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Roma-Frauen, die powern

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Translation by:

Lisa Stein

Gesellschaft

Sozialarbeiterin Albena Kostadinova ist stolz auf ihre Roma-Wurzeln. Sie ist Vorsitzende der NGO 'Indi Roma', welche die Integration von Roma in bulgarischen Städten fördern möchte, indem sie ihnen bei der Jobsuche hilft.

cafébabel: Indi Roma arbeitet hauptsächlich zum Thema der Integration von Roma-Frauen. Wie sieht das konkret aus?

Albena Kostadinova: Es ist schwieriger mit Frauen als mit Männern zu arbeiten. Ich weiß nicht, ob sie das wissen, aber Roma-Frauen werden innerhalb der Community oft als Bürger zweiter Klasse behandelt. Nach der achten Klasse (ungefähr im Alter von 15) wird von der Frau erwartet, dass sie zuhause bleibt und sich um Haushalt und Kinder kümmert, während die Männer generell höhere Bildungsabschlüsse erreichen. Unsere Organisation kämpft gegen die Frühehe und für die gleichberechtigte Behandlung von Frauen. Wir geben Frauen die Chance, durch Arbeit und Stipendien einen höheren Bildungsabschluss zu erreichen. Wir können 90% der Mädchen, die die Primärschulbildung abgeschlossen haben, dabei helfen, den nächsthöheren Bildungsweg einzuschlagen. Aber dafür müssen auch die Eltern mit anpacken.

cafébabel: Woher kommt diese Einstellung gegenüber Frauen?

Albena Kostadinova: Das sind konservative Traditionen und Bräuche. Früher wurden Roma-Frauen durchschnittlich im Alter von 14 verheiratet. Aber es zeichnen sich Fortschritte ab; es gibt unverheiratete Mädchen im Alter von 24-25 Jahren, manche heiraten erst mit 26 oder 27 Jahren. Es ist nicht normal, dass ein Kind ein Kind zur Welt bringt. Und wir müssen mit den Müttern zusammenarbeiten, denn sie entscheiden, ob das Mädchen heiraten wird.

cafébabel: Gibt es viele Frauen, die gegen diese Traditionen rebellieren?

Albena Kostadinova: Es gibt einige, und sie werden auch wahrgenommen. Ich war die erste, die sich gegen diese Traditionen in meiner Region gestellt hat und selbst eine der ersten Roma-Frauen, die die weiterführende Schule in Plovdiv besucht hat. Meine Eltern hatten entschieden, dass ich mit 14 heiraten sollte, aber ich schlug mit der Faust auf den Tisch und sagte ihnen, dass ich studieren möchte. Wir wollen aber keinen Aufstand. Wir möchten, dass Roma-Eltern verstehen, dass sie sehen, was Bildung für Vorteile bringt und welchen Schaden Frühehen anrichten. Sie sollten nicht davon ausgehen, dass die Jungen studieren werden und die Mädchen nicht.

cafébabel: Wie groß ist der Widerstand in der Gemeinschaft?

Albena Kostadinova: Für gewöhnlich widersetzen sich vor allem Männer. Unser letztes Projekt - über Gewalt gegen Frauen - war schwierig. Es lief ein Jahr. Viele Frauen kamen zu unserer Konferenz und schilderten ihre Erlebnisse. Und durch unsere Arbeit begriffen die Frauen, dass sie keine Gewalt mehr in ihrem Leben dulden sollten. Sie begriffen, dass das Recht auf ihrer Seite ist. Die Haltung der Frauen verändert sich, wenn sie ihre Rechte kennen. Männer wollen lieber eine Frau, die ihnen gehorcht.

 cafébabel: Wie helfen Sie diesen Frauen konkret, Qualifikationen und soziale Sicherheit zu erlangen?

Albena Kostadinova: Wir melden sie zu Fortbildungen an und vermitteln ihnen den Kontakt zu Einrichtungen, die auf häusliche Gewalt spezialisiert sind (falls die Frau nicht möchte, dass ihr Ehemann ihren Aufenthaltsort kennt). Wir bauen immer eine Beziehung zu den Frauen auf, selbst nachdem unsere Arbeit mit ihnen beendet ist. Und Frauen in Not suchen auch selbst den Kontakt zu uns. Viele haben die Gewalt schon als normal akzeptiert. Die Hälfte der weiblichen Roma hält es für normal. Und sie denken, dass Gewalt nur körperlich und nicht emotional oder psychologisch ausgeübt werden kann; wie zum Beispiel, dass man ständig gesagt bekommt, dass man nicht arbeiten darf, dass man hässlich ist, dass man finanziell abhängig ist.

cafébabel: Wie viel Erfolg hatten Sie bisher?

Albena Kostadinova: Wir haben eine Erfolgsquote von etwa 90% - wir haben mit 200 Menschen gearbeitet und etwa 180 von ihnen haben Arbeit gefunden.

cafébabel: Welche Berufe üben sie aus?

Albena Kostadinova: Das hängt von ihrem Bildungsstand und der absolvierten Ausbildung ab. Sie werden Gärtnerinnen, Schneiderinnen, Köchinnen. Das ist also sehr verschieden. Wenn man etwas gut kann und wenn man etwas unbedingt will, hat man auch Erfolg.

cafébabel: Wie reagieren Sie auf das unselige Vorurteil, dass “Roma nicht arbeiten möchten”? 

Albena Kostadinova: Ich habe immer sehr harsch darauf reagiert. Man kann nicht alle in einen Topf werfen. Es gibt solche Roma und solche. Viele möchten gern arbeiten!

Translated from Meet the Roma activist fighting against Roma traditions