Echt Kölnisch Wasser - Die Welt in einer Flasche
Published on
Translation by:
Alexandra SchadeEs ist kein Geheimnis: Das Echt Kölnisch Wasser, seit Jahrhunderten in der ganzen Welt berühmt, hat von der idealen geographischen Lage der Stadt profitiert, der es seinen Namen verdankt. Im Herzen Europas gelegen, verbessert Köln seine Strategie, um weiter internationale Kontakte zu knüpfen.
Der Italiener Giovanni Maria Farina, Schöpfer des ersten Kölnisch Wasser, hat sich bestimmt schon mehrmals in seinem Grab herum gedreht. Obwohl er ein Parfüm mit dem Namen der Stadt entwickelt hat, in der er beschloss Karriere zu machen, ist seine Kreation heute berühmter als er.
Tausend Mal kopiert, gut gemacht, aber doch gefälscht, ist das berühmte Kölnisch Wasser zu einer Art Oberbegriff geworden: Es bezeichnet heute nicht mehr, aber auch nicht weniger als ein leichtes Parfüm (es enthält wenig Essenzen), welches nur noch unsere Großmütter, so sagt man jedenfalls, gern tragen. Früher mit den Booten auf dem Rhein und heute mit dem Flugzeug vom Flughafen Köln-Bonn aus, wird das Produkt in alle Welt exportiert und lässt den Namen Köln international leuchten.
„Trotzdem sehen die Leute keine Verbindung zwischen dem Wasser und der Stadt“, schätzt der derzeitige Geschäftsführer des Hauses Farina, Johan Maria Farina. Stolz trägt er den Namen seines illustren Ahnen, welcher von Vater zu Sohn weiter gegeben wird, wie übrigens auch das Rezept des Parfüms (man spricht von Zitrusfrüchten und Bergamotte, aber psst...). Gemütlich sitzt er in seinem Büro, an welches ein Mini-Museum zu Ehren seines Vorfahren angrenzt, und erzählt unermüdlich die Geschichte des Parfüms in diesem Jubiläumsjahr. Denn das Echt Kölnisch Wasser wird 2009 300 Jahre alt.
Die Verwirrung durch die unzähligen Plagiate ist trotz jahrzehntelanger Prozesse noch immer nicht überwunden. Köln ist in den Flakons mit Kölnisch Wasser ertrunken. Heute ist der Dom, welcher sich gleich neben dem Haus des Parfümeurs aus Italien befindet, eindeutig das Wahrzeichen der Stadt, mit dem Köln und seine Tourismusexperten Werbung in Deutschland und außerhalb des Landes machen.
Schon lange sympathisch
So zieht die meistbesuchte Sehenswürdigkeit Deutschlands sechs Millionen Besucher jährlich an. Davon sind fast 65% Deutsche - unschlagbar! Um den Tourismus anzukurbeln, hat sich Köln eher für eine grenzüberschreitende Strategie entschieden (vor allem in Partnerschaft zu Amsterdam und Brüssel, die eine sehr gute Zuganbindung haben) als sich mit den anderen großen Städten des Landes zu verbünden. Dies bezieht sich vor allem auf Hamburg und Frankfurt am Main, mit denen sich Köln regelmäßig um den dritten Platz auf der nationalen Rangliste streitet. „Wir ziehen mehr ausländische Touristen an als Hamburg, auch wenn wir uns international noch mehr öffnen müssen“, bestätigt Claudia Neumann, PR-Verantwortliche bei Köln Tourismus. Neben seinem Dom hat Köln noch zwei weitere Pluspunkte: zahlreiche Geschäfte, die über 70% der Leute anziehen, die eine Nacht im Hotel verbringen (anlässlich der jährlich etwa 40 Messen zum Beispiel) und seinen Ruf einer äußerst offenen, entspannten und multikulturellen Stadt.
Dieser „Charakter“ wurde seit dem Mittelalter geprägt. Damals war die Stadt bereits ein geschäftlicher Knotenpunkt in Europa, ideal gelegen am Rhein und ausgestattet, wie übrigens auch heute noch, mit einem dichten Verkehrsnetz. Dies hat dazu beigetragen, zahlreiche ausländische Investoren anzuziehen, allen voran unseren werten Giovanni Maria Farina. „Im 18. Jahrhundert gehörte Köln zu keinem Reich und war keinem Staat untergeordnet. Daher war es sehr attraktiv als wirtschaftliche Drehscheibe“, schätzt der Farina-Erbe. „Auch deshalb ist Köln keine klassische deutsche Stadt. Es war schon immer international ausgerichtet.“
Multinationale Flirts
Ergebnis: 184 Nationalitäten leben zusammen in dieser jungen Stadt (die zweitgrößte Universität Deutschlands hat 60.000 Studenten) und 20 % der Bevölkerung sind ausländischer Herkunft. Kölns Multi-Kulti-Ruf hat die deutschen Landesgrenzen längst überschritten. Paradoxerweise beunruhigt das die lokalen Verantwortlichen, die Investoren anziehen wollen. Victor Vogt ist verantwortlich für die internationalen Geschäfte bei der Kölner Industrie- und Handelskammer. „Die Leute hier sind ein Stück mehr italienisch als deutsch“, beginnt er seinen gut einstudierten Vortrag. Bezug nehmend auf den Ausdruck „Kölsche Klüngel“ [bezieht sich auf den Köln eigenen Mangel an Transparenz; A.d.R.], ein lokaler Scherz, der die Neugierde der Besucher schürt, erklärt er, dass man sich in Köln „ein Stück von dem Klischee entfernt, nach dem alle Deutschen rechtschaffend und effektiv seien. So sind die Leute hier nicht. Vielleicht gibt das auch nicht immer das beste Bild ab.“
Mit Lebhaftigkeit und Humor zählt Victor Vogt die Stärken und Schwächen seiner Stadt auf: „Köln spürt die Folgen der globalen Rezession, weil sich sein BIP zu 50% auf Exporte stützt. Aber die Unternehmen des Dienstleistungssektors (Versicherungen, Medien, Informationstechnologien) machen das wieder wett.“ Mit Blick auf die USA, nachdem man Beziehungen zu den Partnerstädten in China und Indien aufgebaut hat, „entwickeln wir eine neue Strategie, um die Stadt als Geschäftsstandort zu präsentieren, vor allem in Europa und auf der anderen Seite des Atlantiks“, fährt Victor Vogt fort. Natürlich kann Köln nicht allein gegenüber Paris oder London bestehen. „Um konkurrenzfähig zu sein, müssen wir uns mit unseren Nachbarstädten Düsseldorf und Bonn zusammen tun. In unserer Region haben sich schon viele internationale Akteure niedergelassen.“ Multinationale Konzerne wie Sony, Toys 'R' US oder Barilla und Microsoft haben sich den Standort Köln ausgesucht, um sich in Deutschland niederzulassen.
Büros mit Blick auf den Rhein
Seien es nun der Chemiesektor, welcher der größte Arbeitgeber in der Region ist, die Automobilindustrie, welche in großen Schwierigkeiten steckt, die Ingenieurbranche oder die zahlreichen Radio- und Fernsehstationen, die aus Köln die deutsche Medienhauptstadt machen: Die Strategie Kölns besteht darin „sich nicht als einen billigen Geschäftsstandort zur verkaufen.“ Zurzeit ragen am Ufer des Rheins, wenige Meter neben der riesigen Gaststätte „Früh am Dom“, wo sich durstige Touristen niederlassen, Kräne neben unfertigen Monstern aus Stahl und Beton in die Höhe. Bald schon sollen hier Büros mit Blick auf den Fluss stehen.
Nur erste Wahl - dieser Strategie will auch das Haus Farina folgen. „Luxus ist eine Nische. Es stimmt, dass sich nicht jeder unser Parfüm leisten kann“, führt Johann Maria Farina fort, welcher 50 Angestellte beschäftigt. Seine kleine Firma (nach Angaben der Familie die älteste in Köln) setzt das Werk seiner Ahnen fort, auch wenn die goldenen Zeiten längst vorüber scheinen. Denn in der Umgebung des Doms, an den Ständen der Souvenirverkäufer, lockt ein Kölnisch Wasser in türkiser Verpackung den Kunden an. Es handelt sich hierbei um eine andere Marke, aus einem anderen Haus mit einem aggressiveren Marketing. Selbst der Duft ist anders: das 4711 - Echt Kölnisch Wasser, das es seit 1792 gibt, ist der unangefochtene Herausforderer der Familie Farina und rühmt sich damit, seine Flakons in über 60 Länder zu exportieren. Am Ende entscheidet aber immer noch die Nase - und die entscheidet sich wahrscheinlich gegen den Rasierwassercharme des berühmten Kölner Wässerchens.
Translated from Le monde dans une bouteille d'Eau de Cologne