Kernenergie: Europa ist gespalten
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fiona wollensackDeutschland hat sich vor ein paar Jahren zum Ausstieg aus der Kernenergie verpflichtet, Großbritannien zieht den Bau neuer Reaktoren in Erwägung. Eine Rundschau.
Während der Ölkrise vervierfachten sich die Energiepreise und die Atomkraft gewann an Popularität. Es war die interessanteste Alternative zum Benzin – Uran gab es reichlich, es verursachte keine Emissionen. Doch Sorge für die Umwelt, Inflation und Sicherheitsbedenken nach dem Unglück von Tschernobyl haben den Gegnern der Kernenergie Auftrieb verliehen. Heute ist Europa gespalten. Gegenwärtig speist sich ein Drittel der Elektrizität Europas aus der Kernenergie, doch sie verteilt sich ungleichmäßig auf dem Kontinent.
Frankreich: Wie man die Kernenergie lieben lernt
Von allen europäischen Ländern ist Frankreich der Kernkraft gegenüber am aufgeschlossensten. Heute hat das Land 59 Reaktoren und verbraucht 8.568 Tonnen Uran im Jahr. 77% der Energie des Landes werden mit Kernkraft erzeugt. An diesem Vertrauen in und Verlass auf die Kernenergie lässt sich wahrscheinlich nicht viel ändern. Präsident Jacques Chirac kündigte neulich ein Forschungsprojekt für die 4. Generation der Reaktoren an, Reaktoren die den Atommüll als Energiequelle wiederverwenden sollen.
Großbritannien: Klar ist nur die Unklarheit
Im Gegensatz zu Frankreich sind die Meinungen zum Thema Kernenergie in Großbritannien gespalten. Atomkraftwerke produzieren momentan circa ein Viertel des Stroms des Landes. Die meisten AKWs sind aber veraltet und werden außer Kraft gesetzt. Wenn Großbritannien seine jetzigen Reaktoren weiter nutzt, wird bis 2023 nur 4 % der dortigen Energie von der Atomenergie erzeugt.
Großbritannien steht momentan an einer Wegscheide. Andere Energieformen decken die britischen Energiebedürfnisse nicht ab und die Regierung berät gerade die Frage des Baus neuer Reaktoren. Dies ist ganz gewiss keine leichte Aufgabe, da die Kernenergie unter der britischen Bevölkerung als unsicher gilt.
Deutschland: Das Leben ohne
Vor sechs Jahren lies Deutschland seine Atommeiler stillegen und zog so einen Schlussstrich unter eine lange Debatte. Die Regierung fällte die Entscheidung, bis 2020 alle Atommeiler schrittweise stillzulegen. Zwar will Angela Merkels CDU diese Frist verlängern, aber die SPD, die das Umweltministerium hält, hat klar gemacht, dass die Entscheidung zur Debatte steht.
Deutschland will seine Energiesysteme umwandeln und den Anteil erneuerbarer Energie erhöhen. Noch deckt die Atomkraft 30 % des Verbrauchs. Doch die Frage der Endlagerung ist ungelöst, gleichzeitig reifen alternative Energieformen. Daher ist es unwahrscheinlich, dass Deutschland sich eines Tages noch umentscheiden wird.
Schweden: Wellenreiten
Auch Schweden hat sich dem Ausstieg aus der Atomenergie verpflichtet. Wie viele andere europäischen Länder hat Schweden in den 1970ern in Atomenergie investiert. Nach dem Unglück von Tschernobyl beschloss die Regierung aber den Ausstieg aus der Kernenergie. Die Frist hierfür wurde mehrmals verschoben, heute kommen noch 52 % der Energie Schwedens aus der Atomkraft.
Schweden genießt beim Umstieg auf alternative Energiequellen mehrere Vorteile. Im Gegensatz zu Frankreich, Deutschland und Großbritannien, die sich auf die Einfuhr von Energiereserven verlassen müssen, hat Schweden eine große einheimische Quelle an Wasserkraft. 2003 wurden 23% der Energie Schwedens aus erneuerbaren Quellen erzeugt. Der EU-Durchschnitt liegt bei 6 %. Kürzlich hat Schweden sich dazu verpflichtet, bis 2020 ein Wirtschaftssystems zu etablieren, dass ohne Öl auskommt – die Zukunft des Landes ist grün.
EU: Die Entscheidung liegt bei den Staaten
In einem Grünbuch zur Energiepolitik hat die Europäische Kommission erörtert, dass die Energiepolitik Europas dringend rationalisiert werden muss, um besser auf Öl- und Gaspreisschocks reagieren zu können. Das Grünbuch drängt auf eine bessere Koordination unter den Mitgliedsstaaten, und eine größere Streuung der Ressourcen in Richtung erneuerbare Energien. Der Kernenergie steht die EU aber neutral gegenüber. „Die Entscheidung liegt bei der Energiepolitik der Mitgliedstaaten“ heißt es in dem Buch.
Copyrights: Kernkraftwerk in Frankreich (Adnan Yahya); Kernkraftwerk von Dungeness, UK (Huw Golledge); Deutsche Anti-AKW-Demonstranten(randbild.de); Schwedisches Kernkraftwerk (Mattias Olsson)
Translated from Power around Europe