Urlaub: Sommer, Sonne, sonderbar
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Benjamin WolfGeführte Touren, Quallen und Socke in Sandalen…wir sind Weltbürger, aber manche Urlaubsziele sollte auch der entschlossenste Reisende besser meiden. Damit ihr euch diesen Sommer nicht zwischen Urlauberschlapphüten und abgestandenem Sangria verliert, haben wir für euch die eine Liste der Orte zusammengestellt, die ihr lieber nicht besuchen solltet.
Forte dei Marmi (Italien)
Um es ganz klar zu sagen: Auch wenn es der gleichnamige Film verspricht, die Sonne der Toskana ist nicht der beste Platz, um seine Ferien zu verbringen. Insbesondere um Forte dei Marmi sollte man einen großen Bogen machen. Statt Meeresduft kann man dort das Aroma von Haargel riechen, das in rauen Mengen die Frisuren jener Männer in Form hält, die entweder das Alter oder die Bunga-Bunga-Mentalität eines nicht ganz unbekannten italienischen Politikers haben – oder gleich beides zusammen. Alte Schauspieler, deren Karrieren ihren kurzen Zenit schon lange überschritten haben, spazieren am Sunset Boulevard entlang und lassen sich von den Discotheken hofieren. All das ergibt ein Feuerwerk des schlechten Geschmacks: Testosteron im Übermaß, Goldketten, Miniröcke und Kleider mit Leopardenmuster an gebräunten Körpern inmitten einer irrwitzigen Vielzahl an glitzernden Brillanten. Besonders empfehlenswert also nur für wenig ambitionierte Paparazzi, die etwas billigen Sternenstaub von verblassenden Stars sammeln wollen.
Mostar (Bosnien)
Eine Reise durch Bosnien-Herzegowina wird euch die Augen öffnen, auf vielerlei Weise: An den Mauern könnt ihr noch immer Einschusslöcher oder Zeichen für Stollen sehen, Touristenmagneten aus dem Jugoslawien-Krieg der 90er Jahre, in dessen Verlauf Sarajevo belagert wurde. Wenn ihr die Kriegswunden vergesst, seht ihr wie sich die Touristen ganz normal über die Brücke der Stadt Mostar schieben, die jeden Sommer ganze 4 Touristen pro Quadratmeter glattem Stein zählt. Wenn ihr etwas höher steigt, auf die Mauern der Stadt, werdet ihr immer einen Typen finden, der am Vorabend gewettet hat, von dort in den Fluss zu springen. Um es kurz zu machen, meidet diesen Ort im Sommer. Aber kommt dafür zurück, wenn es weniger heiß ist! Anstatt sich durch Touristenmassen zu schieben, werdet ihr dann zwischen echten Bosniern umhergehen.
Benidorm (Spanien)
Eine gewisse Idee von der Hölle: Zwei Armeen, 100 000 Engländer gegen 100 000 Deutsche, gekommen um den spanischen Strand zu kolonisieren, ausgerüstet mit Smirnoff Wodka und Sonnencreme mit Lichtschutzfaktor 50. Wenn man in Benidorm lebt, dauert eine Woche im Sommer 8 Tage. Die Szenerie nimmt einen blassen Rosa-Ton an und zwingt die unglückseligen Anwohner, sich durch ein Meer von Strandtüchern, Wickelröcken und Schirmen zu kämpfen, die noch dazu völlig den Blick auf das Meer verstellen. Exzentrische Frisuren, weiße Kleider, absurde Tattoos… alles erinnert an das Schlimmste, was Scarface uns hinterlassen hat. In Spanien sagt man, dass Benidorm „das kleine Las Vegas“ sei. Ich persönlich bin mir aber sicher, dass der Sangria in Vegas besser schmeckt als das, was sie hier ausschenken, vor allem weniger nach trockenen Trauben.
MT
Neuschwanstein (Deutschland)
Du möchtest für deinen Urlaub in Deutschland hipsterkompatibel sein? Dann lieber nach Berlin. Wenn du dich hingegen nach der Bibel der Reisenden unserer Generation richtest, dem Lonely Planet, läufst du Gefahr, dich bald in Füssen wiederzufinden, inoffiziell auch als Arsch der Welt bekannt. Willkommen also im hintersten Eck Bayerns, im Schloss Neuschwanstein! Ihr werdet es bereits erraten haben, das Schloss von Ludwig II. von Bayern ist sicherlich die wichtigste deutsche Touristendestination und veranlasst jeden Sommer unzählige Reisende aus aller Welt, die Strecke bis an den absurd entlegenen Ort an der Grenze zu Österreich zurückzulegen. Um was zu machen? Sich anzustellen! Jene, die die mentale Stärke besitzen, 3 Stunden in der Schlange zu warten, werden danach von einer Führung enttäuscht, die sicherlich zu den extremsten Beispielen der billigen Massenmanipulation gehört. Wenn man eines in Neuschwanstein ganz sicher nicht zu Gesicht bekommt, dann sind es echte Deutsche; die Region verwandelt sich im Sommer zwei Monate praktisch in eine japanische Provinz, in der man nur noch eines hört: „Foto, Foto?“
KF
La Mer Baltique (Pologne)
Władysławowo, Jurata, Jastarnia oder auchKrynica Morska. Die Namen sind nicht wichtig. Die polnischen Badeorte am baltischen Meer hatten ihre wahre Glanzzeit vor dem Krieg. Heute ist das vorbei. Die Gründe? Die gleichen wie überall. Betrunkene Touristen, schäbige Hotels, lärmende Familien. Drei Argumente, die euch die Lust darauf, mehr über Polen zu erfahren, gründlich vergehen lässt. Zumindest im Sommer.
KP
Guérande (en France mais très à l’Ouest)
Für all jene, die die beliebte und allzu gut besuchte Côte d'Azur meiden wollen, ist die Halbinsel Guérande das bevorzugte Reiseziel geworden. Sie gilt als Symbol der schicken und doch ruhigen Bretagne. Außer in der Hochsaison. Wer dann nicht das Budget eines Parisers parat hat, die in Croizic oder La Baule übernachten, wird hier nur wenig Ruhe finden. Zwischen dem Freizeitpark, wo sich die Teenager tummeln und dem Stadtzentrum mit eindeutig zu spießbürgerlichen Besuchern im Lacoste-Polo, gibt es nur noch wenige Alternativen. Die Küste, an der euer Hotel liegt (natürlich nicht allzu nah) ist nicht nur wundervoll… sondern auch etwas schleimig. Schleimig ist nämlich die Qualle mit gut 40 Zentimeter Durchmesser, auf die ihr bald steigen werdet. Beim ersten Gewitter stranden die Quallen dann in ganzen Kolonien, begleitet von kleinen Klumpen aus Heizöl. Grund genug, um einem die Badelust vergehen zu lassen, selbst dann, wenn das Wasser endlich einmal etwas über 20 Grad hat. Eine wahre West Side Story.
JA
Das waren unsere Vorschläge, aber als paneuropäisches Medium sind wir natürlich äußerst offen für eure Ideen! Schickt uns eure Vorschläge für Orte, die man diesen Sommer besser NICHT besuchen sollte. Kontakt: [email protected]
Translated from Vacances d'été : vue sur la mer(de)