Arta Dobroshi: Wenn ich die ‚Republik Kosovo‘ auf der Bühne vertrete, habe ich schon mal eine Träne im Augenwinkel
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Kathrin FaltermeierDie kosovarische Schauspielerin Arta Dobroshi wurde für ihre Leistung im Film Lornas Schweigen (2008) der Dardenne-Brüder weltweit bekannt und gleich von drei Filmfestivals als “beste Schauspielerin” gekürt.
Die 32-jährige aus Pristina ist gerade zurück aus Los Angeles, wo sie von der Fondation Women's International Film & Television Showcase als beste weibliche Darstellerin für ihre Rolle in Three Worlds ausgezeichnet wurde. Ein Interview.
cafebabel.com: Arta, wie fühlt es sich an, Teil der Shooting Stars zu sein?
Arta Dobroshi: Mein Land konnte mich nicht für Lornas Schweigen nominieren, da der Kosovo nicht in der Organisation European Film Promotion Mitglied ist. Damals waren wir noch nicht einmal ein eigener Staat. Ich frage mich, ob mich Belgien hätte nominieren können? Wie auch immer. Ich schätze es sehr, hier zu sein. Ich kann Regisseure treffen und Kontakte knüpfen. Und selbst wenn ich manche Leute schon kenne, genieße ich es, sie wieder zu treffen. Wir haben viele Termine, zu denen wir gemeinsam gehen - das ist einfacher als Einzelcastings. Die Shooting Stars gibt es seit 1998. Ich erinnere mich, dass ich, als ich 2003 in Berlin war, schon mal eine Broschüre über die Shooting Stars in den Händen hatte.
Teil der Shooting Stars zu sein, bedeutet mir viel, denn so kann ich anderen zeigen, dass sie an ihre Träume glauben sollten. Alles ist möglich, wenn du hartnäckig bleibst und nicht aufgibst, an das zu glauben, was dich glücklich macht. Egal, was das ist. Das ist das erste Mal, dass einer der Shooting Stars aus dem Kosovo kommt. Es ist noch gar nicht so lange her, dass wir einen Krieg hatten. Wenn ich auf die Bühne gerufen werde, und ich dann ‚Republik Kosovo‘ nach meinem Namen höre, habe ich schon mal eine Träne im Augenwinkel. Bislang konnten wir unser Land nie repräsentieren, weil wir keins hatten und weil wir unterdrückt wurden.
cafebabel.com: Bist du oft mit Fragen zu deiner Herkunft und deiner Nationalität konfrontiert?
Arta Dobroshi: Es ist weniger wichtig geworden. Jetzt drehen sich die Fragen mehr um die Schauspielerei. In der Vergangenheit war das aber noch frischer in den Köpfen. Bis 1999 lebte ich quasi in einem Kriegsgebiet, wo es ein Luxus war, sich draußen frei zu bewegen. Hier sind viele wunderbare Leute, die sich um mich kümmern und mir helfen, Kontakte zu knüpfen und Leute zu treffen. Wenn ich daran zurück denke, woher ich komme und welche Erfahrungen ich gemacht habe, schätze ich das gleich noch mehr.
cafebabel.com: Wo ist für dich „zuhause”?
Arta Dobroshi: Bislang habe ich noch keins. Für meinen nächsten Job fliege ich nach New York. Die Welt wächst immer mehr zusammen und heute ist es so einfach, zu reisen. Es fühlt sich so an, als würde ich nur in ein anderes Viertel ziehen und nicht in ein anderes Land. Du kommst an einem Ort an, bleibst dort für einige Wochen oder Monate, und ziehst dann weiter. Dieser Rhythmus hilft, Routine zu bewahren, wie Schwimmen oder Tanzen.
cafebabel.com: Wirst du wieder mit den Dardenne-Brüdern zusammenarbeiten?
Arta Dobroshi: Das würde ich definitiv wieder tun. Erst vor ein paar Tagen haben wir gemailt, da ich für den César Award nominiert wurde. Gerade arbeiten sie an einem neuen Projekt. Normalerweise schreiben sie zwei Jahre lang am Drehbuch, und kümmern sich dann um die Vorproduction des Stoffes.
cafebabel.com: In welche Rollen würdest du gerne schlüpfen?
Arta Dobroshi: Superwoman. Das Frauen Superhelden spielen, kommt nicht oft vor. Seit ich klein bin, liebe ich Superman-Serie, mit der Musik und so weiter. Wir haben das früher ständig angeschaut.
cafebabel.com: Kamst du als Kind viel mit Filmen und Kultur aus dem Westen in Kontakt?
Arta Dobroshi: Ja, vor allem durch das Fernsehen kamen wir viel mit US-amerikanischer Kultur in Berührung. Ich wusste mehr über Amerika als über Europa. Wir sind mit US-amerikanischen Filmen und Musik aufgewachsen. Daher war ich sicher sehr beeinflusst.
cafebabel.com: Ziehen dich US-amerikanische Produktionen immer noch mehr an als europäische?
Arta Dobroshi: Vielleicht. Aber heute ändert die Globalisierung alles. Ich komme gerade aus Los Angeles zurück und dort habe ich gesehen, wie eng zusammen gearbeitet wird. Alles hängt zusammen. Das ist mein Eindruck.
cafebabel.com: Wirst du in den USA als Europäerin gesehen?
Arta Dobroshi: Bislang werde ich einfach als Arta gesehen. Nicht als jemand aus Europa oder vom Balkan, mehr als Individuum. Im Grunde sind wir doch alle sehr verschieden. Zu behaupten: ‚Hier ist eine Grenze und die Person auf der anderen Seite ist ganz anders als du‘ ist lächerlich.
Lest das (ungekürzte) Originalinterview auf Englisch auf dem Berliner cafebabel.com-Blog
Fotos: ©Katarzyna Swierc für cafebabel.com
Translated from Arta Dobroshi: 'It gets emotional when I'm called on stage followed by ‘Republic of Kosovo’'