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Ungarn: Mit Tablets gegen Internetsteuer 

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n- ost

Lifestyle

Zehntausende von Ungarn protestieren aktuell gegen das geplante Internetsteuer-Gesetz der Regierung Orban. Unter ihnen sind viele junge Leute, die ihre Handys und Tablets mit zu den Protestmärschen nehmen. Das Lichtermeer aus Handys und Tablets ist zum Sinnbild der Proteste geworden. Und bei denen geht es um weit mehr als nur um das umstrittene Gesetz. 

 „Wir sind Ungarn, keine Fidesz-ler“, steht auf einem Plakat, das über unzählige Köpfe hinweg aus der Menge ragt. Daneben bildet sich eine kleine Lücke, ein Rollstuhlfahrer zieht mit seinen Freunden über Budapests Elisabethbrücke. Dann schaltet er die Beleuchtung seines Smartphones ein und hält es in die Höhe, wie viele der Zehntausenden Demonstranten.

Das Lichtermeer aus Handys und Tablets ist zum Sinnbild der aktuellen Proteste gegen die geplante Einführung einer Internetsteuer in Ungarn geworden. Alles begann vor nicht einmal zwei Wochen, als der Steuerhaushaltsplan für das kommende Jahr veröffentlicht wurde. Darin schlug Volkswirtschaftsminister Mihaly Varga von der nationalkonservativen Regierungspartei Fidesz ein Gesetz zur Besteuerung von Datenverkehr vor.  150 Forint (circa 50 Cent) sollte pro Gigabyte erhoben werden – laut Berechnung des unabhängigen Newsportals Index.hu mehr als viele Ungarn pro Monat für den Internetanschluss zahlen.

Netzmeer

Widerstand formte sich prompt, vor allem über die Facebook-Seite „Hunderttausende gegen die Internetsteuer“. Auch Informatikerverbände, Unternehmen wie die Magyar Telekom und Oppositionspolitiker äußerten sich verärgert über die Pläne der Regierung. Der Gesetzesvorschlag wurde daraufhin mit einer Obergrenze versehen: Für private Internetanschlüsse sollen maximal 700 Forint [2 Euro 20, A.d.R.] fällig werden, für Firmenanschlüsse bis zu 5.000 Forint [ca. 16 Euro; A.d.R.]. 

Den Gegnern des Gesetzes geht das aber nicht weit genug. Am Dienstag füllten bereits zum zweiten Mal in dieser Woche zehntausende Demonstranten die Straßen Budapests. Die Proteste finden nicht mehr nur in Ungarns Hauptstadt, sondern mittlerweile im ganzen Land statt.  Die Führung um den Ministerpräsidenten Viktor Orban zeigt sich jedoch unnachgiebig. Antal Rogan, Vorsitzender der Fidesz-Fraktion im Parlament, behauptete in einem Interview, die Abgabe sei zum Wohl der Gesellschaft: „Man wird mehr gewinnen und zurückbekommen, als man in Steuern zahlt.“ 

Doch viele Ungarn glauben Rogans Worten nicht. Korruptionsvorwürfe, unter anderem gegenüber der Leitung der ungarischen Steuerbehörde, und Ausgaben in Millionenhöhe für die Renovierung von Fußballstadien haben dem Ansehen der Regierung geschadet.  Hinzu kommt, dass die Regierungspartei sich selbst widerspricht: 2008 plante die damalige sozialistische Regierung, eine ähnliche Steuer einzuführen. Fidesz rief zur Rücknahme des Gesetzesvorschlags auf, da solch eine Steuer „nicht hinnehmbar und unlogisch“ sei und die Partei „aus Prinzip“ dagegen sei.

Nicht noch weiter von Europa wegdriften

Widersprüche wie diese sind es, die auch Attila bewogen, an den Protesten in Budapest teilzunehmen. „Es reicht jetzt einfach“, sagt der aus Westungarn stammende Heilpraktiker. „Die Idee mit der Internetsteuer zeigt wieder einmal, dass wir buchstäblich für die schlechte Regierungsführung von Orban und Co. bezahlen.“ 

Auch aus Brüssel kamen kritische Töne zu der Steuer. Der Sprecher der EU-Kommissarin für digitale Angelegenheiten Neelie Kroes sagte, die Internetsteuer sei schon allein wegen der wirtschaftlichen Schwäche Ungarns im europäischen Vergleich eine „schlechte Idee“. Der Vorschlag zeige erneut das beunruhigende Verhalten und die Praktiken der Gesetzgebung der ungarischen Regierung. Die Flagge der EU war während der Demonstrationen der vergangenen Tage ständig zu sehen, die Teilnehmer skandierten „Europa, Europa!“ und jubelten, sobald die „Ode an die Freude“ erklang.

„Wir wollen nicht noch weiter von Europa wegdriften“, sagte Balazs Gulyas, der 27-jährige Initiator der Demonstrationen. Der Termin für den nächsten Protestmarsch in Budapest steht bereits fest: Am 17. November soll im ungarischen Parlament über den Gesetzesentwurf zur Internetsteuer abgestimmt werden. „Und auch dann werden wir verkünden, was wir jetzt sagen: Es wird keine Internetsteuer geben!”, sagt der ungarische Aktivist Balazs Gulyas.

Die Autorin dieses Artikels, Erzsa Weil, ist n-ost-Korrespondentin für das Osteuropamagazin ostpol.

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