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Lieber Staatsbürger im Nirgendwo als in Mays‘ Großbritannien

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cafébabel DE

PolitikBrexit

[Kommentar] Vor drei Monaten bin ich für einen neuen Job nach Frankreich gezogen und immer noch ziemlich verbittert über das Brexit-Votum vom Juni. Eigentlich sollte ich meine grüne Insel vermissen, aber wenn ich mir ansehe, was Theresa May da gerade anstellt, muss ich nicht allzu schnell zurück.

Anscheinend bin ich Staatsbürger im Nirgendwo.

Und ich gebe zu: Das herauszufinden war ein ziemlicher Schock für mich. Eigentlich dachte ich, dass ich mich recht gut damit auskenne, was einen Bürger ausmacht. Mein ganzes Leben lang war ich ein Staatsbürger des Vereinigten Königreichs - ich spreche das Englisch der Queen und besitze einen britischen Pass. Aber für den Großteil meines Lebens war ich ebenfalls ein Bürger Europas. Ich habe in Frankreich als Lehrer gearbeitet und gerade teile ich meinen Büroplatz mit Menschen aus Polen, Spanien, Deutschland und Italien.

Aber unserer neuen britischen Premierministerin Theresa May zufolge kann man eben nicht immer alles auf einmal haben - den Kuchen besitzen und ihn gleichzeitig essen, wie wir Engländer sagen, und dann soll er auch noch mit ‚innovativer Marmelade‘ gefüllt sein. „Wenn Sie glauben, Weltenbürger zu sein“, sagte May, „dann sind Sie Staatsbürger im Nirgendwo. Dann verstehen Sie nicht, was das Wort Staatsbürgerschaft bedeutet.“

Was heißt dann also Staatsbürgerschaft für Mrs. May?

Scheinbar bedeutet es, Angst vor dem Anderen zu schüren, den Einwanderern, die kämen, um unsere britischen Jobs zu stehlen. Es bedeutet für britische Firmen, in Zukunft ausländische Mitarbeiter auf Listen zu führen - eine Idee, die jedem Geschichtsstudenten so furchtbar bekannt vorkommen dürfte, dass alles, was dem noch folgen könnte, notwendiger Weise am Godwin-Punkt ankäme. Es bedeutet weiterhin, dass in der EU ausgebildete Ärzte und Arzthelfer ihre Jobs im NHS (Nationalen Gesundheitswesen) weiterhin behalten dürfen - aber nur solange, bis genügend britische Ärzte zur Verfügung stehen, um diese zu ersetzen. Es bedeutet, EU-Bürgern das Recht zu verwehren, in Großbritannien bleiben zu dürfen, denn sie seien eine „unserer wichtigsten Karten in Verhandlungen“ - als wären sie Casino-Chips und nicht Männer, Frauen und Kinder mit Leben und Zukunft, die auf dem Spiel stünden.

Da ist es auch nicht weiter verwunderlich, dass Diane James nach nur 18 Tagen von ihrem Amt als neue UKIP-Chefin [die rechtspopulistische Unabhängigkeitspartei, die mit Niger Farage an der Spitze aktiv für den Brexit geworben hatte; AdR] zurückgetreten ist. Innerhalb weniger Monate hat die Partei alles erreicht, was sie sich erträumt hatte – und in diesem Prozess aber gleichzeitig jeglichen Grund zur Existenz entbehrt. Großbritannien wird die Europäische Union verlassen. Theresa May hat sich mehr ins Zentrum vorangegraben, indem sie es mehr nach rechts driften ließ als jemals ein anderer vor ihr. Genau wie Nigel Farage vor ihr, hat die nicht gewählte, Oxford-studierte, ehemalige Innenministerin die Doppeltaktik ausgepackt, sich gleichzeitig beim Establishment anzubiedern und ihre Partei trotzdem als die der einfachen, ordentlichen Leute zu präsentieren.

Es gab eine Zeit, da Einwanderung nicht direkt gleichgesetzt wurde mit schmierigen Ausländertypen, die uns Land und Arbeitsplätze klauen wollen. Einwanderung machte uns stolz, zu denken, dass alle Leute von überall auf der Welt gerade hier her kommen wollten, auf unsere kleine Insel, denn es war der Ort, an dem sie sich die meisten Hoffnungen auf ein besseres Leben machten. Heutzutage bedeutet Einwanderung ein Klima des ständigen Misstrauens. Es bedeutet, zweimal hinzusehen, wenn wir einen Akzent hören, den wir nicht kennen oder eine Hautfarbe sehen, die anders als die unsere ist.

Wenn das die neue Definition von Staatsbürgerschaft made in UK sein soll, dann hat Theresa May völlig recht - das Wort bedeutet schon längst nicht mehr das, woran ich einmal geglaubt habe.

Translated from I'd rather be a citizen of nowhere than live in May's Britain