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Vom Bier bis zur U-Bahn - der Wandel der andalusischen Hauptstadt

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Politik

Eine Entdeckungsreise auf den Spuren der neuen Infrastrukturen der Stadt mit besonderem Augenmerk auf Sevillas Jungunternehmer.

Sevilla entwickelt sich schnell. Das Jahr 2006 brachte einen enormen Konjunkturaufschwung und der Wachstumstrend setzt sich fort - mit Zuschüssen für neue Unternehmen, florierendem Tourismus, neuen Infrastrukturen, Arbeitsplätzen und Bier in Strömen – dank der größten und modernsten cerveza-Fabrik des Landes.

Rekordproduktion - von Cruzcampo bis Heineken

Vor meinen Augen erheben sich die avantgardistischen, bunten Quader des neuen Werks von Heineken España. In der großen Hopfenverarbeitungshalle werde ich sogleich von dem intensiven Mostgeruch eingehüllt. Der Projektleiter Fernando Navarro Carrión erläutert mit ausgeprägtem andalusischem Akzent die verschiedenen Phasen der Bierproduktion. Das Unternehmen Cruzcampo, das seit über 100 Jahren Bier braut, gehört heute zu Heineken España und trägt dessen Markenzeichen.

"Innerhalb des letzten Jahrhunderts hat sich die Produktionsmenge verhundertfacht", erzählt Navarro. Und warum gerade hier? Weil man zur Herstellung nicht nur Malz, Hopfen und Hefe braucht, sondern auch gutes Wasser, und das ist in Andalusien besonders rein und hochwertig.

Für den Umzug der Fabrik aus seinem historischen Gebäude hatte Heineken mit diversen Polemiken zu kämpfen. Dennoch waren diese eher harmlos im Vergleich zu den Protesten, die laut wurden, als Heineken aus ähnlichen Gründen die antike Brauerei in Pedavena (Italien) schließen wollte. In Italien hatten die lautstarken Proteste, nicht zuletzt auch dank des Einsatzes des kritischen Kabarettisten Beppe Grillo die alte Fabrik gerettet. Und nach mehr als einem Jahr der Mobilmachung konnten die Arbeiter die Produktion ihrer historischen Biermarke wieder aufnehmen. In der Zwischenzeit bewiesen alle Beteiligten große Solidarität (es wurde abwechselnd gearbeitet, um niemanden in die Arbeitslosigkeit zu verbannen) und trugen so direkt zum Neustart des Markenzeichens bei.

Die alte Fabrik von Cruzcampo in dem zentral gelegenen Viertel Nervión hingegen soll in ein Museum verwandelt werden. Diese Initiative muss der Stadtrat jedoch erst absegnen. Das Bier wird jetzt in einem neuen Werk mit beeindruckender Produktionskapazität hergestellt. Aus technischer Sicht könnten hier 5,2 Millionen Hektoliter pro Jahr vom Band laufen - vollautomatisch.

Um den Mechanismus auszuprobieren, stelle ich mich vor eine laufende Maschine, die Bierkanister transportiert und aussieht wie ein Panzer: Die Maschine stoppt unverzüglich. In den Produktions- und Abfüllhallen gibt es nur wenige Arbeiter, die hauptsächlich die verschiedenen Verarbeitungsphasen überwachen. Alle Maschinen werden über einen zentralen Großrechner gesteuert, den die Ingenieure des Konzerns überwachen. Navarro kommentiert: "Im Jahr 2005 wurde mit dem Bau der Fabrik begonnen, aber die Produktion läuft schon. Im Juli 2008 wird der volle Betrieb aufgenommen, ein echtes Rekordprojekt."

Üppiges Wirtschaftswachstum

Nun lasse ich das Viertel Macarena hinter mir, folge dem Ufer des Flusses Guadalquivir gegenüber der Insel Cartuja und erreiche schließlich das hochmoderne Gebäude von Crea Sevilla. Dieses auf Initiative der Stadtverwaltung eingerichtete Zentrum soll die Gründung und Etablierung neuer Unternehmen unterstützen, erklärt mir Miguel Macías in seinem hellen Büro mit Blick auf den Fluss. "Allem voran bieten wir den Jungunternehmern eine Niederlassung. Und außerdem helfen wir ihnen, alle bürokratischen Angelegenheiten zu erledigen sowie Strategien zu entwickeln".

Welche Voraussetzungen muss ein junges Unternehmen mitbringen, um unterstützt zu werden? "Es muss ein interessantes, innovatives Produkt anbieten und sollte vorzugsweise neue Kommunikationstechnologien einsetzen". Die von Crea Sevilla gewährte Unterstützung gliedert sich in zwei Phasen. "Die erste dauert sechs Monate: Die zukünftigen Unternehmer werden von Tutoren angeleitet und es werden ihnen Computer mit Internetanschluss zur Verfügung gestellt. Nach Ablauf dieser Startphase kann das Jungunternehmen für höchstens drei Jahre bei uns einziehen". Der Direktor zeigt sich optimistisch: "Sevillas Wirtschaft boomt. Die Infrastrukturen, die derzeit in der Stadt entstehen und ausgebaut werden, wie die U-Bahn, der Flughafen und andere Städtebauprojekte, sind eine große Chance für die Entwicklung".

Eine U-Bahn braucht die Stadt

Und nicht nur das. "Seit den Sechzigerjahren ist der Tourismus, insbesondere der Kulturtourismus, eine der bedeutendsten Einnahmequellen", erklärt Mauro Ruiz Méndez, Professor für Wirtschaftstheorie und Wirtschaftspolitik an der Universität von Sevilla. "Die großen Folklore-Events wie die Semana Santa (in der Osterwoche) und die Feria locken zahlreiche Touristen an, die bei uns auf ein hochwertiges Hotelangebot zählen können. Aber auch der Kongresstourismus spielt eine wichtige Rolle: Ein Beispiel hierfür ist der gut besuchte Palacio de Congresos, der noch weiter ausgebaut werden soll. Darüber hinaus wurden zahlreiche Golfplätze eröffnet, die insbesondere Touristen aus Nordeuropa anlocken".

Und die neuen Infrastrukturen? "Auf dem Flughafen, der 1992 anlässlich der Weltausstellung erbaut worden war, landen schon zahlreiche Billigflieger. Nun wird der Airport ausgebaut, damit er in Zukunft auch von großen Maschinen angeflogen werden kann. Und die noch im Bau befindliche U-Bahn? "Das Projekt gibt es bereits seit den Siebzigern, es fehlten jedoch die erforderlichen Investitionen", fährt Méndez fort.

"Nach dem Ende der Franco-Diktatur, als das Vorhaben bereits zur Hälfte realisiert war, hat die sozialistische Arbeiterpartei die Bauarbeiten eingestellt. Bislang ist eine einzige Linie vorgesehen. In einer Stadt mit über einer Million Einwohnern und engen Gassen im historischen Stadtzentrum ist ein U-Bahn-Netz jedoch unentbehrlich. Der starke Verkehr auf den Straßen ist heute nicht mehr zu verantworten".

Mit besonderem Dank an Eduardo S. Garcés und Ana Soriano Escudero für ihren wertvollen Beitrag.

Translated from Dalla birra alla metropolitana, come cambia la capitale andalusa