Die Matrix à la Irak
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vassilios ketsentzisDie Informationen die wir aus dem Irak erhalten, vermitteln nur ein verzerrtes Bild der Realität. Zensur, Journalistenentführungen. . . Regierungen und Streitkräfte tun alles, damit wir nicht erfahren, was sich wirklich abspielt.
Der Informations- und Medienkrieg im Irak hat nicht erst mit der Bombardierung Bagdads im März 2003 begonnen. Bereits vorher wurde manipuliert, um die weltweite öffentliche Meinung in Angst zu versetzen. Dadurch sollte die Sympathie für einen einseitigen Krieg gesteigert werden, der nicht von dem Sicherheitsrat der Vereinten Nationen autorisiert worden war.
Der Verdacht bestätigt sich
Nunmehr wissen wir ganz sicher, was wir vorher nur vermuteten: Die Massenvernichtungswaffen haben niemals existiert, es gab niemals eine Verbindung zwischen Saddam und Al-Qaida; und die gefährlichen Zentren für Forschung und Herstellung von Massenvernichtungswaffen haben sich, in den meisten Fällen, als Hirtenhütten entpuppt. . . Nicht einmal der Truthahn, den George W. Bush den Medien am Erntedankfest präsentierte, war echt, sondern eine billige Plastikimitation...
Doch so sehr es die nordamerikanischen Machthaber auch stören mag, die moderne Informationsgesellschaft erschwert immer mehr, was Joseph Goebbels, Propagandaminister der Nazizeit, zu sagen pflegte: „Eine Lüge, tausend mal wiederholt, wird zur Wahrheit“. Das Erscheinen neuer arabischer Massenmedien mit unterschiedlichen Meinungen und die Entstehung neuer Medienformen ermöglichen eine bessere Informierung und erlauben der öffentlichen Meinung zum ersten Mal, sich aus der Medien- und Propagandamatrix der USA zu befreien.
Al Jazeera öffnet die Augen
Der arabische Sender „Al Dschazira“ zeigte Bilder, die von der US-Regierung zensiert worden waren und wies auf Widersprüche bei Informationen über Militäraktionen hin. Als Beispiel sei der Angriff der USA auf ein angebliches Trainingscamp für Terroristen im Westen des Iraks erwähnt. Wie „Al Dschazira“ meldete, handelte es sich in Wirklichkeit um eine Hochzeitsgesellschaft. Bei dem Blutbad wurden 42 Menschen getötet, darunter 14 Kinder, die jünger als zwölf Jahre waren und elf Frauen unterschiedlicher Altersgruppen.
„Al Dschazira“ hat sich darüber hinaus zu einer Informationsquelle auch für die westliche Welt entwickelt. Der arabische Sender hat es vollbracht, den amerikanischen Nachrichtenagenturen – und insbesondere dem Sender „CNN“, dem „offiziellen“ Sender des ersten Golfkriegs – ihre Monopolstellung streitig zu machen.
Das Erscheinen neuer Medien führte seinerseits zu Enthüllungen bei Themen wie den verabscheuenswerten Misshandlungen in Guantanamo oder dem Gefängnis Abu Ghraib. Die Erschrecken erregenden Fotos von irakischen Gefangenen, die durch US-amerikanische Soldaten gefoltert wurden, stellten die Definition jenes Feldzuges als Befreiungskrieg für das irakische Volk in Frage.
Falsche Informationen
Ein weiteres Beispiel der Medienverwirrung ist der im Mai erfolgte Rückzug eines Artikels über Koranschändungen in der amerikanischen Basis auf Guantanamo, der in der Zeitschrift Newsweek veröffentlicht worden war. Die Berichtigung erfolgte nach gewalttätigen Protesten im ganzen arabischen Raum.
Ein ähnlicher Fall beschäftigte vor einem Jahr die britische Zeitung Daily Mirror. Nachdem sie Fotos vermeintlicher Misshandlungen irakischer Gefangener seitens britischer Streitkräfte veröffentlicht hatte, die sich als falsch erwiesen, sah sie sich gezwungen, eine Berichtigung vorzunehmen. Darauf folgte der Rücktritt des Herausgebers.
Sogar die Aufständischen im Irak haben die Medien und die neuen Technologien genutzt, um Furcht und Schrecken unter den amerikanischen Streitkräften und all denen zu verbreiten, die mit der irakischen Übergangsregierung kooperieren. Trotz der Zensur der amerikanischen Regierung sahen wir mit Abscheu zu, wie Entführungsopfer exekutiert und Leichen aus dem Hinterhalt getöteter amerikanischer Soldaten zerstückelt wurden. . . während in den USA die Bilder von Särgen amerikanischer Soldaten zensiert werden, die tot aus dem Irak zurückkehren.
Die Medien spielen eine zentrale Rolle in diesem verabscheuungswürdigen Krieg, und die Journalisten sind die wichtigste Zielscheibe. Fast 60 Reporter sind seit dem Beginn des Kriegs ums Leben gekommen, die meisten unter ihnen Iraker. Weitere 29 wurden entführt.
Heutzutage ist es nicht mehr möglich, wie Sokrates zu sagen: „Ich weiß, dass ich nichts weiß“ um dadurch dem Horror dieses Krieges entgehen zu wollen. Es muss dieser höllischen Matrix ein Ende gesetzt werden, die durch Propaganda, Manipulationen und Fanatismus Orient und Okzident zu Feinden macht. Hierzu brauchen wir unabhängige Journalisten vor Ort, die in der Lage sind, objektiv Bericht zu erstatten, die den Truthahn Truthahn und das Plastik Plastik nennen. Der Kampf gegen den internationalen Terrorismus darf nicht zu einer neuen Matrix ausarten, die die Wahrheit verzerrt und die Menschen entfremdet. Wir müssen diesem Teufelskreis aus Lügen und Verwirrung entfliehen. Mögen wir nicht zulassen, dass sich die Medien in Massenvergiftungswaffen verwandeln. Bleiben wir aufmerksam und kritisch.
Translated from Matrix en Irak