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Eurovision Song Contest 2011: Wenn die gewinnen, bade ich mit meinem Toaster

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Default profile picture Birke Gerold

Kultur

Das Jahr 2011 sieht erstaunliche Comebacks, Proteste gegen den Klimawandel und - besonders verblüffend - wieder einen französischen Kandidaten beim Eurovision Song Contest, der nicht in seiner Muttersprache singt. Der berühmte Wettbewerb findet vom 10. bis zum 14. Mai in Düsseldorf statt. Nur für euch haben wir uns durch die Musikvideos gearbeitet.

Das Angebot des diesjährigen Eurovision Song Contest 2011 kommt ziemlich langweilig daher. Nach den Probeauftritten zu urteilen, die ich bisher gesehen habe, ist es eine Art Wettbewerb auf Sparflamme. Keine großen, erwähnenswerten Nummern, sondern viele langsame, ruhige Dudellieder. Mehrere Länder, die bei den letzten Wettkämpfen hervorragende Kandidaten ins Feld geschickt hatten (insbesondere Ukraine, Griechenland und Türkei), haben dieses Jahr ziemlich miese Bewerber ausgewählt. Dieses Jahr nehmen alle europäischen Länder teil, außer der Tschechischen Republik und Montenegro sowie Mikrostaaten.

Irland & Großbritannien

In den frühen 2000ern wurde das Format des Eurovision Song Contest auf den neuesten Stand gebracht, vor allem um sich auf die neuen Teilnehmer aus dem früheren Sowjetblock einzustellen. Nachdem die alte Bedingung, dass jedes Land in seiner Nationalsprache singen muss (was als unfairer Vorteil für Irland, Malta und England galt), aufgehoben wurde, sind die meisten Lieder nun auf Englisch und dadurch dem breiten europäischen Publikum zugänglicher.

Die öffentliche Unterstützung für das irische Zwillingsduo Jedward, wie es von der britischen Presse getauft wurde, schien durch die deutliche Abneigung von Simon Cowell, einem Jury-Mitglied von X-Factor, angefacht zu werden. Die eineiigen Zwillinge sind fürchterliche Tänzer und Sänger. Dennoch gewann ihr übertriebener Auftritt die Herzen der britischen Öffentlichkeit. Ihr diesjähriges Lied ist zwar eingängig, doch sie sollten ihre Tanzschritte noch etwas aufpolieren. Das Video wurde übrigens am Eiffelturm in Paris gedreht - ein Versuch, um Stimmen vom Kontinent zu werben?

England - das Land, das Jedward berühmt gemacht hat -  blickt vielleicht seiner besten Chance auf einen Sieg seit einem Jahrzehnt entgegen, indem es Blue, eine Boyband aus den frühen 2000ern, ins Rennen schickt. Die guten Siegesaussichten mögen vor allem am Wiedererkennungsfaktor liegen, ähnlich wie bei diesen frühen amerikanischen Präsidentschaftsumfragen, die voraussagen, dass Leute wie Donald Trump und Fred Thompson die Vorwahlen gewinnen.

Best of 2011: Skandinavien und Zentraleuropa

Schweden

Im Vergleich zu den anderen Ländern scheint Schweden den Eurovision Song Contest recht ernst zu nehmen. Das nationale Finale Melodifestival hat Eric Saade gewonnen, dessen Lied "Popular" ein temporeicher Popsong mit gekonnten Tanzschritten und etwas effekthascherischer Bühnentheatralik ist, der gut beim Publikum ankommt.

Norwegen

Stella Mwangi ist Favoritin der nationalen Wettannehmer: eine norwegisch-kenianische Sängerin, die einen Teil ihres Titels, der an amerikanischen Hip-Hop erinnert, in Suaheli singt.

Dänemark

Das Lied "New Tomorrow" von A Friend in London ist eingänglich, wobei sein Britpop-Genre schon letztes Jahr das Erfolgsrezept der deutschen Sängerin Lena darstellte. Vielleicht sollte er auch ihren bizarren Cockney-Akzent nachmachen…? Hört sich auf jeden Fall an wie ein Lied, das man im Radio hören könnte. Zudem sieht er verdammt gut aus.

Ungarn

Ein weiterer Liebling der Wettannehmer ist Kati Wolf. Und sie hat eine nette Stimme. Aber warum zur Hölle singt sie in eine Wasserflasche? (Bei den Vorausscheidungen verkündete die offizielle Facebook-Seite von Kati Wolf, man habe speziell für die Sängerin ein Mikrofon in Flaschenform entworfen. Später wurde dies als Aprilscherz aufgedeckt…)

Deutschland

Deutschland stellt mit seiner Wahl sicher, dass es den kostspieligen Wettkampf nicht zwei Mal hintereinander ausrichten muss, indem es einfach Lena, die 2010 mit dem Lied "Satellite" gewann, ein weiteres Lied singen ließ. Lenas Karriere ist trotz ihrer phänomenal schlaksigen Teenager-Moves im letzten Jahr nie in Schwung gekommen. Das diesjährige Lied setzt ihre einzigartige Stimme besser in Szene und zeigt, dass sie etwas erwachsener geworden ist. Dennoch nicht unter den besten Fünf.

Tiefpunkte 2011: Schlechtes im Überfluss

Italien

Italien nimmt zum ersten Mal am Contest teil, seit es sich 1997 nach 'schlechten Bewertungen' zurückgezogen hatte. Eine weitere Theorie über den Rückzug: Italien war eins der 'vier großen' Länder, die den Löwenanteil des Wettkampfs finanzieren mussten; nach seinem Abschied wurde seine Stelle von Spanien übernommen. Noch eine andere Theorie vermutet politische Machenschaften von Silvio Berlusconi. Aufgrund der 14-jährigen Auszeit erinnern sich nur noch wenige daran, was der Eurovision Song Contest überhaupt ist. Die Wahl fiel im Jahr des Comeback auf eine extrem langweilige Jazznummer von Raphael Gualazzi, dem Gewinner des 'Mia Martini' Preises der nationalen Jury und eines Extrapreises von Radio Sala.

Frankreich

Ein opernhaftes Lied, das man getrost vergessen kann – bis auf die eine interessante Tatsache, dass es auf Korsisch gesungen wird. Ich bezweifle jedoch, dass es die gleiche Kontroverse wie Sébastien Telliers Auftritt 2008 auslösen wird. Die Tatsache, dass Telliers Lied teilweise auf Englisch war, verursachte in Frankreich einen derartigen Skandal, dass es sogar im französischen Parlament landete! Aber da Korsika ein integraler Bestandteil Frankreichs ist, kann sich niemand beschweren, ohne politisch inkorrekt zu sein.

Spanien

Ist als eines der vier (nun fünf) großen Länder, die den Wettkampf finanzieren, automatisch in der Endrunde. Ein unfassbar schlechtes Lied, das sich altmodisch anhört und dessen Video aussieht, als sei es vor 20 Jahren gedreht worden.

Estland

Sonderbar: Ein Mädchen (Getter Jaani) singt in einem nachgebauten Minimodell von New York über die Rockefeller Street (die definitiv nicht existiert).

Finnland

Hört sich an wie eine billige Kopie von Belgiens Beitrag 2010 von Tom Dice. Der Liedinhalt ist unglaublich kitschig, selbst am Wettbewerbsstandard gemessen: Ein Typ mit Gitarre (Paradise Oskar) singt über einen kleinen Jungen, der den Klimawandel aufhalten will.

Israel

Unnötiges Comeback von Dana International, der ersten transsexuellen Gewinnerin des Eurovision Song Contest im Jahr 1998. Sie erlebte anschließend eine ziemlich steile Pop-Karriere und blieb dem Wettkampf, der sie berühmt machte, treu: Sie schrieb Israels Beitrag von 2008 und ihr Lied ist eines der 14 besten in der Geschichte des Eurovision Song Contest. Dana Internationals diesjähriger Auftritt zu "Ding Dong" ist allerdings nur schwer erträglich. Auch ihre Stimme ist nicht, was sie einmal war. Zum Glück wird sie von fünf Hintergrundsängern übertönt.

Griechenland

Peinlicher Rap gefolgt von einer kreischenden Melodie, gesungen von einem unwohl aussehenden Mann. Loucas Yiorkas ist enttäuschend - Griechenland schickt sonst immer sehr gute Bewerber ins Rennen.

Ukraine

Die letzten vier Jahre über war die Ukraine stets mein Lieblingsland des Wettbewerbs. Meine Vorliebe begann mit dem Transen-Wirbelwind Verka Serduchka, die 2007 Zweite wurde und setzte sich 2009 mit der beim Publikum beliebten Svetlana Lobodo fort. "Shady Lady" von Ani Lorak (2008) und die Ballade letztes Jahr waren auch sehr gut. Belassen wir es lieber dabei...

Fotos: Mit freundlicher Genehmigung ©Pieter Van Den Berghe/offizielle Webseite ESC

Translated from Best and worst of Eurovision 2011