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Weltbühne Speyer. Die Ära der großen Staatsbesuche

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Gerda Hutt

Das Historische Museum der Pfalz zeigt noch bis zum 29. Juli 2018 in Zusammenarbeit mit dem Kulturellen Erbe – Stadtarchiv Speyer, eine Foto-Ausstellung, die die Besuche internationaler Politiker, geistlicher Würdenträger und Monarchen von 1984 bis 1999 vergegenwärtigen. Es sind rund 80 Fotografien zu insgesamt 19 Staatsbesuchen und großen Events zu sehen.

Helmut Kohl verband den europäischen Gedanken mit seiner Pfälzer Heimat. Er kam während seiner Kanzlerschaft mit vielen Politikern nach Speyer. So wurde die relativ kleine Stadt - wie bereits im Mittelalter unter den Saliern (1027–1125)   -  erneut Begegnungsstätte der Mächtigen der Welt. Der langjährige CDU Bundeskanzler und Ehrenbürger Europas lud seine Staatsgäste nach Speyer ein, um ihnen Deutschlands größtes romanisches Bauwerk, den Kaiserdom, zu zeigen. 

Inzwischen ist er dort begraben und ein Besuch es Grabes lässt sich mit einem Besuch der Ausstellung verbinden. 

Speyrer Dom steht für Beständigkeit, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft

Helmut Kohl wählte diesen Ort mit Bedacht aus. Er wollte an diesem historischen Ort den großen Staatsmännern seine Idee eines geeinten Europas nahebringen. Der Dom ist ein Bauwerk von europaweiter Bedeutung und liegt mitten in der Pfalz.  Er führt die beiden Pole Heimatverbundenheit und europäische Verortung idealtypisch zusammen. Mit seiner fast tausendjährigen Geschichte steht der Dom für Beständigkeit, Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Der sakrale Bau ist eine Stätte gelebten Glaubens und verkörpert eine auf dem Christentum basierende Wertegemeinschaft.

Politische Größen: Boris Jelzin, Michael Gorbatschow und George H.W. Bush

Ein Großteil der Aufnahmen stammt von den Pressefotografen Bettina Deuter und Fred Runck, die die Speyerer Stadtgeschichte über mehrere Jahrzehnte dokumentierten. Die Fotos zeugen von den Besuchen politischer Größen wie Boris Jelzin, Michail Gorbatschow und George H. W. Bush sowie Jacques Chirac und Margaret Thatcher um nur einige zu nennen.

30. April 1989: Die Eiserne Lady Margret Thatcher führte Helmut Kohl durch den Speyrer Dom. Der Domschatz, besonders der Goldring aus dem Grab Heinrichs IV., gefielen ihr sehr gut.  Die Beziehung zwischen Kohl und Thatcher war angespannt. Die englische Lady war der deutschen Wiedervereinigungspolitik gegenüber skeptisch. Sie befürchtete, dass ein geeintes Deutschland wieder zu einer Gefahr werden könnte. Den Besuch in Speyer am Rhein bezeichnet sie später als „gemütlich“. Seit diesem Besuch war das Essen im Deidesheimer Hof, meist Pfälzer Saumagen -  Kohls Leibspeise, für Gäste von Bundeskanzler Kohl fester Bestandteil des Programms.

10. November 1990: Michail Gorbatschow leitete als Generalsekretär der KPdSU und Staatspräsident einen Demokratisierungsprozess in der UdSSR ein, der zu einem massiven Machtverlust der Kommunistischen Partei und letztendlich den Zusammenbruch des Ostblocks zur Folge hatte. Er genoss in der Bundesrepublik damals eine große Popularität, die in der Gorbimanie zum Ausdruck kam. Er wurde mit „Viel Glück Gorbi“ und „Danke Gorbi“ bejubelt.

18. November 1990: Eine Woche später begrüßten die Speyrer den US-Präsidenten George H. W. Bush in ihrer Stadt. Die Visiten der beiden Staatspräsidenten schlossen lange diplomatische Verhandlungen ab, um die Deutsche Einheit zu erreichen. Beide Besuche innerhalb von einer Woche bewertete der Amerikaner Bush als „Zeichen der Zeit“. Bush wurde mit Plakaten wie „Thank you for the open wall in Berlin“, aber auch mit „No blood for oil“ empfangen. „Kein Blut für Öl“ bezog sich auf den sich anbahnenden Krieg am Persischen Golf. Hier hatte der Iraker Saddam Hussein das Emirat Kuwait überfallen.

Geistliche Würdenträger: Papst Johannes Paul II, Kardinal Ratzinger (Papst Benedikt XIV.)

Geistliche Würdenträger wie Papst Johannes Paul II. und Kurienkardinal Joseph Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI., lockten während Kohls Amtszeit ebenfalls Menschenmassen auf die Straßen und vor den Dom.

04.05.1987: Johannes Paul II., besuchte auf Initiative von Bischof Anton Schlembach die Domstadt. Der Speyerer Bischof hatte den Papst eingeladen, weil dieser im Rahmen seiner zweiten Deutschlandreise beabsichtigte, die Karmelitin Edith Stein in Köln selig zu sprechen. Edith Stein lebte und wirkte viele Jahre in der Domstadt und ist noch vielen in guter Erinnerung.

Über 60.000 Zuschauer begrüßten den Heiligen Vater bei regnerischem und kaltem Wetter. Nach der  Fahrt mit dem Papa Mobil durch die Maximilianstraße betete Johannes Paul II. im Dom vor der Marienstatue. Höhepunkt war eine Messe vor dem Dom. Das Thema seiner Predigt war „Die Verantwortung der Christen für Europa“ Sie wurde live im ZDF übertragen.

02./03.06.1990: Joseph Kardinal Ratzinger, besuchte auf Einladung von Bischof Anton Schlembach Speyer an Pfingsten 1990. Der Anlass für die Einladung waren die Feierlichkeiten zum 2000-jährigen Bestehen von Speyer. Höhepunkt der kirchlichen Jubiläumsbeiträge war die Feier des Pfingstfestes. Sie war ganz auf den Europagedanken ausgerichtet war. Durch den nur kurze Zeit zurückliegenden Mauerfall hatte der Europagedanke eine besondere Aktualität. Gemeinsam mit 17 weiteren ost- und westeuropäischen Kardinälen und Bischöfen feierte Ratzinger am Pfingstsonntag den Festgottesdienst im Speyerer Dom. Für Ratzinger war der Speyerer Dom „Symbol des europäischen Geistes und Wegweiser in ein gesegnetes neues Jahrtausend.“

Königlicher Glanz Juan Carlos und Sophia von Spanien

17.07.1997: Königlichen Glanz verliehen Juan Carlos und Sophia von Spanien der Stadt, die als erste Monarchen seit Kaiser Wilhelm II. und König Ludwig III. die Stadt am Rhein bereisten. Ein Jahr zuvor besuchte im Oktober 1996 der spanische Ministerpräsident José María Aznar die Stadt.

Dr. Alexander Schubert, Direktor des Historischen Museums der Pfalz

„Die 80er und 90er Jahre waren nicht nur geprägt vom Ende des Kalten Krieges, vom Fall des Eisernen Vorhangs, der Wiedervereinigung Deutschlands und der Europäischen Einigung. Es waren zugleich auch die letzten beiden Jahrzehnte vor der digitalen Revolution, deren Ausmaße wir noch nicht vollständig erahnen können. Das Leben war deshalb in dieser Zeit von völlig anderen Epochensignaturen gekennzeichnet.“

Abschied von der Weltbühne: Der Große Zapfenstreich

17. Oktober 1998: Vor dem Kaiserdom verabschiedete die Bundeswehr Bundeskanzler Helmut Kohl nach sechzehnjähriger Amtszeit. Er wurde mit der in Deutschland höchsten Form des militärischen Zeremoniells – dem Großen Zapfenstreich – geehrt. Über 20.000 Menschen drängten sich auf dem Festplatz unterhalb des Doms und wohnten der Feier bei, die live im Fernsehen übertragen wurde. Mit dieser Zeremonie endeten auch 16 glanzvolle Jahre für Speyer und die Pfalz, in denen Helmut Kohl vielen Staatsgästen seine Heimat näherbrachte. Die Dokumentation endet mit dem Besuch von Prinz Hitachi, dem Bruder des japanischen Kaisers am 23.03.1999.

Wandtexte erläutern die Geschichte von Speyer und Deutschland

Die Ausstellung zeigt die Bilder im politischen Zusammenhang. Anhand von Wandtexten kann der Besucher/in die Geschichte nachlesen von Speyer und dem Dom.  Des Weiteren sind Filmsequenzen ausgewählter Besuche des Rhein-Neckar-Fernsehens und Karikaturen von Hans-Günter Glaser zu sehen. Weitere Zeitzeugnisse wie die Goldenen Bücher der Stadt Speyer und das Gewand, das Johannes Paul II. bei der Messe in Speyer trug, ergänzen die Ausstellung. An einem Kiosk kann der Besucher zeitgenössische Zeitungen und Zeitschriften aus den 80er und 90er Jahren anschauen.

Öffnungszeiten: Dienstag bis Sonntag von 10 bis 18 Uhr. 

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Gerda Hutt

Von Beruf bin ich Redakteurin. Nach dem Studium (Politische Wissenschaften, Geschichte, Germanistik) an der RWTH Aachen mit dem Abschluss M. A. habe ich einige Jahre als freie Journalistin für örtliche Tageszeitungen im Zollern-Alb-Kreis gearbeitet. Schreiben und fotografieren waren meine Hauptbeschäftigung. Als die Computer Einzug hielten, absolvierte ich in Mannheim eine ungefähr ein Jahr dauernde EDV-Ausbildung. Mit diesen Kenntnissen begann ich bei einer größeren EDV Monatszeitschrift in München eine Ausbildung und wurde zur Redakteurin. Meine Schwerpunkte waren Textverarbeitung und Datenbanken. Ich kam viel in der Welt herum, bis ins Silicon Valley in den USA. Später war ich als Redakteurin für das Blaue Who is Who in München tätig und dann als Distric-Sales-Managerin. In dieser Zeit war ich öfters in der österreichischen Hauptstadt. Inzwischen bin ich in Mannheim ansässig und habe ein TextBüro. Wenn ich nicht gerade einen Text oder eine wissenschaftliche Arbeit Korrektur lese, dann schreibe ich Artikel oder Kurzgeschichten. Schwerpunkt sind Ausstellungen.