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Wahlenthaltung in Algerien

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Default profile picture akli hadid

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Bei den algerischen Parlamentswahlen am 17. Mai traten 24 politische Parteien und zahlreiche unabhängige Kandidaten an.

„Die Algerier werden abstimmen“ nannte der algerische Zeichner Ali Dilem seinen kürzlich erschienenen Cartoon: Ein Mann mit Wahlzettel in der Hand fragt darin einen anderen nach einem „Mülleimer, bitte“.

Über den Parlamentswahlen am 17. Mai schwebte die Bedrohung der massiven Wahlenthaltung. Derzeit regiert im algerischen Parlament eine Koalition der FLN (bis 1989 einzige Partei), dem konservativen RND (gegründet 1997) und der gemäßigt islamistischen MSP.

Der bittere Nachgeschmack vergangener Wahlen

Seit dem Übergang zum Mehrparteiensystem 1989 haben Wahlen immer dem Ruf Algeriens als einer stabilen Demokratie geschadet. Als bei den ersten Wahlen 1991 ein Sieg der Islamischen Heilsfront drohte, wurden sie durch einen Militärputsch abgebrochen. Dies führte zum algerischen Bürgerkrieg (1992–2002) zwischen der früheren Regierung und militanten Anhängern der Islamischen Heilsfront. 150 000 Menschen kam in diesem Krieg ums Leben.

Nach Angaben in- und ausländischer Beobachter waren die nächsten Parlamentswahlen 1997 durch massive Wahlfälschungen gekennzeichnet. 2002 fanden dann Wahlen in einem Klima des Boykotts statt. Die Wahlbeteiligung lag unter 50 Prozent. In Städten wie Tizi Ouzou oder Bejaia betrug sie weniger als drei Prozent. Wegen mangelnder Gesprächsbereitschaft glauben viele Algerier nicht an die Macht der Nationalversammlung, etwas zu verändern.

Zurück zu nationaler Souveränität

Gewählt werden die 389 Abgeordneten der Nationalversammlung, der unteren Kammer des Parlaments. Um zu gewährleisten, dass diese Wahlen nicht überschattet werden, haben alle 12 229 Kandidaten klare Wahlaussagen getroffen. Die Arbeiterpartei will die nationale Souveränität zurückerlangen, indem die Privatisierungen und ausländischen Investitionen beendet werden sollen. Der RND hingegen fordert in seinem 140 Punkte umfassenden Wahlprogramm unter anderem die Verbesserung der Sozialfürsorge, die Verringerung der Armut und die Diversifikation der algerischen Wirtschaft.

Algerien hat mittlerweile gezeigt, dass es durch eine akzeptable Wahlbeteiligung sein Image verändern möchte. Sie unterstreicht, dass die Parlamentsmitglieder vom Volk legitimiert sind. In diesem Jahr hat auch die Regierung öffentlich „saubere“ Wahlen ohne Manipulationen zugesagt.

Hier kommt Europa ins Spiel

Deutschlands Außenminister Frank-Walter Steinmeier hat bereits seiner Hoffnung auf „freie und faire Wahlen“ Ausdruck verliehen. Für ein Interesse Europas an der zur Hälfte französischsprachigen Präsidialrepublik gibt es viele Gründe. Von der Stadt Oran im Nordwesten Algeriens bis zum spanischen Alicante muss man nur 200 Kilometer die Mittelmeerküste entlang fahren. Hier liegt die Verbindung zwischen der Geographie und den Themen Einwanderung und Sicherheit.

Europa hat viel Geld in die Partnerschaft mit Algerien gesteckt: Zwischen 2007 und 2010 hat das nordafrikanische Land im Zuge eines Kooperationsprogramms 220 Millionen Euro erhalten. Algerien ist außerdem ein wichtiger Öl- und Gasproduzent. Fast 90 Prozent der algerischen Rohölexporte gehen nach Westeuropa. Hauptabnehmer ist Italien, gefolgt von Deutschland und Frankreich.

Trotz konservativer und gemäßigt islamistischer Tendenzen hat Algerien Signale der Toleranz gesendet. Hier wurden Fatwas gegen illegale Einwanderung und Selbstmordattentate ausgesprochen. Die EU fürchtet, dass zahlreiche Immigranten und potentielle Terroristen aus Algerien nach Europa fliehen.

Bislang gibt es keine Favoriten bei diesen Wahlen. Wie vom neuen konservativen französischen Präsident Nicolas Sarkozy angekündigt, könnte es jedoch langfristiges Ziel der Europäischen Union sein, die Mittelmeeranrainer wie Algerien und elf weitere Länder dazu einzuladen, im Rahmen der euromediterranen Partnerschaft ein Bindeglied zwischen Europa und Afrika zu bilden.

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Translated from Abstaining Algerians