Wahlen in Mazedonien: Nach der Revolution die Reform
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Juliane BüchnerNach monatelangen Fehlstarts können die Mazedonier diesen Sonntag endlich wählen gehen. Wir werfen einen Blick auf die Situation in der ehemaligen jugoslawischen Republik und erklären, warum diese Parlamentswahlen genauso wichtig sind wie alle westeuropäischen Wahlen im Jahr 2016.
Am 11. Dezember finden in Mazedonien frühe Parlamentswahlen statt, die das politische Durcheinander lösen sollen, das seit Februar 2015 herrscht. Trotz mehrfacher Versuche die Wahlen früher abzuhalten, wurde der Termin immer wieder verschoben. Die Hauptgründe dafür waren Unregelmäßigkeiten im Wählerverzeichnis und die bestenfalls unausgeglichene Darstellung der Oppositionsparteien in den nationalen Medien. Eine Übergangsregierung wurde 2015 eingesetzt, um diese Probleme in Angriff zu nehmen und faire demokratische Wahlen zu organisieren.
Auf die politische Krise folgte ein Abhörskandal. Die Gespräche von zehntausenden Menschen, darunter Politiker, Journalisten und NGO-Mitarbeiter, wurden überwacht. Die Aufnahmen lieferten erschreckende Beweise, dass mehrere Spitzenpolitiker aus der Regierung und ihre Vertrauten in schwere kriminelle Aktivitäten involviert waren, darunter die Manipulation der Wahlen 2014, Beeinflussung der Justiz, Einschüchterung und Kontrolle der Medien und die Vertuschung eines Mordes an einem jungen Mann durch einen Polizisten.
Der Skandal löste eine starke Bürgerbewegung aus. Die Menschen protestierten gegen die mazedonischen Eliten und die jahrzehntelange Korruption, Vetternwirtschaft, steigende Armut und Menschenrechtsverletzungen. International wurde die Bewegung als Bunte Revolution bekannt. Sie hat es auch vermocht, dass die Wahlen jetzt reibungslos ablaufen und dass Fortschritt und wichtige Themen in den Mittelpunkt gerückt werden. Viel steht auf dem Spiel.
Warum sind die Wahlen so wichtig für Mazedonien?
Mazedonien gehört zu den vielen osteuropäischen Ländern, die immer noch mit der Umstellung nach dem Zusammenbruch der Jugoslawischen Republik in den 1990ern zu kämpfen haben. Nun hat das Land die Gelegenheit, sein größtes Problem zu lösen: die jahrzehntelange Regierung der ethnischen Koalition aus VMRO DPMNE (mazedonisch) und BDI (albanisch). Diese Parteien unter der Leitung von Nikola Gruevski (VMRO DPMNE) und Ali Ahmeti (BDI) haben entgegengesetzte politische Ideologien: konservativ und euroskeptisch stehen gegen liberal und pro-europäisch. Im Großen und Ganzen hat ihre Koalition nur in kleineren Fragen erfolgreich verhandelt, konnte aber weder inter-ethnische Konflikte lösen noch Mazedoniens Integration in Europa vorantreiben.
Ihre Regierungskoalition war gekennzeichnet von Vorwürfen des Wahlbetrugs, Distanzierung von der EU und der NATO, Förderung ethnischer Konflikte, Begrenzung der Freiheiten. Die soziale Ungleichheit ging durch die Decke und die massive Auswanderung aus dem Land wurde zum Problem. Auf der internationalen Ebene vertiefte VMRO DPMNE die Euro-Skepsis und Fremdenfeindlichkeit in der öffentlichen Meinung, schlug einen Richtungswechsel zum Osten und in Richtung Russland vor. Die populistische Rhetorik in ganz Europa ist ansteckend: auch die politische Elite in Mazedonien scheint dem Populismus nicht abgeneigt zu sein.
Aus dieser Situation heraus wurde der Ruf nach einer breiteren Oppositionsfront laut, die jetzt von den linksgerichteten Sozialdemokraten angeführt wird. Verschiedene Koalitionen hoffen auf eine Mehrheit der Stimmen, sowohl aus dem mazedonischen als auch aus dem albanischen Wählerkreis. Die ethnische Minderheit der Albaner wird als potenzieller Entscheidungsträger gehandelt, da Albaner ein Viertel der mazedonischen Bevölkerung ausmachen. Wenn das Ergebnis knapp ausfällt, könnten sie die neue Regierung bestimmen.
Da Umfragen und Medien oft unter dem Einfluss der Regierung kontrolliert und manipuliert werden, kann man den Ausgang der Abstimmung noch kaum vorhersagen. Mazedonien braucht eine Wahl, die den Willen der Bevölkerung widerspiegelt. Diese Wahl wird von unten bestimmt. Das Land hat bewiesen, dass es zur Revolution bereit ist, aber jetzt geht es an Reformen.
Translated from Macedonian elections: First revolution, now reform