erklärt Matjaž. “Wir sind
die ganze Nacht von einer Party zur nächsten gezogen und dann in einem
besetzten Haus gelandet. Ich habe getanzt, bis meine Beine nicht mehr
mitmachten”, sagt er bei einer Zigarette.
Foto: © Nina Behek
Albert Pascual ,
36 Jahre und aus Barcelona, war ein bisschen traurig, weil er nicht bei
seiner Familie sein konnte, die auf andere Städte Spaniens verstreut
ist. “Ich habe jetzt ein Kleinkind von einem Jahr. Wir bereiten zu Hause
ein leichteres Essen zu, denn später kommen ja noch die turrones (Süßware
aus Mandeln, Honig und Zucker), die polvorones (Weihnachtsgebäck), der
Wein und Sekt. Zu
Silvester gibt es einen ganz bestimmten Brauch : “Mit jedem
Mitternachtsglockenschlag isst man eine Traube, also insgesamt 12. Wenn
du das schaffst, bringt es Glück und ein gesundes Leben“, erklärt
Pascual.
Die Familie aus China,
deren Mitglieder man nicht zählen kann, öffnet nie die Tür, wenn es
klingelt. Deswegen kann man nur vermuten, wie sie Silvester verbringen.
Na ja, es ist ja immerhin auch die letzte Nacht unseres Kalenderjahres, nicht des ihren. Was
hinter den Türen passiert, bleibt eurer Fantasie überlassen. Frohes Neues Jahr!
Foto: © Nina Behek
Translated from De “Entresuelo” a “4º 2ª”: ¿quién hay detrás de esa puerta?
Loved this story? Then tell your friends:
Twitter
Facebook