Zum Tod von Margaret Thatcher: Europaskepsis einer Eisernen Lady
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"Eindrucksvolle junge Kandidatin. Redet gut. Gut aussehend. Scharfsinnig, kennt ihr Fach. Beobachten und fördern" - ist in den Parteiakten der Konservativen Partei nachzulesen. Die Rede ist von der jungen Margaret Thatcher, die strebsam die Sprossen ihrer Karriereleiter aufstieg und die europäische Integration lieber im Kellergeschoss gelassen hätte. Die Eiserne Lady verstarb am 8.
April im Alter von 87 Jahren.
Thatcher wusste genau, was sie wollte und ging im höchsten Maße strategisch vor - unabhängig von der öffentlichen Meinung. Sie schaffte beispielsweise kostenlose Milch in Grundschulen ab und wurde fortan zum Milk-Snatcher auserkoren. Doch auch ihre weiblichen Reize setzte sie geschickt ein und ließ schon mal Tränen am Verhandlungstisch fließen.
1979 wurde sie die erste Parteichefin Europas und zugleich die erste Premierministerin Großbritanniens. „Ich bin kein Konsensus-Politiker, ich bin Überzeugungspolitiker“, sagte Thatcher - als sie das Zepter übernahm. Premierministerin „Maggie“ wurde von Radio Moskau in 'die Eiserne Lady' umgetauft. Der Name passt wie angegossen, denn aus ihrem Feldzug gegen die gestärkten Gewerkschaften ging sie als Gewinnerin hervor. Privatisierungen und eine freie Marktwirtschaft gehörten fortan zum politischen Alltag. Obgleich ihre Popularitätswerte sanken, gewann Thatcher 1983 und 1987 zwei weitere Wahlen.
Maggie erschütterte Europa
In den Krieg zog Thatcher nicht nur auf den Falkland-Inseln. Auch in Brüssel hatten ihre Kollegen unter ihren unerbittlichen Forderungen zu leiden. „I want my money back“, ließ Maggie verlauten und ging entschieden gegen eine Ausweitung der Befugnisse auf europäischer Ebene vor. 1988 kritisierte sie im belgischen Brügge lauthals “den europäischen Superstaat und die von Brüssel ausgehende Dominanz”. Ihre Worte sollten Europa erschüttern, denn im Gegensatz zu Maggie, hegt der europäische Kontinent große Visionen in Bezug auf die Europäische Union. Die Eiserne Lady beharrte jedoch auf einer rein wirtschaftlichen Zusammenarbeit.
Handbagging: Maggie Thatcher steckt alle in die Tasche
Ihre Haltung spaltete nicht nur das Festland, sondern auch ihre eigene Partei. Nach einer knapp verfehlten Mehrheit gab sie im November 1990 ihren Rücktritt als Premierministerin bekannt. „Es stört mich nicht, was meine Minister sagen, solange sie tun, was ich ihnen sage“! Der Starrsinn der Eisernen Lady trieb sie in die politische Sackgasse. „Unter Margaret Thatcher haben die Gegner der politischen Einigung Europas die Oberhand gewonnen“, schrieb der Spiegel im November 1990.
Auch wenn sie auf einen Sitz im Parlament 1992 verzichtete, verlor sie den Einfluss auf den harten europäischen Kurs nicht. Vor dem Gipfeltreffen in Maastricht sagte sie ihrem Nachfolger: „Zu meiner Zeit war es nur nötig, ab und zu die Handtasche zu benutzen. Jetzt wird es der Cricket-Schläger sein. Das ist gut, denn es wird hart sein.“ Man mag sich gut vorstellen, wie die britische Lady geradewegs zum Schlag ausholte. „Eine Energiekanone auf Stöckelschuhen, nur mit Perlenkollier und Handtasche bewaffnet, Gottes Freund und aller Welt Feind“, schrieb die Zeit 1990 über die Thatcher, die unfreiwillig das politische Feld in Großbritannien räumen musste. So darf man sie in Erinnerung behalten.
Illustrationen: Teaserbild (cc)Margaret Thatcher Foundation/Wikimedia