Polenta: Rühren, was das Zeug hält
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Daniel Askerøi-WaldmannGesalzenes Wasser und Getreidegrieß? Und das soll schon alles sein? Nein, ganz so einfach ist es nun auch wieder nicht!
Berufsphlegmatiker und Freunde des Fastfoods können die Lektüre hier getrost beenden und schon einmal die Nummer des Pizza-Service heraussuchen, denn die Zubereitung der Polenta erfordert Muskelkraft und Ausdauer. Und solltet ihr noch einen Kupferkessel im Küchenschrank haben, dann raus damit!
Gegen die winterliche Kälte schützt man sich so gut man kann. Eines der besten Mittel gegen Zähneklappern ist indes ein voller Magen und wird dann auch noch ein schön warmes Gericht serviert, setzt sich jeder gerne an den Tisch. Deshalb wird in Norditalien im Winter häufig Polenta serviert, ein traditionelles Gericht aus Wasser und Getreidegrieß, das schon die alten Römer kannten. Die Polenta muss ungefähr eine Stunde, vorzugsweise in einem Kupferkessel, gekocht werden.
Seit der Entdeckung Amerikas wird die Polenta fast ausschließlich mit Mais zubereitet, was ihr den inzwischen charakteristischen Gelbton verleiht. Die Polenta aus Emmer (Zweikorn) des antiken Roms sowie die griechische Variante aus Gerste sind fast vollständig aus der norditalienischen Küche verschwunden, wohingegen Varianten mit Buchweizen beziehungsweise Weizen weiterhin aufgetischt werden.Polenta macht zwar satt, deckt aber den Nährstoffbedarf des Körpers bei weitem nicht. So litten viele Norditaliener bis in die Nachkriegszeit unter starken Mangelerscheinungen, wie an dem durch Vitaminmangel hervorgerufenen Pellagra, da sie sich fast ausschließlich von diesem Arme-Leute-Essen ernährten, zu dem, wenn die Speisekammer noch etwas Anderes hergab, alles Mögliche serviert wurde. Es ist also nicht nur gut, sondern auch notwendig, dieses Gericht mit anderen Nahrungsmitteln zu kombinieren.
Damit das Grundrezept gelingt - sorgfältig gesiebten Getreidegrieß nach und nach in bereits kochendes Wasser geben, Salz nicht vergessen - darf man nicht untätig neben dem Herd stehen: Das ständige Umrühren macht den Unterschied aus - und immer schön in eine Richtung rühren, ein altes Familiengeheimnis! Deswegen stehen auch heute trotz des Einzugs der elektrischen Küchenmaschinen in die Küchen noch die Hausfrauen am Herd und rühren ohne Unterlass für mindestens eine Stunde die Polenta, bis sie schön fest ist und sich von selbst vom Kessel löst.
Früher war dies noch ein Ritual, heute ist die Stunde vor dem Herd eine willkommene Gelegenheit für Familien, um zusammenzukommen und ein Schwätzchen zu halten. Die Polenta wird auf einem Holzbrett serviert, schön rund und warm. Jede Region hat ihre eigene Art der Zubereitung, so wird sie in manchen Gegenden mit Speck und Käse serviert, in anderen mit Pilzen verfeinert beziehungsweise mit zerlassener Butter und Sahne abgeschmeckt. Früher wurde die angebackene Kruste am nächsten Morgen in die Milch getunkt, heute verzehrt man sie als Snack. Die Polenta wärmt den Magen und passt zu den verschiedensten Beilagen: von Wildgeflügel über Wild zu Schmorbraten sowie Käse. Außerdem wird die Polenta auch immer wieder über die Feiertage zubereitet, allen voran zu Weihnachten, aber auch zu Silvester, wo sie mit Linsen serviert wird, die Glück bringen und Reichtum symbolisieren.
Auch wenn die ehrwürdige Tradition durch vorgegarten Polentagrieß in Fertigtütchen, die den gleichen Genuss in viel kürzerer Zeit versprechen, oder durch Chefs de Cuisine, die mit flüssiger Polenta aufwarten, gefährdet wird, so bleibt doch die erste Polenta des Jahres immer noch das untrügliche Zeichen, dass der Winter vor der Tür steht. Ein Brauch, der trotz Klimaveränderungen fortbesteht.
Fotos: ©evilhayama/Flickr; ©jspace3/Flickr; paige_eliz/Flickr
Translated from A fà la polenta ghe voeur l'oli de gombed