Vergewaltigungsvorwürfe: Schwerenöter Strauss-Kahn im freien Fall
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Der Chef des Internationalen Währungsfonds Dominique Strauss-Kahn ist am Samstag in New York verhaftet worden wegen des Verdachts auf sexuelle Nötigung und versuchte Vergewaltigung. Auch mächtige Männer müssen sich an Gesetze halten, stellt die Presse fest und sieht den besten Kandidaten der französischen Linken für den Präsidentschaftswahlkampf disqualifiziert.
De Morgen: Lust des Alphamännchens steht nicht über dem einfachen Nein einer Frau steht; Belgien
Die Anklage eines Zimmermädchens könnte den Generaldirektor des Internationalen Währungsfonds, Dominique Strauss-Kahn, zu Fall bringen. Mächtige Männer können sich eben nicht mehr alles erlauben, lobt die Tageszeitung De Morgen: "Sicher, jeder Mann ist unschuldig, bis er verurteilt ist. [...] Aber Strauss-Kahn kann nicht leugnen, dass er eine Vergangenheit mit dubiosen Frauengeschichten hat. Unter jedem starken Mann liegt eine willige Frau, scheint sein Weltbild zu sein. Aus der Perspektive einer maskulinen Blindheit kann man das verantworten. Viele mächtige Vorgänger kamen mit so einem Verhalten durch. [...] Heute müssen sowohl der Spitzenbanker Dominique Strauss-Kahn als auch die Wikileaks-Galionsfigur Julian Assange einsehen, dass die Lust des Alphamännchens nicht über dem einfachen Nein einer Frau steht. Der Grund für dieses Nein ist nicht von Belang. Nein heißt nicht ja. Mein Körper gehört mir: Das gilt bereits seit Jahren." (Artikel vom 16.05.2011)
Fakt: Polen in dieser Hinsicht Bananenrepublik; Polen
Ohne Rücksicht auf sein Amt ist IWF-Chef Dominique Strauss-Kahn in den USA verhaftet worden, was in Polen leider anders wäre laut der Boulevardzeitung Fakt: "Strauss-Kahn wurde von einem Hotelmädchen wegen sexueller Übergriffe angeklagt - von einem ganz gewöhnlichen Hotelmädchen. Für die US-amerikanische Justiz spielt es jedoch keine Rolle, wer Opfer geworden ist oder welchen Status der Täter hat. Man nimmt mit derselben Unerbittlichkeit jeden fest. [...] Und nun erinnern wir uns mal an die Situation mit Roman Polanski und an die Reaktionen der polnischen 'Autoritäten' sowie einiger Politiker. Sie alle waren es gewohnt, in anderen Kategorien zu denken: Der VIP-Status sollte ihn aus der Verantwortung entlassen. In den USA ist das nicht so. Und deswegen sind wir in dieser Hinsicht eine Bananenrepublik." (Artikel vom 16.05.2011)
Spiegel Online: DSK für das Rennen um den Einzug in den Elysée disqualifiziert; Deutschland
Der Haftbefehl gegen Dominique Strauss-Kahn (DSK) erschüttert Frankreichs Sozialisten, deren aussichtsreichster Bewerber für das Präsidentenamt er bisher war. Noch-Präsident Sarkozy verliert damit seinen gefährlichsten Rivalen, meint das Nachrichtenportal Spiegel Online: "Zwar hielt sich der Elysée mit offiziellen Äußerungen zurück, aber Politikern der konservativen Regierungspartei UMP war die klammheimliche Freude über die verlorene Ehre des DSK anzumerken. [...] Bislang galten Citoyens beim Blick auf das Privatleben ihrer politischen Elite als vergleichsweise tolerant. Während Präsident Giscard d'Estaing seine erotischen Träume in Romanform fasste, waren die mutmaßlichen Eskapaden von Staatschef Jacques Chirac stadtbekannt und François Mitterrand führte als Chef im Elysée das Leben eines Bigamisten. [...] Wer die DSK-Fans innerhalb der Partei und seine Anhänger in der Bevölkerung hinter sich bringen kann, bleibt dabei vorläufig offen. Sicher ist nur, dass der Favorit der Umfragen für das Rennen um den Einzug in den Elysée disqualifiziert ist." (Artikel vom 16.05.2011)
Libération: So gute Umfragewerte, dass er Sarkozy hätte schlagen können; Frankreich
Die Verhaftung des beinahe-Präsidentschaftskandidaten Dominique Strauss-Kahn wegen des Verdachts auf Vergewaltigung ist ein schwerer Schlag für Frankreichs Linke, analysiert die linksliberale Tageszeitung Libération: "Die Sozialisten verlieren damit den einzigen Kandidaten, der in allen denkbaren Konstellationen gute Umfragewerte hatte, so gute, dass er Nicolas Sarkozy hätte schlagen können. Er war wohl einer der Wenigen mit einer Antwort auf die Verunsicherung der Franzosen. Diese vielversprechende politische Dynamik fällt nun in sich zusammen, bevor der Wahlkampf überhaupt begonnen hat. Das ist übrigens die einzige gute Nachricht: Stellen wir uns mal einen Augenblick lang vor, eine solche Affäre hätte drei Wochen vor der Wahl stattgefunden. [...] Dominique Strauss-Kahn wusste, dass er selbst sein schlimmster Feind war. DSK raus: Was bleibt, ist ein Schlachtfeld und die parteiinternen Vorwahlen, die heute nötiger sind als jemals zuvor." (Artikel vom 16.05.2011)
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Illustrationen: maidcatcher.com; DSK - da hatte er noch gut Lachen... (cc)IMF/flickr