Kultur zahlt sich aus
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Martin SchneiderAm 15. und 16. Dezember berät der Europäische Rat in Brüssel über den EU-Haushalt. Doch wer denkt dabei an die Kultur ?
"In Europa geht es nicht nur um Märkte, es geht auch um Werte und um Kultur... Die Kultur ist es, die unser Leben lebenswert macht." So EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso anlässlich der Konferenz "Europa eine Seele geben" November vergangenen Jahres in Berlin.
Reden reichen nicht
Mehr und mehr europäische Politiker erkennen, dass Kultur das Bindemittel ist, durch das die sich ausweitende Europäische Union zusammengehalten werden kann. Sie argumentieren, dass das Projekt "Europa" scheitern werde wenn es nicht auf dem Engagement seiner Bürger aufbaue. Tatsächlich könnte die Kultur und die in ihr versammelten Künste eine weitaus bedeutendere Rolle bei der europäischen Integration spielen. Doch dazu müsste ihr sowohl auf europäischer als auch auf nationaler Ebene entsprechende Resourcen zur Verfügung gestellt werden.
Im Moment ist "Culture 2000" dass einzige politische Programm der EU, dass Kulturarbeit gewidmet ist. Das Programm ist noch bis 2006 in Kraft und verfügt über ein mageres Budget von 236,5 Millionen Euro. Das sind circa 33,7 Millionen jährlich, ungefähr so viel wie ein Opernhaus in einer europäischen Metropole jedes Jahr ausgibt. Dieses Budget wird noch unter den 25 Mitgliedsstaaten mit ihren 450 Millionen Bürgern aufgeteilt.
Die Diskrepanz zwischen den offiziellen Reden von EU-Seite über die Bedeutung der Kultur auf der einen und dem Betrag, den die EU der Kulturarbeit zuweist tritt noch deutlicher zu Tage, wenn man sich die anderen Töpfe des EU-Haushalts anschaut : 2005 wurde den Bananenproduzenten der AKP-Staaten (Afrika, Karibik, Pazifik) die selbe Summe zugewiesen wie dem "Culture 2000"-Programm, nämlich 34,5 Millionen Euro. Und diese Zahl erreicht bei weitem nicht die diesjährigen Zahlungen für Nüsse (97 Millionen Euro), die Prämien für die Herstellung von Rohtabak (940 Millionen Euro) oder die Subventionen für Olivenöl (2,3 Milliarden Euro).
70 Kulturcents pro EU-Bürger
Die "Europäische Kulturstiftung" (ECF) und das "Europäische Forum für die Künste und das kulturelle Erbe" (EFAH) haben im März vergangenen Jahres eine Kampagne gestartet, um die Kulturausgaben der EU zu verzehnfachen. Diese betragen im Moment nur 7 cent pro EU-Bürger. Diese Steigerung hätte große Auswirkungen auf die Anzahl und den Wirkungsbereich kulturereller Projekte, die das Leben vieler EU-Bürger betreffen. Das EU-Budget als Ganzes würde kaum angetastet werden. Die vorgeschlagenen 70 Kulturcents pro EU-Bürger pro Jahr würden tausenden Künstlern und Kulturarbeitern in ganz Europa zugute kommen. Sie würden die nationenübergreifende Zusammenarbeit und Projekte sowoh innerhalb der EU als auch in ihren Nachbarstaaten voranbringen. Auch würden sie es erleichtern, eine kulturelle Komponente der EU-Außenpolitik zu entwickeln.
Dank der Kampagne der Lobbyisten hat das EU-Parlament den Budgetentwurf für das Folgeprogramm "Culture 2007", dass bis 2013 ausgeschrieben ist, auf 600 Millionen Euro erhöht. Das entspricht 19 Cent pro Bürger pro Jahr. Jedoch ist dies angesichts der benötigten 70 nur ein bescheidener Erfolg. Hinzu kommt, dass selbst dieser Betrag gefährdet ist, da er von der Übereinkunft zum Gesamtbudget der EU für die Jahre 2007 bis 2013 abhängt. Und die wird, schaut man sich die bitteren Auseinandersetzung zwischen den Mitgliedsstaaten an, nicht einfach zu erzielen sein.
Man wird während den derzeit laufenden Haushalts-Verhandlungen des Europäischen Rates sehen ob die Regierungen bereit sind, in ihre Zukunft zu investieren und ob sie ihre Reden in weitsichtige Politik umsetzen, also "weichen Themen" wie der Kultur angemessene Geldmengen zuteilen. Sollten sie keinen Kompromiss erzielen, wird es keine neuen Initiativen oder Programme geben; die Programme die 2006 auslaufen, werden nicht ersetzt werden können. Das gilt auch für "Culture 2000".
Isabelle Schwarz ist Mitglied der "Europäischen Kulturstiftung" (ECF).
Translated from Culture Counts!