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UNO-Abstimmung: An Palästina scheiden sich Europas Geister

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kfluegge

Politik

Vor 64 Jahren versprach die UNO den Palästinensern einen eigenen Staat, der 43 % des ehemaligen Mandatsgebiets Palästina abdecken sollte. Diesen Staat hat es jedoch nie gegeben. Diese Woche wird in der UNO eine Abstimmung durchgeführt, über die sich Europa gespalten zeigt.

Ob dafür, dagegen oder mit abwartender Haltung – Europa stellt seine Unschlüssigkeit gegenüber einer gemeinsamen Außenpolitik ein weiteres Mal unter Beweis.

Die Europäische Union (EU) ist bekanntermaßen tief gespalten bezüglich der Abstimmung, die Palästina die UNO-Mitgliedschaft gewähren soll. Unter den Staaten, die gegen die palästinensische Resolution stimmen werden, befinden sich Deutschland, Italien, die Niederlande und die Tschechische Republik. Auf der Seite der unterstützenden Staaten stehen Belgien, Schweden, Norwegen und Spanien. Es enthalten sich: Großbritannien und Frankreich. Deutschland verfolgt aufgrund historischer und wirtschaftlicher Gründe eine Israel-freundliche Politik. Spanien, auf der anderen Seite, bleibt bei seinem pro-arabischen Kurs (mit prominenter Ausnahme der spanischen Beteiligung am Irak-Krieg). Die Haltung Norwegens, Schwedens und Finnlands sind wahrscheinlich ethischer Natur und stimmen mit dem Willen der Bevölkerung überein – und dieser ist eindeutig auf der Seite der Palästinenser.

Zwischen Scheinheiligkeit und dem Einsatz für soziale Gerechtigkeit

Diese Widersprüche innerhalb Europas überraschen nicht allzu sehr angesichts der Tatsache, dass die EU einerseits die palästinensische Autonomiebehörde finanziell unterstützt, jedoch andererseits gleichzeitig der größte Handelspartner Israels ist. Die Haltung Europas im Nahost-Konflikt geht auf die dreißig Jahre alte Erklärung von Venedig zurück. Versteckt hinter neutralen Äußerungen zum Selbstverteidigungsrecht Israels sowie zur Berechtigung der Palästinenser, einen eigenen Staat zu fordern, bringt Europa darin insbesondere seine wohlwollende Haltung gegenüber Israel zum Ausdruck. Die Neutralität Europas wird nun also einer Prüfung unterzogen. Das vorab angekündigte amerikanische Veto erleichtert es in diesem Sinne Frankreich und Großbritannien, vage (wenn nicht sogar scheinheilige) Positionen einzunehmen. Umfragen zufolge spricht sich jedoch der Großteil aller Europäer für die Resolution aus. Im Gegensatz dazu bilden die wachsende Zahl anti-arabischer Extremisten und die Wahl konservativer Regierungen, die für ihre Israel-freundliche Haltung bekannt sind, zu dieser pro-palästinensischen Stimmung einen Widerspruch. In Israel möchte nur eine Minderheit der palästinensischen Forderung entgegenkommen. Die 400 000 Menschen, die in den letzten Wochen auf die Straße gegangen sind, scheinen nicht dasselbe Ziel zu verfolgen. Vielleicht liegt es daran, dass die Palästinenserfrage noch immer die Bevölkerung spaltet. Vielleicht liegt es aber auch daran, dass viele nicht an eine Zwei-Staaten-Lösung glauben, oder, dass einige fortwährend davon überzeugt sind, dass das langfristige Ziel der Palästinenser die Zerstörung des israelischen Staates bleibt. Dennoch kämpfen die israelischen Bürger für einen sozialeren und gerechteren Staat. Der Casus belli für diesen Kampf besteht übrigens in den astronomisch hohen Ausgaben der israelischen Regierung im Bereich der Verteidigung (etwa 20 % des Staatshaushalts).

Status-Änderung, um „auf Augenhöhe“ behandelt zu werden

Die Abstimmung in der UNO-Generalversammlung würde Palästina, im Gegensatz zu einer Resolution des Sicherheitsrates, auf den ersten Blick nur zu einem symbolischen Status verhelfen. Doch dies könnte, wie es Palästinenser-Chef Abbas betont, zumindest seine juristische Grundlage ändern. Insbesondere könnten die Palästinenser dann den internationalen Gerichtshof anrufen und vielleicht, wie bereits 16 Staaten zuvor, einen Schritt auf die Anerkennung als Vollmitglied machen. So könnte sich der virtuelle Staat ohne Hoheitsgebiet zum Staat Palästina mit den Grenzen von 1967 entwickeln. Diese Forderung ist im Wesentlichen unilateral, wird aber insbesondere von der arabischen Liga sowie von der Mehrheit der afrikanischen, südamerikanischen und asiatischen Länder gestützt. Dies wäre ein Schlüsselmoment für die palästinensische Selbstbestimmungs- und Unabhängigkeitsbewegung, denn wie es Leila Shahid treffend formuliert, würde der neue Status es dem palästinensischen Staat erlauben, mit Israel „auf Augenhöhe“ zu verhandeln. Diese Friedensverhandlungen wären auch im Interesse Europas und der USA.

Trotz der Kairo-Rede Barack Obamas und seiner Fürsprache für einen palästinensischen Staat und eine zukünftige palästinensische UNO-Mitgliedschaft, widersprechen die USA immer wieder ihrer eigenen Kritik an kontra-produktiver Politik. Sie sind jedenfalls (wie die EU) dazu gezwungen, eine pragmatische Haltung einzunehmen, die die Palästinenserfrage in den Hintergrund der eigenen Innenpolitik drängt, insbesondere da jene den Erwartungen mächtiger Lobbys entsprechen muss. Viele sehen darin eine verpasste Chance seitens des Westens, die Ausgangslage grundlegend zu verändern und zur Einleitung radikaler Reformen in der Region beizutragen. Andere halten diese Frage für die Illustration der Unfähigkeit unserer Staaten, Probleme in ihrer Gesamtheit zu betrachten. Darüber hinaus glauben sie, dass der Westen nicht in der Lage ist, kleinen, mittellosen Staaten die angemessene Anerkennung entgegenzubringen, und sich weigert große, jedoch unvermeidliche Veränderungen mitzutragen. Und dies entgegen dem Willen seiner Bevölkerung.

Illustrationen: (cc)abangbay @ Malaysia/flickr; Im Text (cc)sven_kindler/flickr; Video (cc)Gegen NeoZionismus/YouTube

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Translated from La démarche palestinienne met l’Europe face à ses contradictions