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Ungarn: Zweidrittelmehrheit für Bumerang Viktor Orbán

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Politik

Die rechtskonservative Partei Fidesz hat nach der zweiten Runde der Parlamentswahlen am Sonntag in Ungarn die Zweidrittelmehrheit errungen. In dieser Machtposition könnte der zukünftige Premier Viktor Orbán dem Land schaden, meinen manche Kommentatoren. Andere beschwichtigen und wollen ihm erstmal eine Chance geben.

Die Presse: Orbán bereitet rechtsradikalem Spuk ein Ende?; Österreich

Viele fürchten den zukünftigen ungarischen Premier Viktor Orbán wegen seiner scharfen Parolen. Doch es gilt abzuwarten, was er aus seiner Zweidrittelmehrheit tatsächlich machen wird, schreibt die Tageszeitung Die Presse: "Der Mann ist überehrgeizig, stur, beinhart, hyperpatriotisch. [...] Wer ihn je erlebt hat, weiß auch, dass Orbán blitzgescheit, taktisch brillant und sehr überzeugend sein kann. Ein Vollblutpolitiker eben, wie es gar nicht so viele gibt. Nein, man braucht keine Angst vor Viktor Orbán zu haben. Zuerst sollte man einmal zuschauen, was er aus seiner überwältigenden Mehrheit im Parlament innenpolitisch macht, und ob er es wirklich auf eine Provokation seiner nervösen Nachbarn anlegt. Dann erst sollte man urteilen. Vieles spricht jedenfalls dafür, dass Orbán mit dem rechtsradikalen Spuk, der Ungarn neuerdings heimsucht, viel eher fertig werden wird, als es die bisherigen sozialistischen Regierungen wurden. Wetten, dass dann die 'Habt Angst'-Parolen völlig vergessen sein werden?" (Artikel vom 26.04.2010)

Népszabadság: Im Falle einer ideologisch geleiteten Politik wird sich Orbán in einer staubigen Sackgasse wiederfinden; Ungarn

Viktor Orbán stehen nun zahlreiche Instrumente zum Zementieren seiner Macht zur Verfügung und er lässt keinen Zweifel daran, sie auch zu gebrauchen, meint die linksliberale Tageszeitung Népszabadság - zum Schaden Ungarns: "Orbán weiß sicher, dass auch Zement spröde werden kann. Aber es ist eine Illusion anzunehmen, dass er und seine Partei sich bei der Ausübung der Macht diszipliniert zurücknehmen und Bescheidenheit walten lassen werden. Schließlich haben bei der Wahl auch die Wähler keinen Anspruch auf Machtteilung gestellt. [...] Gelingt es Orbán nicht, die Mehrheit der Wähler, die er nun hinter sich hat, zufrieden zu stellen und ihren Wünschen und Forderungen rasch zu entsprechen, wird auch sein Nimbus über kurz oder lang große Kratzer abbekommen. [...] Sollte Orbán seine Kräfte vor allem auf eine ideologisch geleitete Politik konzentrieren, wird sich Ungarn nicht auf der 'Hauptstraße der Geschichte' wiederfinden, wie er im Wahlkampf versprochen hat, sondern in einer staubigen Sackgasse."

(Artikel vom 26.04.2010)

Sme: Politischer Radikalismus erweist sich als Bumerang; Slowakei

Nach der zweiten Runde der Parlamentswahlen in Ungarn kann Viktor Orbáns Fidesz mit der verfassungsändernden Zweidrittelmehrheit regieren. Dabei dürfte er von der rechtsradikalen Jobbik vor sich her getrieben werden, meint der ungarische Schriftsteller György Konrád in einem Gastbeitrag in der liberalen Tageszeitung Sme: "Die Sozialisten sind keine Gefahr für Orbán, die Neonazis schon. Es sind die jüngeren Geschwister derer, die vor zwanzig Jahren von Fidesz repräsentiert wurden. Politischer Radikalismus erweist sich als Bumerang. Nicht ausgeschlossen, dass wir am Ende Fidesz die Daumen im Kampf gegen seine radikalen Mitbewerber drücken, wie einst die französische Linke Chirac gegen Le Pen. Wer weiß, mit wem wir uns noch alles verbünden müssen. Die Situation ist alles andere als lustig."

(Artikel vom 26.04.2010) 

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