US-Wahlen 2012: Ring frei für die unsichtbaren Kandidaten
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C BWährend die Schlacht um den prâsidentschaftssessel zwischen Demokraten und Republiknaern ausgetragen wird, wollte cafebabelc;om sich auch mal unter denjenigen umschauen, die in einer anderen Gewichtsklasse boxen: die alternativen Kandidaten der US-Wahlen 2012.
Gong: Die letzte Runde der US-Wahlen ist da. Am 6. November entscheidet sich, wer von beiden – der demokratische Champion oder der republikanische Herausforderer – den Sieg nach Hause holen wird. Mitt oder Barack? Romney oder Obama? Es ist ein schonungsloses Duell, ein letztes Kopf-an-Kopf Rennen, ein legendäres Kräfteringen um den wichtigen Posten der Vereinigten Staaten. Aber Moment, sind die beiden die einzigen Kandidaten auf der Schlusslinie für das Präsidentschaftsamt?
Es gibt in der Tat mehr als 60 Außenseiter (in Wikipedia we trust), die ebenfalls antreten. Die meisten unter ihnen sind aber nur in einem Bundesstaat offiziell als Kandidat(in) eingetragen, was ein unausweichliches KO mit sich bringt. Denn Kandidat in einem einzigen Bundesstaat zu sein, bringt nicht genügend Wahlmänner ein. Zur Erklärung: Die USA sind ein föderaler Staat mit universellen indirekten Wahlen. Die Bürger wählen Wahlmänner in ihrem Bundesstaat – die Anzahl der Wahlmänner variiert je nach Bevölkerung. In den meisten Bundesstaaten (außer in Maine und Nebraska) gewinnt der Kandidat mit den meisten Stimmen alle Wahlmänner des Staates (das berühmt-berüchtigte winner-take-all System, aufgrund dessen Al Gore im Jahr 2000 die Wahlen verloren hat). Schlussendlich wird derjenige, der die meisten Wahlmänner auf sich verbuchen kann, der neue amerikanische Präsident. Es ist unschwer zu erkennen, dass dieses Wahlsystem, welches auf teuren Werbekampagnen im Fernsehen beruht, die Outsider-Kandidaten aus dem Ring wirft.
Unsichtbare Kandidaten
Unter den unwahrscheinlichen Kandidaten (so genannte Third Party Kandidaten oder Independents wie man in den States sagt) sind besonders 4 von besonderer Kämpfernatur: Gary Johnson von der Libertarian Party (eine der wichtigeren amerikanischen Drittparteien, aus der auch Ron Paul hervorgeht, der gegen Romney bei den republikanischen Vorwahlen antrat); Rocky Anderson von der Justice Party; Virgil Goode von der Constitutionalist Party und Jill Stein von der Green Party. Sie sind in fast allen Bundesstaaten präsent, aber haben mathematisch gesehen so gut wie keine Chance, den Sieg davonzutragen. Nicht einmal, wenn sie bei den Wählerzahlen mogeln würden (außer vielleicht Gary Johnson). Laut Umfragen erhält keiner dieser Kandidaten mehr als 3% der Wählerstimmen. Trotzdem haben die Big Four fast ohne Medienpräsenz eigene Debatten abgehalten. Als professionelle und ernst zu nehmende Kandidaten haben sie sich Themen gewidmet, die keiner der beiden Schwergewichte jemals wagen würde anzusprechen.
So erklärt zum Beispiel Lorraine Millot, USA-Korrespondentin der französischen Tageszeitung Libération: „Virgil Goode, der Constitutionalist, schlägt vor „zunächst die Amerikaner und deren Arbeitsplätze zu verteidigen, indem Einwanderern Tür und Tor verschlossen würden. Gary Johnson, der Libertarian, verspricht, das föderale Budget ab 2013 ausgleichen zu wollen, was zu drastischen Kürzungen in den öffentlichen Kassen führen würde. Jill Stein, von den Greens, versichert als Ärztin, dass Marihuana und Hanf nicht das geringste Gesundheitsrisiko darstellen würden…“.
Unwahrscheinliche Kandidaten
Neben diesen Leichtschwergewichten gibt es dann aber auch noch die Fliegengewichte. Unter ihnen befinden sich Jeff Boss, ein Anhänger der Verschwörungstheorie. Er ist Teil der so genannten « 9/11 truthers ». Boss ist überzeugt davon, die amerikanische Regierung und im Speziellen die National Security Agency NSA seien verantwortlich für die Attentate des 11. September. Jeff ist außerdem felsenfest davon überzeugt, Zeuge der Vorbereitung des Komplotts gewesen zu sein (so steht’s zumindest auf seiner leicht paranoiden Webseite). Auch zur Wahl 2008 war der Kandidat bereits ein Außenseiter. Damals hatte er ganze 601 Wählerstimmen erhalten, schreibt die Zeitung Politicker NJ. Das ist ziemlich weit entfernt von den fast 70 Millionen Stimmen für Obama.
Ein weiterer außergewöhnlicher Kandidat ist Randall Terry, ein « pro-lifer », der sein Leben dem Kampf gegen das Abtreibungsrecht gewidmet hat. Er ist ebenso die Karikatur des ultrakonservativen Kandidaten, der selbst so einige Leichen im Keller liegen hat. Er rühmt sich Kinder mit ethnischem Hintergrund adoptiert zu haben, ist gegen Scheidung, Homo-Ehe und Abtreibung, hat aber gleichzeitig eine seiner beiden Adoptivtöchter verstoßen, da sie bereits vor dem 18 Geburtstag zweimal schwanger war. Eine weitere Adoptivtochter verließ das Haus mit 16 Jahren und konvertierte zum Islam. Und da ein Glück selten allein kommt, hat sein Sohn sein Coming-Out öffentlich in einem Magazin verkündet. Randall Terry selbst ließ sich scheiden und ist mit einer 25-Jährigen verheiratet.
Weiter ist da noch ein parteiloser Kandidat mit dem mysteriösen Namen Santa Claus, der sich in Maryland und West Virginia aufstellen ließ. Es scheint sich tatsächlich um seinen echten Namen zu handeln. Claus verteidigt ultraliberale Ideen und kämpft für die Rechte von Kindern. Fast wie der richtige Weihnachtsmann.
Letzter Kandidat in der Kategorie 'Leichtgewichte' ist Keith Russell Judd, kein geringerer als ein ehemaliger Sträfling, der 1999 für Erpressung zu 17,5 Jahren Haft verurteilt wurde. Ein Status, der ihn nicht daran hinderte, 41% der Wählerstimmen bei den Vorwahlen in West Virginia gegen Barack Obama zu holen!
Obwohl sie zum Scheitern verurteilt sind, zeigen diese Amateurkandidaten ehrenwerte Leidenschaft und Engagement. Die harte Realität wird sie trotzdem bald einholen: seit 1850 gab es keinen Kandidaten mehr im Weißen Haus, der nicht Republikaner oder Demokrat war.
Illustrationen: Teaserbild ©Adrien Le Coarer; Im Text: Gary Johnson ©offizielle Facebook-Seite; Santa Claus ©offizielle Facebook-Seite; Video (cc)jeffbossforpresident/YouTube
Translated from Élections américaines : les candidats invraisemblables