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Überfällige Geste der Anerkennung

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Islam in Europa

Die Ankündigung zweier deutscher Sender, dem Islam ein eigenes Sendeformat zu widmen, hat in der Politik für Aufregung gesorgt. Dabei ist der Vorstoß nur eine längst überfällige Anerkennung. Weitere Schritte sind notwendig, wenn die Medien zur Integration des muslimischen Teils der Gesellschaft beitragen wollen.

Das Zweite Deutsche Fernsehen (ZDF) hat im Februar angekündigt, ein ‚Forum zum Freitag’ auf seiner Internetseite einzurichten. Wenig später hat auch der Südwestrundfunk (SWR) bekannt gegeben, ein ‚Islamisches Wort’ im Internet einführen zu wollen. Das Angebot des SWR soll ein islamisches Glaubensbekenntnis von zwei bis drei Minuten Länge umfassen, das von islamischen Vertretern in deutscher Sprache vorgetragen wird. Das ZDF geht etwas weiter, da geplant ist, Interviews, Kommentare und Stellungnahmen zu ethischen Fragen und aktuellen Themen rund um den Islam in das Forum zu stellen.

So vorsichtig der Vorstoß auch ist, hat er bei den Christdemokraten für Aufruhr gesorgt. Der Unionspolitiker Stefan Mappus lehnte die Pläne scharf ab und sein Parteifreund Wolfgang Bosbach warnte, das Angebot könnte zur „Verfestigung von Parallelgesellschaften führen“. Der CSU-Generalsekretär Markus Söder erklärte sogar „Deutschland braucht keine Moschee-Sender“. Würde man den Anlass des Streits nicht kennen, könnte man meinen, eine radikale islamistische Gruppe wolle einen Sender aufmachen. Dabei ist kaum zu erwarten, dass die öffentlich-rechtlichen Sender sich zum Sprachrohr der Islamisten machen lassen.

Die Aufregung ist schwer verständlich, da das geplante Angebot so bescheiden ist, dass es fast symbolischer Art ist. Doch den Konservativen geht es ums Prinzip. Zwar betonen auch sie die Notwendigkeit, die Integration zu fördern, doch zu einer Geste der Anerkennung sind sie nicht bereit. Sie glauben offensichtlich noch immer, dass Integration kulturelle Assimilation bedeutet. Der Vorstoß der beiden Sender setzt hingegen auf Integration durch Anerkennung: Indem sie den Muslimen ein eigenes religiöses Forum bieten, signalisieren sie ihnen die Bereitschaft, sie als Teil der Gesellschaft zu akzeptieren.

Allerdings stellt sich die Frage, was das Medienangebot bewirken kann. Sollte darin ein politisch-korrekter Islam vorherrschen und jede Auseinadersetzung um kritische Fragen vermieden werden, können sich zwar die Bosbachs und Söders beruhigt zurücklehnen. Doch all jene Muslime, die nach einem Weg suchen, ihre islamische Herkunft mit ihrem westlichen Umfeld in Einklang zu bringen, werden sich rasch abwenden. Damit das Angebot angenommen wird, muss es so nah am traditionellen Islam bleiben, dass es auch konservativen Muslimen möglich ist, sich damit zu identifizieren.

Die Medien sollten sich daher nicht scheuen, die Auseinandersetzung mit umstrittenen Figuren wie etwa Tariq Ramadan zu suchen, die auch jene Muslime erreichen können, die sich von der westlichen Gesellschaft nicht angenommen fühlen. Darüber hinaus wäre es denkbar, zwischen konservativen und progressiven Islamgelehrten Streitgespräche um die Interpretation des Koran zu organisieren, um die verschiedenen möglichen Auslegungen des Islam zu zeigen. Zwar wäre ein solch religiöses Format nah an einem Moschee-Sender, doch vielleicht ist es gerade dies, was Deutschland und der europäische Islam braucht.