Warum deutsche Männer nicht flirten? Ein deutscher Mann kontert
Published on
Vor ein paar Tagen entdeckte ich im Netz den Artikel „Warum deutsche Männer nicht flirten“. Der Titel stammte von einer jungen Britin, die ihre Erfahrungen mit den deutschen Männern darlegt. Oft lese ich von Frauen, dass Deutschland in Sachen Flirten geradezu ein Entwicklungsland ist. Doch woran liegt das und vor allem: Wo sind die emanzipierten Frauen in Sachen Flirt?
Wenn man der Medienlandschaft glaubt, sieht es tatsächlich ziemlich düster zwischen den Geschlechtern in Deutschland aus. Denn diese finden einfach nicht mehr zueinander. Man liest und hört oft die Phrase „Es gibt heute so viele Singles wie nie zuvor“. Genau belegt ist es natürlich nicht, aber wenn man etwas aufmerksamer am Leben einer deutschen Großstadt teilnimmt, dann kann man diese Aussage durchaus abnicken.
An und für sich ist Single sein ja kein Problem. Wer Freiheit liebt und wen die Verantwortung einer Beziehung belasten würde, der schätzt das moderne Singleleben. Glaubt man hier wieder den Medien, ist genau das aber bei den meisten Singles in Deutschland nicht der Fall. Eigentlich absurd: Männer wollen Frauen, Frauen wollen Männer, ungebunden sind so viele wie nie zuvor – wo liegt also das Problem?
Flirtwüste Deutschland
Die weibliche Sicht auf das Problem wird in den Medien oft und sehr genau publiziert. So auch in dem eingangs erwähnten Kommentar der jungen Britin in Berlin, die einfach kein deutscher Mann ansprechen wollte. Machen wir uns nichts vor – da hat sie Recht! Viele Männer haben heute absolut keine Vorstellung mehr davon, wie sie mit einer Frau in Kontakt treten sollen.
Da wir Männer es pragmatisch mögen, wäre es doch eigentlich ganz unser Stil eine attraktive Frau einfach anzusprechen. Doch – die meisten Männer würden offensichtlich lieber mit Kettensägen jonglieren, als ‚Hallo‘ zu einer fremden Frau zu sagen. Diese Kritik der Frauen müssen wir uns wohl gefallen lassen. Doch warum verhalten sich die Männer heute so? Könnte der Ursprung zum Teil im Feminismus liegen, der uns Männer in den ärgsten Auswüchsen als Kriegstreibende, gewalttätige und unsensible Neandertaler darstellt? Der uns ständig unterstellt, dass wir Frauen nur als Lustobjekte sehen. Der Frauen als unfehlbare Göttinnen darstellt, gegenüber denen man als Mann schon eine Geburtsschuld auf sich geladen hat?
Ich bin zwar Wirtschaftsingenieur und kein Psychologe, aber ich könnte mir folgendes vorstellen: Wenn man diese Vorwürfe nimmt und sie in einer ungeheuren Masse von Medienformaten verwurstet und eine Bevölkerung dann konstant damit konfrontiert, dann könnte das theoretisch zu leicht eingeschüchtertem und asexuellem Verhalten der Männer gegenüber Frauen führen.
Diese kühne Theorie scheint bereits Anklang gefunden zu haben. Denn es gibt massenweise Flirtseminare, in denen das Erfolgsrezept schlicht und ergreifend ‚Männlichkeit‘ heißt. Mit Krieg und sexueller Belästigung hat das wenig zu tun, dafür stehen eher Selbstbewusstsein, Offenheit und Respekt auf dem Lehrplan. Dass sich tatsächliche Männlichkeit wenig mit den Vorstellungen aus dem Feminismus deckt, ist hier nicht der Knackpunkt.
Das Wichtige ist – Männer arbeiten an dem Problem!
Sie investieren viel Geduld und oft auch eine Menge Geld, um wieder offen und liebevoll auf das andere Geschlecht zuzugehen. Doch was geschieht auf weiblicher Seite? Ist denn hier nie die Saat der Emanzipation gereift, die den 'neuen Alphamädchen'‚ genug Selbstbewusstsein gegeben hat, um von sich aus auf Männer zuzugehen? Offensichtlich nicht, denn von zig selbstbewussten und erfolgreichen Frauen, die ich kenne, traut sich genau eine einzige auf Männer zuzugehen.
Emanzipation hin oder her – auf weiblicher Seite herrscht auch heute noch der alte Grundsatz, die Initiative beim Flirt muss vom Mann ausgehen. Klingt nach wenig Annährung von Seiten der weiblichen Front. Aber gut – so war es schon immer und früher hat es ja auch gut geklappt.
Aber – statt sich anzunähern, scheinen die Frauen sich von den Männern immer mehr zu entfernen. Früher bekundete eine Frau wenigstens noch durch subtile Gesten ihr Interesse an einem Mann – heute ist es maximal ein verstohlener Blick, der dem Mann suggerieren soll, dass er der Frau gefällt. Dass der fast immer übersehen oder ignoriert wird, ist wenig verwunderlich. So verbleibt die emanzipierte Frau passiv und bekommt selten Aufmerksamkeit von Männern, die sie wirklich interessieren, aber dafür mehr von denjenigen, die sich genug Mut angetrunken haben, um trotz aller Vorwürfe des Feminismus eine Frau anzusprechen. So schafft eine Frau dann auch das Kunststück, aus einem Lokal mit genügend gebildeten Gentlemen mit der Meinung nach Hause zu gehen, dass alle Männer saufende Idioten wären.
Wenn mich übrigens mal wieder eine Frau fragt, was heute bloß los sei und dass sie nie angesprochen werde, gebe ich ihr den Tipp, den Autor und Verführungscoach Maximilian Pütz einer Anruferin im SWR gab: Es mag nicht Aufgabe der Frau sein die Initiative zu ergreifen und den Mann anzusprechen. Sie solle ihm aber Interesse signalisieren, indem sie ihn einfach mal anlächelt. Das muss ein wahrer Zaubertrick sein, denn sowohl die Anruferin als auch die Frauen, denen ich den Tipp gab, waren total perplex wie viele interessante Männer sie auf einmal angesprochen haben.
Dass der Großteil der deutschen Männer sich schwer damit tut auf Frauen zuzugehen, ist eine Kritik, die wir uns von den Frauen gefallen lassen müssen. Von der Jäger-Rolle im sexuellen Räuber-Beute-Spiel sind die Frauen trotz aller Emanzipation allerdings noch weit entfernt, außer man bezieht es auf‘s Davonjagen.
Aber auch wenn es typisch deutsch sein mag, die Fehler hier nur beim Anderen zu suchen, wird die Geschlechter nicht wieder zusammenführen. Hier ist eindeutig Selbstkritik und Selbstentwicklung gefragt. Viele Männer in Deutschland haben bereits damit begonnen. Vielleicht wird es Zeit, dass auch die Frauen damit beginnen.
Illustrationen: Homepage (cc)Solokom/flickr; Emanzipation (cc)cliff1066™/flickr; Video (cc)WirSindHeldenVEVO/YouTube