Alex Metric: der Mann mit der Studiobräune
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Ann-Christin DomsWarum schmiss der 29-jährige britische DJ und Producer seinen Job bei Großbritanniens Radio One? Der Londonder nimmt uns auf seine eigene ganz kurze Reise durch die Elektro-Musik mit, während wir mit Spannung auf sein neues Album "Open Your Eyes" warten. Die namenhafte erste Single, Ergebnis einer faszinierenden Zusammenarbeit mit DJ Angello von Swedish House Mafia, kommt im Januar heraus.
Wir sind die letzten, denen Alex Metric ein Interview gibt. Sein Auftritt bei den Transmusicales in Rennes steht kurz bevor. Er hat Lust auf einen Drink. „Viele meiner Freunde - The Autocrats, South Central, The Whip - alle sagen, dass die Transmusicales beeindruckend seien. Einer der besten Gigs, den sie jemals hatten.“ Alex Metric lacht, als er das sagt. Sein Auftritt ist um drei Uhr, eine eher gemäßigte Zeit in der arbeitsreichen Welt der Wochenendtourneen. „Meist schlafe ich bist Mittag“, erklärt er. „Ich wohne direkt über einem Café, das ein fantastisches Frühstück macht. Danach gehe ich ins Studio bis fünf oder sechs Uhr morgens. In der Woche bin ich im Studio und schreibe die Nächte durch. Am Wochenende stehen Flughäfen und Hotels auf dem Plan. Die Welt der Tourneen. Ich sehe so blass aus. Ich habe eine natürliche Studiobräune!“
Mehr als nur DJ
Alex Metric hat sich in den letzten drei Jahren eher einen Ruf als DJ erarbeitet, Produzent sei er nur beiläufig. In Magazinen und im Radio wird er in einer Familie mit den Franzosen der Elektro-Giganten Justice und Brodinski zitiert. „Die Songs wählen meist mich aus“, sagt der Perfektionist, der schon Titel für die Gorillaz, Bloc Party und Ladyhawke gemixt hat. „Labels werden zu mir kommen. Ich habe das Glück, dass die Menschen meine Remixe lieben, ich kriege richtig gute Titel quasi wie von selbst angeboten. Aber ich wähle sie gut aus. Ich mische nur einen Song, wenn ich ihn mag und ihm etwas geben kann. Manchmal mache ich einen Remix und enthalte ihn anschließend der Öffentlichkeit. Mein Qualitätsanspruch ist wirklich hoch. Wenn der Remix nicht viel besser ist als die letzte Version, dann bringe ich ihn gar nicht erst heraus.“
Den vielen Anerkennungen steht der britische DJ eher bescheiden gegenüber. 2008 wurde Alex Metric von Radio XFM zum „Remixer des Jahres“ gekürt. Auf der Webseite The Music Ninja war er immer unter den Spitzenplätze. „Mir geht’s nicht um die Kohle“, meint er. „Es klingt vielleicht ein wenig anmaßend, wenn ich sage, es geht um die ‚große Kunst‘. Aber wenn du heute gute Platten machst, dann wollen dich die Leute auch. Der Rest kommt dann von selbst.“Der Londoner begann als selbstbekennendes Kind des Britpop-Indie und Systemverweigerer. „Ich hörte Oasis, The Verve, Primal Scream und Spititualised. T in the Park war mein erstes Festival mit 15 Jahren. Ich war bei Paul Weller, Black Grape und Dodgy, meine Lieblingsband als ich jünger war. Als ich in den Backstagebereich kam, wusste ich: Das ist die Szene, da will ich dazugehören. Ich wollte kein Abitur machen und zur Universität gehen. Ich hab’ das schlussendlich nur gemacht, um meinen Eltern einen Gefallen zu tun. Ich bin an eine Hochschule für Musik gegangen und wurde rausgeschmissen. Mit ein paar Musikfreunden hab ich mich dann zusammen getan. Wir spielten in Bands und machten Musik. Ich habe für drei Jahre in Restraurants gejobbt, während ich an einer Basis für meine Musik gebastelt habe.“
In der Festivalszene entdeckte Alex Metric sein Interesse für die Clubs, wo er auch sein Herz an die elektronische Musik verlor. Daft Punk, Digital und Stuart Price haben ihn inspiriert. Sein Geschmack gleicht der Evolutionsgeschichte der Szene. « Ende der 1990er und in den ersten Jahren des 21. Jahrhunderts gipfelte der Elektro in großen Bands wie Basement Jaxx und Underworld. Ich war sowas von geplättet, als ich neulich Tom von den Chemical Brothers sah!“
Dubstep, post-dubstep und Träume
Aber auch die Zeit, als die großen Bands in der elektronischen Musik angesagt waren, ist langsam vorbei. Metric sagt ein Ende des Phänomens, das der UK garage music entsprungen ist, für 2011 voraus. „Die Sache mit dem Elektro ist folgende: Es handelt sich eigentlich um Dubstep. Das ist ok“, sagt Metric höflich. „Alles hat ein Ende. Elektro ist zur Parodie seiner selbst geworden. Mit Respekt an alle in der Szene und die, die Musik mögen, aber sie dachten, Elektro sei der Heiland für alles. Dadurch dass Elektro immer mehr in Richtung Mainstraim tendiert, ist er immer formelhafter und zunehmend unspannend geworden. Wusstest ihr, dass es drum und bass und intelligenten drum and bass gab? Da gibt es nun auch diese neue Sache, die sich post-dubstep nennt. Sie wird in London von Bands wie Mount Kimbie und James Blake gespielt, die im Moment viele Fans haben. Limit To Your Love [von Blake] war ein unglaubliches Album. Aber es ist nicht einmal dubstep - es ist die Idee der Band von dubstep!“
Alex Metric legt seinen pop-tronic Sound seit den letzten fünf oder sechs Jahren auf. Vor kurzem gab in der monatlichen Show 'In New DJs We Trust' des nationalen Pop-Radiosenders Radio One seinen Abschied bekannt, um sich mehr auf das Schreiben und Spielen von Musik zu konzentrieren. „In der Nische rotieren momentan vier bis fünf von uns und ich war bereits anderthalb Jahre dabei. Ich habe dann gedacht, dass meine ganze Karriere sich nur ums Radio dreht, wenn’s am schönsten ist, dann sollte man lieber aufhören. Ich nehme einige Monate Anfang 2011 frei. Das Reisen macht dich müde. Ich bin ziemlich erledigt von dem letzten vollgepackten Jahr. Ich will mich mehr auf das Schreiben konzentrieren und weniger auftreten. Ich will wieder Musik machen. Denn genau deshalb mache ich das ja.“ Aber vermutlich wird er dafür keine Zeit finden. „Leider träume ich oft von Arbeit“, meint er lachend. Ein Hinweis auf den Song "Robot Dreams" seines letzten Albums. Es war einige Jahre in Arbeit und wurde im Radio rauf und runter gespielt. Da Alex Metric seine Radiokarriere an den Nagel gehängt hat, sollten Europas Elektrofanatiker die Augen nach dem neuen Album des Meisters Open Your Eyes offenhalten.
Alex Metrics europäische Musiktipps für 2011
Roger 72 ist ein niederländischer Produzent. « Wir schreiben uns seit zwei Jahren E-Mails und seine Musik ist unglaublich.“
Die schwedische Band Niki and the Dove: „Mother Protect ist ein Hammer-Song.“
Fotos: ©myspace.com/alexmetric, Porträts ©Renata Burns
Translated from Alex Metric: the man with a studio tan