TV-Serie Borgen: Dänemark punktet mit Gefährlichen Seilschaften
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Katha KlossDänemark hat sich zum wahrhaftigen TV-Serienexport gemausert. Nach dem Erfolg der Fernsehserie The Killing, die auch in den USA adaptiert wurde, ist die Politfiktion Borgen – Gefährliche Seilschaften momentan in aller Munde.
Borgen wird von der DR/ Danish Broadcasting Corporation produziert und wurde zum ersten Mal 2010 auf dem dänischen Sender DR1 ausgestrahlt. 2 Jahre später kauft die BBC die Rechte, untertitelt den Serienhit auf Englisch und bringt Borgen somit in die Wohnzimmer von Millionen von europäischen Haushalten. Der deutsch-französische SenderARTE, hat die erste Saison der politischen Fiktion made in Denmark seit Februar im Programm. Aber seit wann schert sich Europa eigentlich um dänische Politik?
Die dänische Serie erzählt, wie eine Frau (Birgitte Nyborg Christensen, gespielt von Sidse Babett Knudsen) Premierministerin wird und geschickt mit den Parteien im Parlament und der Presse verhandeln muss. Der Wahlsieg bringt die Hauptzutaten der Fiktion auf den Tisch: Macht, Politik und Presse – eine Troika, die die Zukunft des Landes bestimmen wird. Zufall? Seit 2011 zieht eine Frau – die Sozialdemokratin Helle Thorning-Schmidt – auch in der Realität die Strippen des Landes.
Täuschungsmanöver, Skandale, geheime Absprachen, Machtkämpfe, was gesagt und was verschwiegen werden sollte, was man besser ignorieren sollte, der Wunsch die Medien kontrollieren zu können, das Verhältnis zu Journalisten… All diese Elemente kommen in den Kulissen der politischen Entscheidungen zusammen, in denen das Interesse der Öffentlichkeit in den Hintergrund zu rücken scheint. Inmitten dieses Chaos', versucht Birgitte Nyborg, von der Partei der Moderaten, ihre politischen Prinzipien aufrecht zu halten. Sie scheint eigentlich die Premierministerin zu verkörpern, die das Land immer gewünscht hatte. Aber der Fakt, dass sie eine Frau ist, hat selbst in einem fortschrittlichen Land wie Dänemark, seine Tücken. Nyborg ist mit einem Universitätsprofessor verheiratet und hat zwei Kinder, die im Verlauf der Serie immer weniger Platz in ihrem Leben einnehmen werden. Sie konzentriert sich auf ihre politische Karriere. Das geht so weit, dass sie irgendwann von ihrem Mann verlangt auf seine eigene Karriere zu verzichten, um sich um die Kinder zu kümmern.
Birgitte sieht blendend aus, ist intelligent, ein Arbeitstier, energisch und sie verhandelt wie ein Mann. Grundsätzlich ist sie aber vor allem eines: eine Frau wie jede andere. Zu Beginn der Serie ist sie besonders auf Äußerlichkeiten und ihr Wirken fixiert. Nach ihren Marathon-Arbeitstagen im Parlament versucht sie rechtzeitig zu Hause zu sein, um den Kindern bei den Hausaufgaben zu helfen, ihnen Geschichten vor dem Einschlafen vorzulesen, den Abwasch zu machen und ihre Ehe intakt zu halten.
Das Geheimnis liegt im Aufbau
Der rote Faden der Serie ist clever gesponnen. Jede Folge wirkt rasant und durchdacht, ohne auch nur eine Sekunde Langeweile. Die präzisen Dialoge verlangen eine Menge Aufmerksamkeit vom Zuschauer und zeigen: In der Politik ist es oft wichtig, sich an der Macht zu halten oder den Konkurrenten auszustechen (je nachdem in welchem Lager man sich gerade befindet), auch wenn man den ein oder anderen Skandal provozieren muss, um den Opponenten zu schwächen. Hinzu kommen äußerst prägnante Frames, Orte, an denen sich die Serie abspielt: das Parlament (im Dänischen 'Borgen'), in dem sich das Büro der Ministerpräsidentin befindet (die zunächst noch mit dem Rad zur Arbeit kommt) und wo die verschiedenen Minister und Regierungsmitglieder ein und ausgehen; die Redaktion und das Studio des größten dänischen Fernsehsenders, in dem sich die politischen Leader nach jedem neuen Skandal behaupten und der Öffentlichkeit stellen müssen; Birgittes Haus in der Kopenhagener Vorstadt, ein familiärer und schlicht eingerichteter Open Space. Im Hintergrund liegt die dänische Hauptstadt, deren Alltäglichkeit kohärenter und gesetzter herüberkommt als in einer südeuropäischen Hauptstadt.
In einer Stunde folgt jede Episode dem zerbrechlichen Alltag der dänischen Regierung, die ständig in Gefahr schwebt, beim geringsten Widerstand der Angreifer wie ein Kartenhaus zusammen zu fallen. Borgen zeigt außerdem, dass wir noch weit von der Gleichberechtigung zwischen Männern und Frauen entfernt sind, auch in den exemplarischen Staaten Nordeuropas. Kann Birgitte Nyborg die politische Karriereleiter emporklettern, ohne ihr Privatleben vollständig auf Eis legen zu müssen? Die letzte Folge der ersten Saison scheint teilweise Antwort auf diese Frage zu geben. Die Frage stellt sich jedoch nicht, wenn es ein Mann ist, der beruflich erfolgreich ist.
Warum Borgen sehenswert ist
Man sollte sich Borgen anschauen. Die Serie bringt Reife und Innovation in das ansonsten eher langweilige TV-Panorama. Sie zeigt: Auch in Europa geht gutes Fernsehen, auch wenn einige Inspirationen sicherlich aus den USA herüberschwappen. Das sollte den Verdienst des Erfinders von Borgen, Adam Price, aber nicht in den Schatten stellen (auch wenn er zugibt, dass US-amerikanische Programme wie The West Wing - Im Zentrum der Macht einen Einfluss gehabt hätten).
Die zweite Borgen-Saison wird aktuell in Dänemark ausgestrahlt. Im Rest Europas müssen wir uns noch bis zum Oktober 2012 gedulden. Dann strahlt ARTE Saison 2 aus. Sicher ist aber, dass die Zuschauerzahlen für sich sprechen und dass sich mein (nicht existierendes) Dänisch durchaus verbessert hat. Mit The Killing hat Dänemark die Latte in puncto europäische TV-Fiktion ziemlich hoch gelegt. Alle Blicke liegen nun auf einer Schweizer-dänischen Koproduktion namens Bron. Unterdessen danken wir den Schaffern von Borgen dafür, uns daran erinnert zu haben, dass wahrhaftige Politik noch existiert, wenn auch nur auf dem Bildschirm. Tak!
Dieser Post ist Teil des neuen cafebabel.com-Blogs EuroSOAP.
Illustrationen: Homepage ©arte.tv; Im Text ©Offizielle Borgen Seite DR1; Videos (cc)arrowvideouk/YouTube, (cc)freshfilm/YouTube
Translated from Poder, ambición y “Borgen”: ficción danesa no apta para incrédulos