Estland und e-Health: Die Gesundheit kommt über Lichtleiterkabel
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Jeannette Carolin CorellTallinn ist die europäische Hauptstadt des Gesundheitswesens online: Krankenhäuser und Apotheken sind über das Web vernetzt. Bis 2009 werden auch sämtliche Patientendaten online sein.
„E-Health ist eine der Infrastrukturen, die derzeit von der estnischen Hightech-Branche eingeführt werden“, erklärt der Geschäftsführer der estnischen e-Health Stifting, Madis Tiik. Wir trafen ihn in Tallinn, in der Betriebsniederlassung, wo die Projekte für die Elektronisierung des Gesundheitswesens umgesetzt werden. In diesem niedrigen, grauen Gebäude würde man eher vermuten, mit einem bejahrten, bebrillten Doktor über einen verschlissenen Meniskus zu fachsimpeln, hingegen steht mir ein junger, langhaariger Experte gegenüber, der erklärt, was X-Road bedeutet.
Die Krankenhäuser sind inzwischen alle über X-Road vernetzt.
„Das Projekt begann Ende der Neunziger, um eine sichere Umgebung für die Vernetzung und Datenübertragung zwischen Informationssystemen zu schaffen.“ Heute kommunizieren bereits über 150 Organisationen und tauschen digitale Dokumente über die Datenbank X-Road aus. „Wir haben Register mit freischaffenden Ärzten und staatlichen Gesundheitsämtern. Die Krankenhäuser sind inzwischen alle über X-Road vernetzt. Außerdem haben wir das e-Health Information System entwickelt, das als Datenbank dient.“
Zahlen per SMS? In Tallinn ist das möglich
Wie die Financial Times berichtete, fragte man sich in den USA bereits vor der Wahl von Barack Obama, warum die Informationstechnologie alle öffentlichen und privaten Bereiche des Landes revolutioniert, nur nicht den des Gesundheitswesens. Im kleinen Estland (45.226 Quadratkilometer Fläche und 1.342.409 Einwohner) hingegen macht die Technologie Siebenmeilenschritte. Der baltische Staat war weltweit der erste, der im Jahr 2002 m-payments, also Zahlungen per Handy, einführte. So kann man hier im Taxi, im Restaurant, im Hotel aber auch in Geschäften mit einer SMS seine Rechnungen begleichen. Alle e-Services werden kontinuierlich weiterentwickelt und zunehmend genutzt. Wenn man durch Tallinn geht, findet man kaum einen Ort, an dem keine kostenlose WLAN-Verbindung zur Verfügung steht. Derzeit gibt es über 1100 Internet-Points und die Zahl wächst ständig weiter.
„Der Zugriff auf die elektronischen Dienste erfolgt mit dem, ebenfalls elektronischen, Personalausweis, der in den entsprechenden Slot des Computers eingeführt wird. Dies reduziert die Gefahr von Hacker-Angriffen“, erklärt Madis stolz, als er die enorme Entwicklung der estnischen Informationstechnologie erläutert. „Wenn ein Patient seine persönlichen Daten einsehen will, kann er über das eigens hierfür eingerichtete Portal darauf zugreifen“, ergänzt Ele Tammemäe, Ärztin im East Tallinn Central Hospital, dem größten Krankenhaus des Landes. Es gibt ein Web-Portal für Bürger, in dem alle verfügbaren Dienste aufgelistet sind. In einem Monat ist das Portal voll funktionsfähig und ab dem 1. Januar 2009 wird die Nutzung von Internet im Gesundheitswesen in ganz Estland obligatorisch sein.
Nicht wie in der Sowjetunion
Frau Dr. Tammemäe fährt fort: „Hinter uns liegt die Geschichte der Sowjetunion. Hier war es üblich, dass der Patient überhaupt nichts wusste. Jetzt hingegen kann er auf alle Daten zugreifen.“ Und damit wird ein neues Individuum geboren: Der „e-Patient“ mit seiner elektronischen Identität und allen Daten, die ihm online zur Verfügung stehen. „Der e-Patient kann alle Informationen abrufen, die seine Gesundheit betreffen: alle Diagnosen, Röntgenbilder, Laborergebnisse und Entscheidungen des Arztes. Auch die verschriebenen Medikamente.“ Der Arzt kann die komplette Patientenakte einsehen, auch wenn er die betreffende Person noch nie untersucht hat. So muss er sich nicht erst an den früheren Arzt wenden, um die benötigten Informationen einzuholen. Auch die Art und Weise, Medikamente zu verschreiben, hat sich geändert. Es besteht eine Direktverbindung mit dem Apotheker. „Die Idee war folgende: Wenn ich ein Medikament verschreibe, gebe ich es ins System ein und der Patient muss nur noch mit seinem Personalausweis in eine beliebige Apotheke gehen. Der Apotheker hingegen muss lediglich über das Internet die verschriebenen Medikamente abrufen.“ Es wird keine gedruckten Rezepte mehr geben und die Papiereinsparung bringt einen enormen wirtschaftlichen Nutzen.“
„Alles, was wir für das elektronische Gesundheitswesen tun, ist im Vergleich zu anderen europäischen Ländern ausgesprochen „Low Cost“, sagt Madis. Die Infrastrukturen sind in Estland schon vorhanden und dies ermöglicht Einsparungen, indem bereits bestehende Dienste weiterverwendet werden können. „Die Entwicklung der Integrationsplattform für alle Anbieter von Gesundheitsdiensten, des Patientenportals und aller Zusatzdienste kostet drei Millionen Euro.“ Damit bietet uns „e-stland“ ein hervorragendes Beispiel als Staat, in dem die Informationstechnologie das Gesundheitswesen revolutioniert, besser als in den USA.
Vielen Dank an das gesamte cafebabel-Lokalteam in Tallinn, insbesondere an Giovanni Angioni.
Translated from Estonia e l’e-health: la salute passa anche su fibra ottica