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Wie im Märchen: Dänen sind die glücklichsten Europäer

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Gesellschaft

Zahlreichen Studien zufolge seien die Dänen die glücklichsten Bewohner des Alten Kontinents. Die sagenumwobene Heimat von Andersen und Hamlet wächst all jenen ans Herz, die dort arbeiten und studieren.

Dänemark ist wirklich ein Märchenland, und nicht nur, weil das Land die Geburtsstätte von Hans Christian Andersen ist: eine stabile Wirtschaftslage, Gleichberechtigung und soziale Gerechtigkeit sind die Schlüssel zum Erfolg für das glücklichste Volk der Welt. Trotz des melancholischen, erdrückenden Himmels, des andauernden Nieselregens und der schnellen Wolken, die durch einen beinahe unaufhaltsamen Wind angeschoben werden, zieht das kleine dänische Reich die Aufmerksamkeit vieler auf sich, die sich in Anbetracht des Landes mit der gleichberechtigten und modernen Gesellschaft dazu entschließen, einen Teil ihrer Studienzeit dort zu verbringen oder sich definitiv in der Heimat Hamlets niederzulassen.

Dänemark ist der Ausläufer Europas im Norden und gilt als kulturelle Brücke zwischen dem Festland und den skandinavischen Ländern, mit denen es nicht nur die Geschichte und die Kultur teilt, sondern auch das System des Wohlfahrtstaates, für das diese Länder bekannt und auf das sie besonders stolz sind. Der Steuerdruck ist mit 48,9% (Angaben der OECD) sehr hoch, die Steuerflucht hingegen sehr gering. So kann sich das Land die Aufrechterhaltung eines äußerst kostspieligen, aber auch beneidenswerten Dienstleistungssektors mit öffentlichen Einrichtungen erlauben.

Das Studentenleben in Dänemark

Für EU-Bürger ist das Studieren in Dänemark kostenlos und die Einrichtungen sind perfekt ausgerüstet: riesige Hörsäle, Ruhezonen und Computerräume mit hunderten gratis Fotokopien pro Semester für jeden Studenten. „Hier gibt es Geräte und Forschungslabore, von denen man in Bologna nur träumen kann“, bringt es Alessandro, ein italienischer Diplomand in Aalborg, auf den Punkt. Der dänische Staat gibt Millionen Kronen jährlich für die Einrichtungen, aber auch direkt für die Bürger aus: Die Dänen erhalten eine staatliche Studienbeihilfe, die sogenannte „SU“, in Höhe von 5.000 Kronen (rund 700 Euro) monatlich. Mit einem Studentenjob und einem Vertrag über fünfzehn Stunden wöchentlich kommt man also schon finanziell unabhängig über die Runden.

Sobald man sein Studium beginnt, verlässt man das mütterliche Nest, um sein eigenes Leben zu beginnen, wohlbehütet durch den sozialdemokratischen Staat. Die jungen Dänen werden verwöhnt oder besser gesagt sanft zum Erwachsenenalter hin begleitet. Auch deshalb haben die Studenten keine Eile mit dem Abschluss, sie gönnen sich ein oder mehrere Sabbatjahre und es ist alles andere als ungewöhnlich, dass man mit knapp 30 wieder das Studium aufnimmt, nachdem man fünf Jahre lang hier und dort auf der Welt gejobbt hat.

Licht und Schatten des glücklichsten Volkes der Welt

Der Wettbewerbsgeist ist in Dänemark kaum präsent: Die Kinder genießen eine sorgenfreie Kindheit ohne Druck und mit der Gewissheit, dass “Platz genug für alle” ist. Es ist nicht nötig, seinen Nächsten zu überrennen oder mit falschen Karten zu spielen, um einen Job zu ergattern. Die Jugendlichen in Dänemark können ihren eigenen Lebensweg gehen: Sie haben Zeit zu reisen, die Welt zu erkunden und Entdeckungen zu machen ehe sie erwachsen werden und eine Familie gründen.

Die dänische Langatmigkeit gilt aber nicht für den Bierkonsum, der einer der höchsten weltweit ist. Wie auch das restliche Skandinavien leide Dänemark unter den sozialen Problemen im Zusammenhang mit dem exzessiven Alkoholkonsum, so Moritz, ein deutscher Erasmusstudent: „Man muss mindestens fünf Bier mit jemandem getrunken haben, um Freundschaften zu schließen oder auch nur den anderen kennenzulernen.“ Man trinkt nicht nur aus Gewohnheit, der wöchentliche Rausch ist auch eine weit verbreitete Methode, die Hemmungen zu verlieren und „sich gehen zu lassen“ bestätigt Asta, eine litauische Studentin, die seit drei Monaten in Dänemark ist.

Ein heikles Gleichgewicht

Einige Ausländer sind der Ansicht, die Dänen seien so verwöhnt, dass sie ihr Glück nicht zu schätzen wüssten. Andere hingegen finden, dass sie sich dieses „Glücks“ sehr wohl bewusst seien und dass sie es als ihr Recht ansehen, das es unbedingt zu verteidigen gilt. Die misstrauische Haltung Dänemarks gegenüber dem europäischen Projekt beruht auf der Angst, dass eine gemeinsame Identität das so beneidenswerte „dänische Modell“ gefährden oder ihm per Dekret gar ein Ende setzen würde. Dieses Modell ist nämlich ein wertvolles und delikates Gleichgewicht, das durch die Einwanderungswellen in den letzten Jahrzehnten auf eine harte Probe gestellt wird: Am 9. November dieses Jahres berichtete die Tageszeitung Politiken, dass die dänische Regierung 2,7 Millionen Euro des Staatsetats für die Abschiebung von Nicht-EU-Bürgern, die auf die ständige Aufenthaltsgenehmigung verzichten, ausgab.

Seit 2007, dem Rekordjahr, was die Einwanderung in das skandinavische Land anbelangt, wurden striktere Regelungen zur Aufenthaltsgenehmigung und zum Antrag der Staatsbürgerschaft eingeführt, die die nationalistische Danske Folkeparti (Dänische Volkspartei) vehement gefordert hatte.

Das Märchenland hat schöne, glückliche, freundliche und hilfsbereite Untertanen. Und wenngleich das hohe Maß an Zurückhaltung ein Hindernis für die zwischenmenschlichen Beziehungen und die Integration darstellt, fehlt es den Dänen gewiss nicht an Offenheit und modernem Geist. Bleibt zu hoffen, dass aus dem Schloss keine Festung wird!

Translated from Vivere in Danimarca tra fiaba e realtà