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Die Uiguren werfen den Han Benachteiligung vor, die Han halten den Uiguren entgegen, bereits zahlreiche Vorteile zu genießen. Die blutigen Unruhen, die in Xinjiang zahlreiche Leben gefordert haben, gehen auf ein Misstrauen zurück, das seinen Ursprung in der Siedlungspolitik Pekings hat, welche die Uiguren im eigenen Land an den Rand der Gesellschaft gedrängt hat. Samstag, den 11.
Juli 2009
Völlig überraschend kommt die Gewalt nicht, die vorige Woche zwischen Han und Uiguren in Urumqi ausgebrochen ist und die nach neuesten offiziellen Angaben 183 Menschen das Leben gekostet hat, die Mehrheit davon – wiederum nach offiziellen Angaben - Han. Die Beziehungen zwischen den beiden größten Volksgruppen der westchinesischen Wüstenprovinz Xinjiang sind seit langem gespannt. Viele Uiguren werfen den Han Diskriminierung vor und fühlen sich in ihrer eigenen Heimat an den Rand der Gesellschaft gedrängt. Sie sehen sich an der freien Ausübung ihrer Kultur, Sprache und Religion gehindert, da trotz dem offiziellen Bekenntnis zur Achtung ihrer Kultur, diese im öffentlichen Leben allenfalls als Folklore Platz hat.
Doch vor allem sehen sich die Uiguren in Politik und Wirtschaft marginalisiert. Es ist weniger, dass es offizielle Hindernisse für ihren Aufstieg in Industrie und Verwaltung gibt, als dass die Han, die in den meisten Bereichen die Führungsposten innehaben, im Zweifelsfall jene Kandidaten vorziehen, die ihrer eigenen Kultur und Sprache entstammen. Ihren bildlichen Ausdruck findet die Marginalisierung der Uiguren in den Städten, wo zunehmend die traditionellen uigurischen Altstädte den modernen chinesischen Neustädten weichen müssen.
Die Uiguren können sich die im Namen der Modernisierung errichteten Wohnungen nicht leisten, so dass sie an die Stadtränder verdrängt werden. Damit wird auch ihre traditionelle Kultur und Lebensweise zunehmend verdrängt. Zurück bleiben allenfalls die Moscheen, die wie in Kashgar jedoch nicht länger soziales und kulturelles Zentrum eines lebendigen Viertels sind, sondern bloße Fassade und leeres Denkmal einer vergangenen Zeit.
Letztlich hat es wieder einmal die Falschen getroffen
Die systematische chinesische Siedlungspolitik, die seit der Okkupation der Provinz 1949 den Anteil der Han auf annähernd 50 Prozent hat anwachsen lassen, trägt zu einem Gefühl der Bedrohung und der Bedrängung bei. So unsinnig die brutalen Angriffe auf chinesische Passanten und Wanderarbeiter vergangene Woche waren, so erklären sie sich doch aus dem Gefühl, im eigenen Land keinen Platz mehr zu haben.
Allerdings ist das Misstrauen auf Seiten der Han ebenfalls groß. Sie haben oft wenig Verständnis für die Forderungen der Uiguren nach mehr Rechten und mehr Autonomie. Sie halten ihnen vor, bereits jetzt zahlreiche Privilegien zu besitzen. So sind sie von der sonst scharf durchgesetzten Ein-Kind-Politik ausgenommen und genießen zumindest offiziell auch beim Zugang zu Universitäten und Behörden Vorteile.
Der chinesische Arbeiter, der in die entlegene Wüstenprovinz auf der Suche nach einem besseren Leben gekommen ist, selbst jedoch unter der wirtschaftlichen Krise und den politischen Einschränkungen leidet, wird zurecht wenig Verständnis haben, wenn ihn ein Uigure der Unterdrückung und Ausbeutung beschuldigt. Letztlich hat es bei den Unruhen der vergangenen Woche wieder einmal die Falschen getroffen.