Train of Thought: 100 Jahre Transsibirische Eisenbahn

Published on January 16, 2017

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Die “Transsib” ist die längste Eisenbahnstrecke der Welt, die Europa und Asien über 9.289 km von Moskau bis Wladiwostok miteinander verbindet. 2016 beging sie ihr 100. Jubiläum. Der französische Fotograph Damien Rayuela lädt ein, an Bord seines „Train of thought“ zu kommen und China, Russland und die Mongolei zu durchqueren, um die Gefühle und Perspektiven seiner Mitreisenden zu entdecken.

Die Transsibirische Eisenbahn ist vor allem ein öffentliches Verkehrsmittel, keine Touristenbahn.

Die Transsibirische Eisenbahn ist ein ganz spezielles Transportmittel: Das konstante Rattern des Zuges, das schmale Abteil, das man sich für einige Tage mit fremden Mitreisenden teilt, sowie die hypnotisierende Landschaft, die sich vor dem Fenster entfaltet, lässt die Sinne schärfer werden. Während ich durch den Zug von einem Wagon in den nächsten streife, beobachte ich, wie der Rest der Passagiere ihren Blick gedankenversunken über die sumpfigen Ebenen, die Kiefern- und Birkenwälder schweifen lässt. Sergei (39): „Ich bin in Wladiwostok geboren, aber ich lebe in einem Dorf am Ufer des Baikalsees. Ich arbeite seit 2012 in Speisewägen und kümmere mich um die Kohleversorgung. Davor habe ich auch in der Eisenbahn gearbeitet. Zum jetzigen Zeitpunkt habe ich vermutlich mehr Zeit an Bord eines Zuges verbracht als auf festem Boden." Die Nachdenklichkeit, zu der man verleitet wird, ist eines der größten Vergnügen des Bahnfahrens, wir betrachten das Äußere und sind dennoch die meiste Zeit mit unserer Aufmerksamkeit in unserem Inneren. Anzor (25) aus Kasachstan: „Wenn wir reisen, beschäftigen wir uns viel mehr mit unserer Spiritualität und den Dingen, die wirklich zählen. Wir vergessen das Materielle und die Routine. Die Transsibirische Eisenbahn schenkte mir Zeit zum Denken, half mir, mich selbst und meine Herkunft kennenzulernen, half mir zu verstehen, wie sehr ich meine Familie liebe und wertschätze." Und dann taucht plötzlich eine Hütte oder ein Dorf auf, wie in einem Gemälde von Isaak Levitan, durchbricht die Monotonie der Landschaft, und du fragst dich, wie wohl das Leben hier ist, mitten im Nirgendwo. Der amerikanische Autor Ian Frazier über Sibirien: „Es ist vielmehr eine Idee als ein Ort.“ Tanya Chong (27) aus London, UK: „Ich möchte neue Erinnerungen mit allen Menschen schaffen, genauso wie ich die ganze Welt entdecken will. Mit etwas Glück gelingt mir eine Balance zwischen beidem." Distanz, Raum und Zeit werden eins, um etwas ganz Eigenes zu schaffen. Su Myat Naing Aung aus Yangon, Myanmar: „Wenn ich die weitläufigen Ebenen sehe, die gewaltigen Berge und den immensen Baikalsee, dessen Oberfläche sich im Horizont verläuft, fühle ich, wie winzig klein meine Probleme sind. Ich spüre tiefen Frieden, in dem mich weder Vergangenheit noch Zukunft beunruhigen können und genieße die Gegenwart voll und ganz.“ Das Fensterglas erinnert mich an eine Kinoleinwand, aber auf welcher Seite bin ich? - Wagons of thought.