Alexis Tsipras - eine unmögliche Wahl?
Published on
Translation by:
Nadine Gebauer-HaspelWährend in der Eurozone der Aufschwung zu spüren ist, steckt Griechenland immer noch in der Wirtschaftskrise deren Ende nicht absehbar ist. Eine der Hauptursachen mag die Unnachgiebigkeit der linken Regierung von Ministerpräsident Tsipras sein, sich der wirtschaftlichen Liberalisierung des Landes zu Lasten eines potentiellen wirtschaftlichen Aufschwungs zu verweigern.
Die Griechen werden vom Ministerpräsidenten verteidigt, koste es, was es wolle. Selbst wenn dieses Vorgehen gegen die bereits seit langem von seinen Vorgängern unterzeichneten europäischen Verträge spricht. Dies entspricht der Philosophie des Kandidaten Tsipras während der Wahlkampagne im Januar 2015. So bleibt er auch seiner Linie drei Monate nach seiner Wahl zum griechischen Ministerpräsidenten treu. Der Parteivorsitzende der radikalen Linkspartei Syriza erhoffte sich bei seiner Machtergreifung den von Brüssel auferlegten Sparzwang zu kritisieren und bekämpfen zu können. Alexis Tsipras beabsichtigte, sich gegen die Politik seines Vorgängers ,Antonis Samaras, zu wenden. Diesem wurde vorgeworfen, von der "Troika"des IWF, der Europäischen Zentralbank und der Europäischen Kommission, abhängig gewesen zu sein. Auch wenn er in gewisser Hinsicht mit seinem Vorgehen erfolgreich war, so wird er doch seine politische Linie ändern müssen, wenn er den wirtschaftlichen Aufschwung Griechenlands nicht weiter gefährden will.
Griechenland durchlebt eine humanitäre Krise
Was auch immer die Gründe für die jetzige Krise sind - eine Staatsverschuldung die 170% über dem BIP liegt, dies entspricht 320 Milliarden Euros - und wer dafür zur Verantwortung zu ziehen ist - Griechenland und die Kommission geben sich gegenseitig die Schuld - die Griechen sind diejenigen, die die Auswirkungen zu spüren bekommen. Das ist der Grund weshalb das Wahlprogramm des aktuellen Ministerpräsidenten sich zwischen zwei Polen bewegte: einerseits den wirtschaftliche Aufschwung zu unterstützen, andererseits die humanitäre Krise der zugunsten der mittelloseren Klassen zu bewältigen.
Seinem Ruf als linker Gegner des Sparzwangs treu bleibend beabsichtigt Alexis Tsipras größeren politischen Vorhaben im wirtschaftlichen und sozialen Bereich Griechenlands voranzutreiben, wie die Anhebung der Mindestlöhne und die Rentenreform. Nach hundert Tagen an der Spitze der Regierung und ohne Erfolg hinsichtlich dieser Vorhaben lassen sich Ermüdungserscheinungen feststellen. Schlimmer noch: die Syriza-Partei ist immer noch nicht mit ihren Gläubigern übereingekommen, insbesondere nicht mit der EU.
Auch wenn es normal ist, dass der Premierminister beabsichtigt, sein Wahlprogramm in die Tat umzusetzen, so ist es jedoch ebenfalls nachvollziehbar, dass die Kommission in ihrer Rolle als Gläubiger ein Wörtchen bei der Politik Griechenlands mitzureden hat. Die EU hat zwar Verständnis für Tsipras hinsichtlich seiner Situation und die seines Landes: aber auch wenn die Situation zwischen den Protagonisten angespannt bleibt, zögert Brüssel jedoch nicht, Athen eine Fristverlängerung zur Umsetzung der angestrebten Reformen zuzusichern. Im Gegenzug dazu würde das Hilfspaket von 7,2 Milliarden Euros gewährt. Doch auch die Geduld der Gläubiger hat Grenzen: „die wahre Deadline ist jetzt auf Ende Juni terminiert, bei Ablauf des zweiten Hilfspakets“, lautet das Zitat einer EU-Quelle. Unterschwellig bedeutet dies, dass die Griechen keine 7,2 Milliarden Hilfe bekommen werden, falls Alexis Tsipras nicht einen Schritt in Richtung von der Kommission gewünschten Reformen geht.
50 % der Arbeitslosen sind unter 25 Jahre alt
Auch wenn diese im Wesentlichen auf die Wirtschaft zielen, profitieren letztendlich auch die Bürger davon. Die Regierung müsste die Grenzöffnung für ausländisches Kapital zu akzeptieren, denn die nationalen Investitionen weisen einen besorgniserregenden Rückstand auf. Jedoch beabsichtigt Alexis Tsipras nicht, von seiner politisch- wirtschaftlichen Linie abzuweichen und erachtet den Privatsektor als schädlich für die Zinsen der Griechen. Das Gegenteil ist aber der Fall. Indem der griechische Staat ausländische Kapitalzuschüsse akzeptiert, schlägt er drei Fliegen mit einer Klappe: : Wirtschaft und Wachstum würden wieder Fahrt auf nehmen, die Staatsfinanzen würden sich verbessern und die Regierung könnte letztendlich die schwächsten Bevölkerungsschichten dank der Reformen unterstützen.
Antonis Samaras, der eine Welle der wirtschaftlichen Liberalisierung 2014 anstieß, hatte dies vollkommen verstanden. Der Hafen von Piräus, nicht weit von Athen entfernt, wurde übrigens bereits teilweise zu einem Grad von 67% privatisiert, - bevor die regierende Syriza Partei das Projekt zum Scheitern brachte. Allerdings rudert diese mittlerweile wieder zurück.
Die griechischen Behörden haben demnach den Privatisierungsprozess der Hafeninfrastrukturen wieder aufgenommen. Auch wenn die zu privatisierenden Anteile niedriger sind und nur noch bei 51% liegen, so sei dies laut Kommission eine begrüßenswerte Entscheidung ,“die in die richtige Richtung führt“.
Bekennt sich Alexis Tsipras jetzt zur liberalen Schule? Wohl kaum. Der internationale Druck dagegen wächst. Die auf Schiffsbau spezialisierte Firmengruppe ABU DHABI MAR aus den Emiraten hat reges Interesse an der Übernahme der Anlagen von Skaramangas geäußert, bislang jedoch ohne Erfolg.
Ein internationales Konsortium hat ein Kaufangebot für den stillgelegten Flughafen Hellenikon vorgelegt mit dem Ziel, darauf eine riesige touristische Anlage zu errichten. Dies sei „ein kriminelles Vorgehen“, heißt es aus Athen. Ergebnis: die Weiterentwicklung der Direktinvestitionen aus dem Ausland segelt nach einem Anstieg zwischen 2010 und 2014 nur noch auf Halbmast. Und die wirtschaftliche Situation verschlechtert sich weiterhin.
Während der Aufschwung in der Eurozone spürbar ist, steckt Griechenland immer noch tief in der Krise: die Arbeitslosenzahlen betragen 28%, darunter sind 50 % der Arbeitslosen unter 25 Jahren alt. Dies ist die höchste Arbeitslosenrate in der EU. Nichtsdestotrotz hat die regierende Linkspartei alle Karten in der Hand: Anthony Zolotas, dem Geschäftsführer der Finanzdienstleistungsgruppe 'Eurofin’, zufolge, « sind die Werftanlagen und der Tourismussektor die zwei Haupteinnahmequellen des Landes“, und somit auch die beiden größten Arbeitgeber.
Alexis Tsipras sieht sich mit einer schwer lösbaren Situation konfrontiert, die zumindest einen gewissen politischen Mut erfordert: entweder verfolgt er weiterhin seine die Umsetzung seiner Wahlverspechen indem er weiterhin dem Protektionsimus huldigt und der sich bislang als schädlich für seine Landsleute erwiesen hat, oder aber er weicht von seiner Route ab und ermöglicht den gebeutelten Griechen eine Verschnaufpause. Ein gordischer Knoten, den es zu durchtrennen gilt – hoffentlich mit dem richtigen Augenmaß.
Translated from Alexis Tsipras, l'impossible choix