Tübingen - Seinen Platz in Europa finden
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Gernot LudererNeben seiner Funktion als Busbahnhof tut sich der Tübinger Europaplatz schwer, sich in das Gefüge dieser sehr alten und charmanten Stadt an den Ufern des Neckars einzugliedern.
Dabei hätte der Europaplatz der kleinen baden-württembergischen Universitätsstadt Tübingen aufgrund seiner Lage zwischen Bahnhof und Stadtzentrum ein stark bevölkerter Durchgangsort werden können. Doch unglücklicherweise macht dieser Platz dem Rest der Stadt keine Ehre. Er erhielt seinen Namen im Jahre 1965 aufgrund der Verleihung eines europäischen Preises an die Stadt und sollte das Symbol eines Europas der Kommunikation werden. Aber „er ist nicht attraktiv“ - und das ist noch milde ausgedrückt.
Ein schmaler Grat zwischen Symbolik und Pragmatismus
Tübingen genießt den Ruf einer offenen und weltgewandten Stadt. Welcher Name wäre also besser geeignet als „Europaplatz,“ um die Reisenden am Ausgang des Bahnhofs zu empfangen? 1965 verleiht das Europaparlament Tübingen den Europapreis für städtepartnerschaftliches Engagement. Jetzt war es an der Stadtverwaltung zu entscheiden, welcher Platz umbenannt werden sollte.
Warum der Busbahnhof? Offiziellen Angaben zu Folge entsprach der Grund, einen Platz der Kommunikation zu schaffen, ja zuerst einmal dem europäischen Gedanken. Ein zusätzliches Argument war, dass Tübingen als Stadt der französischen Garnison seit dem Ende des Zweiten Weltkrieges, genauer seit 1948, über eine Buslinie nach Straßburg verfügte. Dieser „Europabus“ stellte im Übrigen die einzige Verbindung mit Ziel im Ausland dar - eine Argumentation, die tiefe Einblicke in die Art und Weise gibt, wie die europäischen Absichten herausgekehrt wurden. Im Handumdrehen war ein Platz, an dem weder Wohnhäuser noch Geschäfte existierten, umbenannt; Adressänderungen mussten nicht vorgenommen werden.
Mit der Preisverleihung sollte ein „Europatag“ eingerichtet und eine Gedenktafel angebracht werden. Zwei gute Vorsätze, die niemals in die Realität umgesetzt wurden. Die Einbindung des Europäischen Gedankens im Stadtbild und erst recht im Bewusstsein der Bürger erschöpfte sich also von Beginn an in einer Erklärung von Absichten. Die logische Konsequenz: Die Identifikation mit Europa hat sich in Wohlgefallen aufgelöst.
Eine Identifikation mit Europa ist kaum vorhanden
„Was verbinden Sie persönlich mit dem Europaplatz?“ Auf diese Frage antworten die meisten Vorübergehenden, dass sie sehr wohl wohl „Europäer“ seien. Man möchte meinen, das ist ja schon mal gut! Aber es geht nicht darüber hinaus. Keiner der befragten Geschäftsinhaber hat beispielsweise jemals ein Produkt oder eine Dienstleistung angeboten, die einen Bezug zu einem europäischen Ereignis hätten.
Im Übrigen stellt dieser Ort für die Tübinger kaum mehr als eine „Betonwüste“ dar. Einmütig sagen sie, „man sollte diesem Platz eine attraktive Seite verleihen“, die Fläche für den Omnibusverkehr reduzieren und einen wirklichen Lebensraum schaffen. Seit 15 Jahren taucht die Frage nach einer Neugestaltung dieses Ortes immer wieder in den Debatten der Stadtverwaltung auf. Der neue Bürgermeister, Boris Palmer (Grüne), wünscht sich, dass der Platz bis in 3 oder 4 Jahren umgebaut wird. Er will ihn seines Namens „würdiger“ machen, ohne jedoch eine konkrete Vorstellung bezüglich der europäischen Neubelebung des Platzes zu haben.
Der Europabus in der Garage
„Es wird vielleicht eine Veränderung geben, aber sicher erst wenn ich schon tot bin.“ Wenn man dem Pessimismus eines Händlers aus dem Viertel glaubt, scheinen die Dinge weit davon entfernt zu sein, in Bewegung zu kommen. Die einzige Sorge der Händler und Anwohner beschränkt sich im Übrigen auf die „Geschäftsentwicklung im Viertel, um das Angebot zu beleben.“ Es scheint daher, dass, selbst wenn der Platz umgestaltet werden würde, die europäische Frage weitgehend im Verborgenen bleibt.
Das städtebauliche Symbol ist heute - ebenso wie die letzten Verbindungen der Stadt mit Europa - vollständig verschwunden. Die Haltestelle „Europaplatz“ hat sich 1996 in die einfache Bezeichnung „Omnibusbahnhof“ verwandelt. Und der Gnadenstoß wurde im September 2008 ausgeführt: Der berühmte „Europabus,“ eine anfangs ausschließlich Soldaten und ihren Familien vorbehaltene Buslinie, Mitte der 1950er Jahre privatisiert, wurde in die Garage gestellt. Viele Stimmen haben sich gegen diese Entscheidung erhoben. Aber der Profit zählt: „Die Linie ist zu unrentabel geworden.“
Translated from Tübingen, trouver sa place dans l'Europe