Trennungen, Verfassungen und Peinlichkeiten
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Leonie MüßigKatalonien beginnt die Woche als Titelgeschichte für die internationale Boulevardpresse, indem es verkündet sich ohne die Zustimmung Madrids von Spanien abzuspalten.
Die katalanischen Autoritäten gaben diesen Montag grünes Licht für den Antrag, der den Prozess zur Erstellung einer eigenen katalanischen Verfassung, Finanzverwaltung und Sozialversicherung einleiten wird - Grundpfeiler des neuen republikanischen Kataloniens.
Dies war ein zu erwartender Schritt nach dem Sieg der unabhängigen Koalition Junts pel Sí bei den Wahlen vom 27. September und dem anschließenden Durcheinander, welches das Parlament ohne Präsident und mit einer etwas unsicheren Zukunft zurückgelassen hatte.
Es war nur eine Frage der Zeit, bis ein eifriges und ungeduldiges Katalonien seine letzte Karte gegen die ablehnende Haltung einer unreifen und Verhandlungen unzugänglichen Zentralregierung ausspielen würde.
Die Führung von Mariano Rajoy war durch fehlende Politik während des Aufstiegs der katalanischen Unabhängigkeitsbewegung gekennzeichnet. Die Regierung weigerte sich mit dem damaligen Präsidenten des katalanischen Parlaments, Artur Mas, zu verhandeln und führte ins Feld, dass die einzige Möglichkeit für die Katalanen der Beginn einer Periode zur Neugestaltung der Verfassung sei.
Verfassungswidrige Trennung
Um die spanische Verfassung zu ändern, wäre natürlich eine Stimmmehrheit im Parlament nötig, die für die 47 katalanischen Sitze unerreichbar ist. Nach wenig Kooperationsbereitschaft seitens von Madrid und ohne eine rechtliche Grundlage, um weitere Kompetenzen zu erhalten, ist die einzige naheliegende Lösung die Trennung.
Problem dabei ist, auch wenn es die einzige durchführbare Option ist, katapultiert sich Katalonien dadurch ins politische Abseits. Mit der einseitigen Unabhängigkeitserklärung verstößt die Autonome Region gegen die spanische Verfassung. Denn in dieser steht klipp und klar, dass es sich bei Spanien um einen "unauflöslichen" Bund handelt.
Gegen die etwas überholte spanische Verfassung könnten die Katalanen nur mit internationaler Unterstützung ankommen, genauer gesagt mit Hilfe der Europäischen Union. Brüssel allerdings, das sich gerade noch von der Rettung und dem Zustrom der Flüchtlinge sowie den wachsenden Spannungen im Nahen Osten erholt, hat wenig Interesse daran, dem neuen katalanischen Staat unter die Arme zu greifen.
Der Europäische Rat geht davon aus, dass die Zersplitterung Spaniens eine Welle von Abspaltungen weiterer Mikroregionen wie Schottland, Flandern, Padanien, Madeira, Bayern oder Schonen nach sich ziehen würde. Die daraus entstehende Karte von instabilen Kleinstaaten könnte erneut politische Konflikte auf den alten Kontinent bringen.
Das lässt Katalonien politisch isoliert zurück, angesichts der Geldmittel, welche die Regierung von Mariano Rajoy dem Verfassungsgericht vorlegte, das wiederum den Antrag des katalanischen Parlaments abgelehnt hatte. Eine Entscheidung, welche die katalanischen Politiker dazu zwingt, weiterhin aufs Neue spanische Gesetze zu brechen.
Egal, ob das Ganze mit der Einrichtung eines katalanischen Staates endet oder mit einer peinlichen internationalen Situation, die für Katalonien nur schwer umkehrbar sein wird: Der Unabhängigkeitsprozess hat die offensichtlichen Mängel der spanischen Politik aufgezeigt, ebenso wie die Notwendigkeit das rechtliche und politische System zu überarbeiten, das sich weiterhin auf antidemokratische Prinzipien stützt, die grundsätzliche Rechte, wie die Selbstbestimmung, einschränken.
Es wird interessant zu sehen, wie die Forderung nach einer nicht sehr freundschaftlichen Trennung ausgeht.
Translated from Divorcios, constituciones y bochornos