Transatlantischer Folk von Herman Dune & Vandaveer
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Lukas LeyDer eine ist Amerikaner und macht Europa unsicher. Der andere ist sowohl französischer als auch schwedischer Herkunft und schaffte es, seinen Anti-Folk auf dem amerikanischen Kontinent zu verbreiten: Der Ort, an dem die ersten Töne von Typen wie Bob Dylan entstanden. Ein Gespräch mit zwei Songwritern transatlantischer Prägung.
Er lebt in Washington, macht aber auch in Paris oder Brüssel von sich reden. Seit der Veröffentlichung seines Debütalbums Grace&Speed im Jahr 2007, vergleichen Kritiker Mark Charles Heidinger, alias Vandaveer, mit erlauchten Vorgängern seines Heimatkontinents wie Bob Dylan oder Leonard Cohen. Auch für David-Ivar Herman Dune, Frontmann der französisch-schwedischen Band Herman Dune, sind sie große Genies der Schreibfeder, die es noch immer zu hören gilt. Plattenindustrie, Quellen der Inspiration, Begegnungen: Was verändert sich, wenn man von einem Kontinent auf den benachbarten wandert - der Geist des Folk oder die Größe des Geldbeutels?
David Herman Dune: „Die amerikanische Szene des Anti-Folk hat uns sehr inspiriert.“
Wie erklärt sich der Kurswechsel von Herman Dune auf die Vereinigten Staaten von Amerika? Wie habt ihr dieses neue Publikum erlebt?
Ich habe die USA immer geliebt. Ein Großteil meiner Familie hat dort gelebt, als ich noch Kind war. Sie zu besuchen, war immer ein aufregendes Abenteuer für mich. Noch bevor ich das Land richtig kannte, stellte ich mir seine Landschaften vor, wenn ich Lieder von Bob Dylan, Chuck Berry, Harry Belafonte, Ray Charles, Fats Domino, The Coasters oder Leonard Cohen hörte. Dann habe ich so um das Jahr 2000 herum Brooklyn und New York entdeckt. Ich habe damals eine Sprache, eine Stadt und Landschaften kennengelernt, denen ich nie wieder den Rücken zukehren wollte. Darauf folgten dann viele Bekanntschaften mit New Yorker Künstlern, die mich bezüglich meines Schreibens und meiner Auftritte sehr bereichert haben. Dabei war die Szene rund um den „Anti-Folk“ die erste Szene, der sich Herman Dune wirklich zugehörig fühlte und der wir uns angeschlossen haben.
Die Tradition des Folkrock schöpft ihre Kraft aus den Wurzeln amerikanischer Musik. Wie kommt man damit als Franzose zurecht?
Diese Frage habe ich mir häufig gestellt, bevor ich angefangen habe, regelmäßig in den USA zu spielen. Was gibt man Leuten, deren Land jemanden wie Bob Dylan hervorgebracht hat? Das war einschüchternd. Aber beim Spielen und beim Touren habe ich ein unglaublich offenes Publikum entdeckt, das nach neuen Liedern durstete, nach neuen Refrains und neuen Reimen, sodass es viel einfacher war, als ich anfangs glaubte! Wirklich, gerade während der Touren in den Staaten hat sich die Frage nach meiner Herkunft, nach Angaben in meinem Reisepass, meiner Adresse am seltensten gestellt. Ich glaube, dass sich die Leute in einem Einwanderungsland wie den USA für gewöhnlich für das Talent und die Arbeiten einer Person interessieren, anstatt Fragen nach seiner Herkunft zu stellen. Die Freundschaften und die gemeinsamen Projekte mit Jeffrey Lewis, Kimya Dawson, Little Wings (Kyle Field), Toby Goodshank und vielen anderen haben mich immer sehr bereichert während meiner Reisen und bei Aufnahmen.
Wo ist es einfacher, eine Platte zu produzieren oder eine Tour zu organisieren - in Europa oder in den USA?
Die Antwort ist nicht leicht… Die Kultur erhält in den europäischen Institutionen einen Ehrenplatz und die Voraussetzungen zum Touren sind viel komfortabler als in den Staaten. Wir konnten unter fantastischen Bedingungen touren, haben in schönen Konzertsälen mit gutem Sound gespielt. Noch bevor wir eine 'rentable' Band wurden. Dank der Unterstützung, von denen die Konzerthallen profitieren, haben wir Räume gefunden, um uns künstlerisch auszuleben. Auf die gleiche Weise sind die Labels in Europa daran gewöhnt, die Künstler mit Respekt und Achtung zu behandeln, dabei hat aber auch der Künstler ein paar ökonomische Verpflichtungen. Es ist sehr angenehm, nicht ständig unter dem Druck zu stehen, dass sich die Alben auch verkaufen. Gleichzeitig ist der künstlerische Eifer in den USA viel stärker. Die Anzahl der Künstler pro Quadratmeter, die den gleichen Musikstil wie wir machen, ist viel höher. Wir haben vordergründig mit amerikanischen Künstlern zusammengearbeitet, und auch die Musiker auf unseren Platten sind meistens aus Amerika. Die Aufnahmebereitschaft der Öffentlichkeit für unsere Texte, für die kleinen Details, die uns in unseren Liedern wichtig sind, ist überwältigend in den USA. Das ist ziemlich befriedigend! Wir hatten echt viel Glück, was unsere Alben und Konzerte betrifft, einfach viel Glück. Das bezieht sich sowohl auf Europa als auch auf die USA. Es ist schwierig zu sagen, welcher Kontinent uns besser behandelt hat.
Das letzte Album von Herman Dune erschien im Oktober 2008 und heißt "Next year in Zion" (Label: EMI).
Vandaveer: „In Europa ist es einfacher, auch mit kleinem Budget zu touren.“
Obwohl du kein Europäer bist, ist deine Musik mit Europa tief verwachsen. Wie erklärst du dir das?
Mit zwei Freunden habe ich im August 2007 eine dreiwöchige Tour organisiert, welche durch Großbritannien, Frankreich, die Niederlande und Deutschland ging. Wir haben auf die Großzügigkeit unserer Freunde vor Ort gesetzt. Ein paar von ihnen, Freunde von Freunden aus Paris, leiten das Label K Record. Sie waren echt begeistert von meinem ersten Album. Ihr Enthusiasmus hat mir natürlich geschmeichelt. Wir passten sehr gut zueinander. Seitdem kommen wir so ungefähr alle sechs Monate und die Dinge entwickeln sich prächtig.
Hast du bereits für längere Zeit in Europa gelebt?
Es ist nicht auszuschließen, dass ich das eines Tages tun werde. Momentan ist Washington DC meine Heimat, dabei bin ich in Kentucky, einem großen Staat, aufgewachsen. Ich wohne jetzt schon seit fast 20 Jahren in Washington DC. Die Stadt ist nicht wie London oder Paris, aber es ist ein verdammt schöner Ort zum Leben.
Zwischen April und Mai hast du in Belgien und in Großbritannien Konzerte gegeben. Wie war das für dich?
Eine kollektive Neugier auf amerikanische Musik scheint generell in Europa vorhanden zu sein. Hier, in der alten Welt, scheinen mir die Leute neugieriger zu sein. Der Lebensrhythmus der Leute in Europa ist langsamer, wodurch man mehr vom Leben hat. In den USA ist es wie bei einem Erfolgsrennen, das jeder mit allen Mitteln gewinnen will. Bis jetzt hat uns Frankreich am herzlichsten empfangen. In Großbritannien kennen wir ebenfalls einige barmherzige Seelen.
Was sind deine Quellen der Inspiration?
Unabhängig von Ort und Land ist die Inspiration immer die gleiche. Die Fähigkeit, sich inspirieren zu lassen, kommt aus dem Inneren - ob es gewollt ist oder nicht, die alltäglichen Dinge mit einem offenen Geist zu betrachten. Je mehr Zeit man sich zum Leben nimmt, anstatt zu versuchen, sein Leben zu steuern, desto inspirierter ist man im Allgemeinen. Das ist ein ständiger Kampf, zumal man den Rhythmus der Dinge nicht verlangsamen kann. Die Uhr tickt immer weiter, Zeit ist linear.
Ist es schwierig vom Beruf eines Folksängers in den USA zu leben?
Das hängt davon ab, welche Definition man von "leben" hat. Für einige heißt das, man hat viel, für andere bedeutet es, dass man nicht viel hat. Ich finde den europäischen Markt weitaus zugänglicher, aber in den Vereinigten Staaten entwickeln sich die Dinge auch weiter. Sicher ist, dass es in Europa einfacher ist, mit einem kleinen Budget zu touren, denn es gibt ein gutes Zugnetz. Amerika ist so groß, dass man unzählige Tage braucht, um sich irgendwo hinzubegeben. Und das bedeutet in den meisten Fällen, dass man ordentlich fahren muss. Drüben hat man Siegesgefühle, wenn man endlich in der nächsten Stadt angekommen ist. Nur kann das auf die Dauer ziemlich ermüdend sein. Wir haben uns dieses Leben ausgesucht. C’est la vie.
Vandaveer veröffentlichte im März 2009 sein zweites Album. Es trägt den Titel "Divide & Conquer" und erschien bei Alter K/Discograph.
Translated from Herman Dune et Vandaveer: folk transatlantique