Rumänien verschiebt die EU-Wahlen
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Anna KarlaIn Bulgarien finden heute Europa-Wahlen statt. Rumänien ist dagegen mit internen Machtkämpfen beschäftigt: Am 19. Mai wurde Präsident Bsescu per Referendum im Amt bestätigt. Doch das Land steckt in einer tiefen politischen Krise.
Fünf Monate nach dem Beitritt zur EU steckt der neue Mitgliedsstaat Rumänien in einer tiefen politischen Krise. Die ersten Europa-Wahlen waren ursprünglich für den 13. Mai geplant, also noch vor dem Nachbarland Bulgarien, in dem am heutigen Sonntag gewählt wird. Doch seit Mitte April herrschen in Rumänien interne Konflikte vor: Am 19. April hatte der Premierminister Clin Triceanu den Staatspräsidenten Traian Bsescu seines Amtes enthoben – wegen angeblicher Verstöße gegen die Verfassung und Amtsmissbrauchs. Zugleich verschob Premier Triceanu die Europawahlen, in denen Rumänien seine 35 Vertreter für Brüssel bestimmen soll.
Referendum: Bestätigung des Präsidenten
Seit der vorläufigen Amtsenthebung des Präsidenten regiert Triceanu mit einer Minderheitenregierung aus seiner eigenen Nationalliberalen Partei (PNL) und der Partei der Ungarischen Minderheit (UMDR), die von den oppositionellen Sozialisten unterstützt wird. Die bürgerliche Demokratische Partei (PD) von Präsidenten Bsescu wurde aus der Regierung ausgeschlossen.
Doch der Präsident ließ es auf eine Machtprobe mit dem Parlament ankommen – und gewann: Nach aktuellen Schätzungen stimmten beim gestrigen Referendum 75 bis 78 Prozent der Wähler für Bsescu und seinen Verbleib im Amt. Laut dem österreichischen Kurier sieht Bsescu im Ausgang des Volksentscheides ein „Vertrauensvotum“. Der Wermutstropfen: Die Wahlbeteiligung lag bei etwa 30 Prozent. Es sei ein „ruhmloser Sieg“ des Präsidenten zitierte der Kurier den Vorsitzenden der Sozialdemokratischen Partei, Mircea Geoana.
Kapitän und Steuermann
Hintergrund für die politische Krise im Land ist ein Machtkampf zwischen dem Präsidenten und seinem Premierminister. Die beiden Gegenspieler an der Spitze der rumänischen Politik könnten unterschiedlicher nicht sein. Beide sind seit 2004 an der Macht. Traian Bsescu, ehemaliger Marineoffizier und Chef der rumänischen Handelsflotte, gilt als ein kühner Kapitän, der sich auch nach seinem Einzug in den Präsidentenpalast weiterhin aktiv in die Politik einmischt. Fußballfan und oft einem Gläschen mehr zugeneigt – der Präsident beherrscht die Sprache des Volkes und ist entsprechend beliebt, wie nicht zuletzt seine gestrige Bestätigung im Amt zeigte.
Der in Bukarest geborene Premierminister Clin Triceanu, 55, tritt dagegen als politischer Technokrat auf, als Intellektueller, dem es an Fantasie und Einfühlungsvermögen fehlt. Dem Doktor der Mathematik und Informatik unterstellt man gern, mit dem Charme eines Sachbearbeiters zu regieren.
Der lange Weg nach Europa
Korruption ist das größte Problem des Donaustaates: Laut einer Bewertung durch die internationale Organisation gegen Korruption Transparency International kam Rumänien 2006 auf dem Korruptionsindex auf Platz 84 von 163 untersuchten Ländern. Präsident Bsescu machte sich auch über die Landesgrenzen hinweg einen Namen als engagierter Kämpfer gegen die Korruption. Triceanu dagegen stand 2005 unter dem Verdacht der Börsen-Manipulation.
Die ersten rumänischen Europa-Wahlen sind nun für den Herbst vorgesehen, doch bis dahin ist noch ein langer Weg zu gehen. Zumindest dürfen die Wahlen nicht ewig aufgeschoben werden: Der EU-Beitrittsvertrag legt fest, dass Rumänien und Bulgarien ihre Vertreter für das EU-Parlament bis spätestens 31. Dezember 2007 bestimmen müssen.
Translated from EU elections shelved in Romania