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Sevilla: Kuba, Kommunisten und Antikapitalisten stehen zur Wahl!

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KulturPolitik

Die Lichter sind auf das Zentrum im Süden Spaniens gerichtet, das von einer sozial-kommunistischen Regierung geführt wird. Eine Regierung, die sich Kuba näher als Europa fühlt. Im Land der „Mileuristas“ - der so genannten „1000-Euro-Verdiener“ - wird das starke Gefälle durch ein wachsendes alternatives Gefühl vor den Europawahlen im Juni 2009 zusammengehalten.

Am 16. Mai feiert die “Solidaritäts-Bewegung Kuba” in Sevilla den 50. Jahrestag der kubanischen Revolution. Eine ähnliche Aktion gab es am 7. Mai in Großbritannien. Es wurden kubanische Postkarten an den Außenminister David Miliband geschickt. Für die Gegend um Sevilla existiert jedoch nur ihr Feiertag - der 16. Mai. Sozialisten und Kommunisten sind Teil der Regierung. Einige Städte haben sogar kommunistische Bürgermeister. Die Hauptstadt Spaniens hat dagegen eine konservative Regierung. Die vereinigte Linke (Izquierda Unida, IU) wurde von der kommunistischen Partei Spaniens gegründet. Sie trägt den gleichen Namen wir die europäische, stark links gerichtete Gruppe, die seit 1995 im EU-Parlament sitzt. Spaniens IU ist die dritte politische Kraft nach der spanischen Volkspartei Partido Popular (PP) und den Sozialisten (PSOE) mit 130 Mitgliedern in Sevilla und 78 in Malaga. „Es war schon sehr volkstümlich als die Kommunisten 2007 an die Macht kamen“, sagt der 31-jährige Miguel Lopez Adan von der Sevilla-Stiftung.

Kuba in Sevilla verteidigen

Die kommunistische Mehrheit, das sind die Sport-, Kultur- und Bildungsabteilungen. Sie sind in den Händen der sevillanischen IU. So tritt beispielsweise jeden Dezember „La Colmenita“, eine kubanische Kindertheatergruppe in Sevilla auf. Am ersten April startete das Pilotprogamm „Ja, ich kann“ („Yo Si Puedo“’) der Sevilla-Stiftung und der Jugendorganisation der kommunistischen Partei Andalusiens. Das Programm stellte kubanische Lehrmethoden für die 35.000 Analphabeten der Provinz vor. „Es war noch vor Obama da“, lacht Lopez Adan, ein ehemaliger Ingenieurstudent der Universität von Sevilla. „Die Zusammenarbeit besteht darin, das zu teilen, was wir haben, wie die Kubaner sagen.“

“Die Leute sind unzufrieden damit, dass sie öffentliche Gelder bekommen. Es gibt immer Skandale“, sagte der 27-jährige Jose Ramon Tato. Er ist Präsident der Nueva Generaciones, der junge Flügel der PP. „Es beschämt die Rechten, dass ein Dritte-Welt-Land eines aus der ersten Welt unterstützen kann“, entgegnet Aurora Bargas von der selbstfinanzierten Organisation Bartolome de las Casas. Die „nicht-ideologische“ Vereinigung benannte sich nach einem Priester aus dem 16. Jahrhundert. Er diente als Deckname während der Franco-Ära in den 1970er Jahren. Als erste in dieser Form förderte die Organisation die Freundschaft mit Kuba, schickte Materialien für Verbrennungsöfen für Friedhöfe in Havanna. „Wir dachten, dass Alphabetisierungsprogramm war Teil von Chavez‘ Propaganda. Aber in zweieinhalb Monaten brachte es Bildung nach Venezuela. Das „Ja, ich kann“- Pilotprojekt funktioniert über Videounterricht und Geld wird für die Programmierung ausgegeben.“

Der frühere Psychologiestudent erklärt, dass der Kubafall einen Sevillaner mit zu vielen Parteien und verschiedenen politischen Visionen in Verbindung bringt. „Die Menschen kritisieren uns nicht mehr so wie früher. Die Antikommunisten-Kampagne vor drei Jahren war eine ideologische Attacke gegen Kuba. Aber all unsere Projekte waren legal. Wir wurden in der Vereinigung ziemlich belastet - aber es ist das Rathaus, dass die Entscheidungen trifft und nicht wir.“ „Der Normalbürger versteht nicht, wie so etwas funktioniert“, verteidigt sich Miguel Lopez Adan. „ Sie sagen, die öffentlichen Gelder seien überall. Aber uns zu bezichtigen, wir würden Sandinistas unterstützen, ist auch ein Verbrechen. Die PP hat die Information. Der Unterschied besteht in dem, was sie sagen und was sie tun.“

Anti-System in Sevilla 2009

©Nabeelah ShabbirEine andere Initiative besteht darin junge Brigadisten - so genannte “Beobachter” - nach Kuba zu schicken. Der Biologiestudent Alonso Pedrote ist Mitglied der jungen Kommunisten Andalusiens. Er wurde nach einem Bewerbungsgespräch im Rathaus 2006 für dieses Programm ausgewählt. Wir treffen uns in der Universität von Sevilla. Sie gilt als „linke Festung“, zu deren Juraabsolventen auch der frühere sozialistische Premierminister Felipe Gonzalez zählt. Universitätsparteien - kontaktiere Juan, Alberto oder Viktor über Orange, Vodaphone oder Mobistar - ist auf den Plakaten rund um die Tore auf der Avenue Reina Mercedes zu lesen.

Auf dem Rasen in der Nähe klampfen Alonsos Freunde mit spanischen Personalausweisen auf der Gitarre. Nachdem er drei Wochen mithalf eine Schule in Kuba aufzubauen, hält Alonso das Land für demokratischer. „Initiative gibt es dort wenig, weil sie sichere Jobs haben. Hier in Spanien haben wir einen König, den niemand gewählt hat. Das Gesundheitswesen ist frei und nicht so wie hier, wo es sich nicht jeder leisten kann. Kommunismus basiert auf Klassensolidarität. Wir verlieren die Dinge, die wir nach dem Tod Francos bekommen haben. Der Grund ist Zapatero. Sozial gesehen, steht er links. Aber seine Wirtschafts- und Bildungspolitik ist die Aznars.” Die Frage des Bolognaprozesses, der einen gemeinsamen Markt für Universitäten in Europa schaffen soll, vereint die Linken in Sevilla. Das PP-Mitglied Jose Ramon Tato sieht es als „die beste Möglichkeit zu Reisen und Fremdsprachen zu lernen. Lehrer brauchen öffentliche Gelder.“„Es wird so teurer“, sagt aber Alonso. “ Und es führt zur Privatisierung von Universitäten.”

30 Jahre später kennen wir nur Verarmung, Juan Carlos und die Bankenkrise - nicht Franco.

“Die Politik gibt dir das, was du gerade hören willst”, führt Alonso aus. „Du musst einen Kredit aufnehmen. Aber niemand wird kommen und dir sagen, dass man dich gerade verarscht. Die Motivation ist da. Aber wir machen nichts. Menschen reden nicht mit ihren Kindern. Die Vergangenheit war zu schmerzhaft. Vor 30 Jahren hat die kommunistische Partei die Verfassung unterzeichnet. Und jetzt, 30 Jahre später, kennen wir nur Verarmung, Juan Carlos und die Bankenkrise - nicht Franco. Ich sehe eine hohe Jugendarbeitslosigkeit in Spanien.“ Mit 35,4 Prozent ist es die höchste in Europa. Sie liegt alarmierend hoch über dem europäischen Durchschnitt von 15,9 Prozent. In Griechenland ist sie bei 22,3 Prozent (Eurostat 2008) angelangt. Sie wird als einer der Hauptgründe für die Kreditkriseunruhen im Dezember 2008 angeführt. Wirtschaftswissenschaftler behaupten, sie läge näher an den spanischen Zahlen, um die 30 Prozent laut The Independent. Wird es in Anbetracht der Arbeiterunruhen am 1. Mai ein ähnliches Echo auf die Nachwirkungen der Krise in Spanien geben?

Antikapitalistisches Europa

©Nabeelah ShabbirMit 23 Jahren ist Alonso genauso alt wie die Mitgliedschaft Spaniens in der EU. Die Wahlen im Juni, die ein neues Europaparlament für die nächsten fünf Jahre bestimmen, lassen ihn kalt. „Spanier fühlen sich nicht an Europa beteiligt. Es ist zu weit weg.“,,Es ist schwerer, uns zu motivieren”, stimmt die 31-jährige Cristina Honorato Chulián aus Cadiz ihm zu. Sie arbeitet während ihres Studiums in einer Bar. Eigentlich will sie Lehrerin der Oberstufe werden und gibt zu, dass ihre Aktivitäten sie davon abhalten.

An ihrem Stand auf dem sonnenüberfluteten Plaza de Pumarejo wirbt sie für die antikapitalistische linke Partei (IA), die zu den Europawahlen antritt. Mit einem 15-köpfigen Team konzentriert sie sich in Sevilla auf den Bologna-Prozess und die Einwanderungspolitik. Nach den Ereignissen des Jahres 2008 - mit den Stimmen gegen die 65-Stunden-Woche und die Direktive der Schande, wie die Abschiebung illegaler Einwanderer in Lateinamerika genannt wird - werden die Leute die Wahlen als wichtig wahrnehmen, weil es sie betreffen kann.

„Es ist wichtig, dass wir eine Alternative bieten. Ein Europa der Menschen.” Sie nennt Olivier Besancenot „einen ehrlichen Menschen“. Der französische Politiker ist Mitglied der neuen, im Februar in Frankreich gegründeten antikapitalistischen Partei. In etwa zur gleichen Zeit vereinten sich zudem die kommunistische Partei Frankreichs (PC) mit der neuen linken Partei (PG).

“Wir haben keine Ansprüche”, sagt Cristina. “Wir brauchen soziale Netzwerke. Das Wichtigste ist, in die Debatte einzudringen.“ Sevillas kubanische Freunde sind da skeptischer. „Die Europawahl ist wichtig, aber nicht so sehr“, bemerkt Aurora. „Du wählst einmal alle fünf Jahre - und die Leute machen trotzdem weiter, was sie wollen.“ „Wenigstens können wir die lateinamerikanischen Beziehungen beeinflussen“, sagt Miguel Lopez Adan bezüglich der nach sechs Jahren langsam auftauenden Beziehungen der EU zu Kuba.

*Zur Zeit der Veröffentlichung verkündete die IA, dass sie zur Wahl mit fast 20.000 Unterschriften antreten wird.

Vielen Dank an Julio Rodriguez Lavado und das cafebabel.com Team in Sevilla.

Translated from Seville: Cuba, communists and anticapitalists for the elections!