Wilders erforscht Grenzen des Rechts
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Der Rechtspopulist Geert Wilders plant einen Film über den Islam und die Niederlande bereiten sich auf Anschläge vor. Während die Regierung ihn zur Verantwortung mahnt, beruft er sich selbst auf die Meinungsfreiheit. Ob diese jedoch seine Aussagen deckt, erscheint einigermaßen fraglich. Dienstag 11.
März 2008
Den Koran bezeichnet er als ein „faschistisches Buch“, das verboten werden sollte. Den Propheten nennt er einen „Extremisten“, den er außer Landes jagen würde. Im Islam sieht er die „größte Bedrohung“ unserer Zeit und warnt vor einem „Tsunami der Islamisierung“. Der niederländische Parlamentsabgeordnete Geert Wilders hat sich in den vergangenen Jahren mit Angriffen gegen den Islam nicht zurückgehalten. Nun plant der Rechtspopulist, der vielfach mit dem 2002 ermordeten Politiker Pim Fortuyn verglichen wird und seit dessen Tod unter ständigem Personenschutz steht, unter dem Titel ‚Fitna’ einen Film über den Islam.
Noch ist nichts über das Projekt bekannt, doch angesichts Wilders’ bisheriger Äußerungen ist nicht zu erwarten, dass der 15-minütige Streifen durch besondere Differenzierung auffallen wird. Vielmehr dürfte ‚Fitna’, was Wilders als ‚Das Böse’ übersetzt wissen will, aber ebenso gut ‚Spaltung’ oder ‚Anarchie’ bedeuten kann, eine Umsetzung seiner Hetzreden in Bilder sein. Die niederländischen Fernsehstationen haben es daher folgerichtig abgelehnt, den Film auszustrahlen. Wilders plant nun, das Werk auf einer eigenen Internetseite sowie auf Youtube der Öffentlichkeit zugänglich zu machen.
Furcht vor einer Wiederholung der Karikaturenkrise
In der Politik reicht die Angst, dass eine Veröffentlichung zu ähnlichen Unruhen wie nach den dänischen Mohammed-Karikaturen im Februar 2006 führen könnte, mittlerweile so weit, dass Ministerpräsident Jan Balkenende Wilders nahegelegt hat, auf eine Ausstrahlung des Films zu verzichten. Er respektiere das Recht zur freien Meinungsäußerung, sagte Balkenende, doch sei es auch an Wilders, sie verantwortlich zu nutzen. Vergangene Woche hat der Staat die Einschätzung der Terrorgefahr um eine Stufe angehoben und seine Botschaften vor drohenden Angriffen aufgebrachter Muslime gewarnt.
Angesichts der Kritik sind Wilders nun der holländische Schriftsteller Leon de Winter und der dänische Karikaturist Kurt Westergaard zur Seite gesprungen. Westergaard hat als Autor einer der umstrittenen Mohammed-Karikaturen selbst den Zorn vieler Muslime auf sich gezogen. Seiner Ansicht nach dürfe niemals die Meinungsfreiheit eingeschränkt werden. Doch genau hier entzündet sich der Streit: Fallen Aussagen, die den Koran mit Hitlers ‚Mein Kampf’ vergleichen und damit die Muslime in die Nähe des Nationalsozialismus rücken, noch unter die legitime Ausübung der Meinungsfreiheit?
Auch die Meinungsfreiheit hat Grenzen
Als Volksverhetzung wird im deutschen Strafgesetzbuch (§130 StGb) definiert, wenn jemand mit Worten oder Schriften in einer Weise, die „geeignet ist, den öffentlichen Frieden zu stören (…) zum Hass gegen Teile der Bevölkerung oder gegen eine nationale, rassische, religiöse oder durch ihr Volkstum bestimmte Gruppe aufstacheln (…) oder die Menschenwürde anderer dadurch angreifen, dass Teile der Bevölkerung oder eine vorbezeichnete Gruppe beschimpft, böswillig verächtlich gemacht oder verleumdet werden“. Es ist demnach nicht auszuschließen, dass Wilders Aussagen in Deutschland strafbar wären.
Auch auf europäischer Ebene gilt seit dem gemeinsamen Beschluss der Justizminister von April 2007 eine Strafvorschrift, die neben rassistischer und fremdenfeindlicher Hetze sowie der Billigung oder Leugnung von Völkermord und Kriegsverbrechen allgemein die Aufstachelung zu Hass und Gewalt gegen Menschen anderer Rasse, Hautfarbe oder Religion unter Strafe stellt, sofern die Äußerungen den öffentlichen Frieden stört. Dass Wilders Film sowohl zum Hass aufstachelt als auch den öffentlichen Frieden gefährdet, erscheint derzeit durchaus gegeben.
Angesichts anti-islamischer Ausfälle von Populisten wie Wilders muss man sich fragen, ob hier nicht die Meinungsfreiheit zu weit ausgelegt wird. Längst ist deutlich, dass islamfeindliche Tendenzen zunehmend Verbreitung finden in der Bevölkerung. Wenn Politiker bewusst solche Tendenzen verstärken, muss dies als einigermaßen gefährlich gelten – und das nicht nur, weil sie damit islamistische Fanatiker zu Gewaltakten provozieren könnten. Ähnliche Äußerungen über das Judentum sind aus gutem Grund undenkbar. Schließlich hat die Geschichte gezeigt, wozu solche Hetze führen kann.