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Didier Awadi: 'Ein anderes Afrika ist möglich'

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Default profile picture claudia stolte

BrunchGesellschaft

Der senegalesische Hip-Hopper, 38, lässt seine Musikerkollegen auf seinem ersten Album "Presidents of Africa" zu Wort kommen und engagiert sich für einen harmonischen schwarzen Kontinent. Begegnung in Dakar.

"Seit Ende der achtziger Jahre engagiere ich mich politisch. Damals ging es im Senegal drunter und drüber. Die Jugend wollte unbedingt ein anderes System, weil die Politik im Land sich allein an Politiker richtete und sich von der Öffentlichkeit völlig abkapselte. Darin fand sich die Jugend nicht wieder. Die Musik war der einzige Weg, um sich ausdrücken zu können und um über öffentliche Angelegenheiten zu diskutieren. So haben wir die Gruppe Positive Black Soul (PBS) ins Leben gerufen. Einige Leute waren schockiert, kritisierten die Art und Weise, in der wir politische Probleme ansprachen und in unseren Liedern rebellierten. Aber eine ganze Generation hat sich darin wiedererkannt."

Mit diesen Worten erinnert sich Didier Awadi, Hip Hop-Ikone im Senegal und darüberhinaus in ganz Westafrika bekannt, an seine Anfänge. Musik und Politik gehen bei Awadi Hand in Hand - "eigentlich schon immer", wie er sagt. "Im Jahr 2000 waren Wahlen im Senegal. Und alle Rapper haben damals für den Machtwechsel gestimmt." Tatsächlich fand anschließend statt, was kaum jemand noch gehofft hatte: Die Demokratische Partei Senegals (PDS) der seit 1960 unabhängigen französischen Kolonie löste mit Abdoulaye Wade die Regierung von Léopold Sédar-Senghor und Abdou Diouf ab. Diese hatte 30 Jahre lang gedauert.

Und seither schnellt auch Didier Awadis Erfolg vor allem bei der westafrikanischen Jugend in die Höhe. 2002 veröffentlicht er sein erstes Soloalbum Kaddu Gor, das in Frankreich unter dem Namen Parole d´honneur ("Ehrenwort") bekannt und mit dem Preis Weltmusik von Radio France Internationale (RFI) ausgezeichnet wurde. 2005 setzt Awadi sein Erfolgsrezept - eine Mischung aus Hip Hop und Politik - in seinem neuen Album Un autre monde est possible ("Eine andere Welt ist möglich") erneut um. Der Name des Albums ist ein Slogan, der auf dem Weltsozialforum in Porto Alegre in Brasilien, entstand. Awadi nimmt inzwischen regelmäßig an diesem Antiglobalisierungsforum teil. Auf dem diesjährigen Gipfel in Nairobi steht der Musiker sogar als Sprecher auf der Gästeliste.

Afrikas Präsidenten

"Wir hatten Einfluss, weil die Jugend uns vertraut hat. Aber Vorsicht: solch ein Vertrauen muss man sich verdienen", mahnt Awadi. Die Verantwortung in Westafrika ist groß. In den meisten Staaten ist mehr als die Hälfte der Bevölkerung unter 25 Jahre alt. Awadi zeigt in seinen Texten, dass er Verantwortung übernehmen möchte. In seinem Studio in Dakar spielt er einige seiner Stücke vor: Zufriedenheit mit der vollendeten Arbeit, aber auch Hoffnung, dass seine Botschaft wieder von den Jugendlichen gehört wird, spiegeln sich dabei auf seinem Gesicht.

Das für 2008 geplante Album Présidents d'Afrique ("Afrikas Präsidenten") vereint die Beiträge verschiedener afrikanischer Rapper und soll darauf aufmerksam machen, wie wichtig ein gemeinsames historisches Erbe und die kontinentale Einheit Afrikas sind. Hinter diesem Album steckt eine unheimliche Fleißarbeit: da hieß es nicht nur, Rapper vom gesamten Kontinent zusammenbringen, sondern auch Schriftdokumente und Videos der Reden afrikanischer Leader aufzutreiben, die in einzelnen Stücken verarbeitet werden konnten. Dazu gehören unter anderem die Reden Patrice Lumumbas, des ersten kongolesischen, 1961 ermordeten Premierministers. Auch Thomas Sankara, ehemaliger Präsident von Burkina Faso, der 1987 ermordet wurde und oft als afrikanischer Che Guevara bezeichnet wird, kommt auf dem Album erneut zu Wort.

Wenn Awadi von den Beziehungen zwischen Europa und Afrika spricht, betont er immer wieder die 'Gettoisierung', der sich viele junge Franzosen mit Migrationshintergrund ausgesetzt sehen. Zum anderen thematisiert er die gemeinsamen politischen Probleme, mit denen die Jugend auf beiden Seiten des Mittelmeers konfrontiert wird. "In meiner Generation herrscht ein reger Austausch. Die Menschen verstehen sich besser über Grenzen hinweg. Die Themen und Sorgen sind oft dieselben, wie zum Beispiel Arbeitslosigkeit oder Umweltschutz. Ich bin oft in Europa und ich finde es fantastisch, welcher Gedankenaustausch, vor allem an der Universität möglich ist. Jetzt versuche ich jedes Mal, meine Tourneen in Europa auch dazu zu nutzen, die Jugendlichen mit Migrationshintergrund zu treffen und zu ermutigen, die sich in Politik und Gesellschaft engagieren."

Denkzettel an Sarkozy

Um kein reiner Aktivist zu sein, muss man trotz allem Vorsicht walten lassen: "Wirklich grundlegend ist, dass man sich selbst nicht zu wichtig nimmt und denkt, man sei der neue Che Guevara. Die Menschen, die vor unserer Bühne stehen und applaudieren, sind zuallererst wegen unserer Musik da. Viele Musiker und Rapper haben ein überdimensionales Ego. Wenn du dich zu ernst nimmst, kannst du leicht ausflippen und darüber den Kampf, für den wir alle eingetreten sind, vergessen."

Sarkozys Rede vom 20. Juli 2007 in Dakar

Auch mit seinem neuen Album wird Awadi einen neuen Baustein zum Bauwerk des afrikanischen Hip Hop beitragen und gleichzeitig eine Generation afrikanischer Künstler unterstützen, die für ein vereinigtes Afrika ohne Komplexe kämpft. "Einige sagen, wir hätten in Afrika kein Geschichtsbewusstsein. Mit diesem Album werden wir ihr Gedächtnis etwas auffrischen", so Awadi belustigt. Er spielt damit auf die Rede des französischen Präsidenten Nicolas Sarkozy vom Juli 2007 in Dakar an. Die Rede war Ursache heftiger Auseinandersetzungen, nicht zuletzt aufgrund einer Aussage des französischen Präsidenten: "Das Drama Afrikas ist, dass der Afrikaner nicht genug in die Geschichte eingegangen ist." Ein Video wird das neue Album begleiten, erklärt Awadi hastig. Es wird Archivbilder zeigen, auf denen die Entdeckung Lucys - des 3,2 Millionen Jahre alten Skeletts - von 1974 in Äthiopien zu sehen ist.

Dider Awadi zur Grenze zwischen Musik und Politik

Interview Didier Awadi Studios Sankara Dakar 24 10 2007

envoyé par alexandrepolack

(Video: Alexandre Polack/cafebabel.com)

(Fotos: http://www.awadimusic.com/)

Translated from Awadi : « Une autre Afrique est possible »