Von Europawahlen und Grenzen(losigkeit): ein persönliches Plaidoyer für mehr Interesse an der EU
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Am Sonntag wird in Luxemburg gewählt. Nicht nur die nationalen Wahlen stehen an, nein wir werden auch über unsere Europaabgeordnete abstimmen. Ein Glück, dass wir in Luxemburg Wahlpflicht haben. Denn Europa scheint auch in Krisenzeiten die Menschen nicht wirklich zu bewegen. Seit den Siebzigern dürfen alle Europabürger ihre Parlamentarier nach Straßburg entsenden. Dürfen - oder müssen.
In Luxemburg gilt auch für die Europawahlen Wahlpflicht. Wer dem Aufruf nicht folgt, muss – zumindest theoretisch – Strafe zahlen oder könnte sogar ins Gefängnis kommen.
Ich als überzeugte Europäerin, finde es gut, dass es in Luxemburg so etwas wie Wahlpflicht gibt. Ich finde, es müsste sie überall in Europa geben. Denn dann würden sich seine Einwohner vielleicht auch einmal, wenigstens ein bisschen, mit der EU auseinandersetzen. Es ist erschreckend, wie wenig die meisten unserer Mitbürger immer noch über die Union wissen. Ein riesiger Apparat, der sich selbst lächerlich macht, weil er sich nur über den Gekrümmtheitsgrad von Gurken oder mit der Beschaffenheit von Äpfeln abgibt. Wer tut eigentlich was in Europa- mir doch egal, weil es mich als einfachen Bürger ja sowieso nicht betrifft.
Doch genau da liegt der Hund begraben. Denn Europa betrifft und in unserem Alltag. Die EU hat uns das Leben in den letzten fünfzig Jahren erheblich leichter gemacht. Seit ein paar Jahrzehnten können wir uns in (fast) ganz Europa frei bewegen. Vorbei sind die Zeiten, wo man im Sommer stundenlang an der französischen Grenze Schlange stand, um an der Côte d’Azur Urlaub zu machen. Klar, dieses Argument mag für viele lapidar und ausgelutscht klingen. Weil es wohl das meist zitierte Beispiel ist, wenn es um die Vorteile der EU geht.
Aber für mich ist und bleibt diese Freiheit eins der größten Erfolge in der Geschichte Europas. Für jemand, der in Luxemburg lebt, ist ein Leben ohne Grenzen fast nicht mehr denkbar. Immerhin ist es immer nur ne halbe Stunde bis zur nächsten Grenze. Schnell mal rüber nach Trier zu einer Shoppingtour, oder zum Kylie Minogue Konzert nach Amnéville; darauf würden die meisten heute wohl ungern verzichten.
Seit ein paar Monaten arbeite ich mit einer Neuseeländerin zusammen. Als ich zum ersten Mal mit ihr und ihrem Mann nach Perl zum Aldi bin, sind die beiden total aufgeregt im Auto hin -und her gerutscht, weil das für sie etwas sehr Besonderes ist- einfach mal so in drei verschiedenen Ländern herumzufahren, wo das nächste Land von Neuseeland aus gesehen immer gleich ein paar Stunden Flug weit weg liegt. Da ist auch mir wieder bewusst geworden, wie verwöhnt wir hier in der EU eigentlich sind.
Ich weiß also, wieso ich mich morgen gerne aus dem Bett quäle und mich zu meinem Wahllokal schleppe, Kater und Schlafmangel hin und her. Das Europaparlament mag zwar vielen wie ein undurchschaubares Monstrum erscheinen, doch ich glaube fest daran, dass meine Abgeordneten ihr Bestes geben werden, meine Ideen auch im Europa der 27 zu vertreten und verteidigen.