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Tod von Hugo Chávez: Das Ende einer Hassliebe

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Politik

Venezuelas Präsident Hugo Chávez ist am Dienstag nach einer Krebserkrankung im Alter von 58 Jahren gestorben. Der Sozialist hatte das ölreiche Land 14 Jahre lang mit einer Politik der Umverteilung und Verstaatlichung regiert. Für einige Kommentatoren macht ihn sein Engagement für die Armen unsterblich.

Andere prognostizieren, dass Chávez' sozialistische Revolution aufgrund der stagnierenden Wirtschaft scheitern wird.

Polityka Online: Erbe: Linksruck und Bewusstseinswandel bei den Armen; Polen

Mit dem Tod von Chávez ist die Emanzipation des Landes und der gesamten Region noch lange nicht zu Ende, analysiert das linksliberale Nachrichtenportal Polityka Online: "Die Armen und Entrechteten wissen nämlich jetzt, dass bei demokratischen Wahlen ohne ihre Stimmen niemand an die Macht kommen kann. Sie sind ehrgeizig und können diesen Ehrgeiz auch artikulieren. Das wahrscheinlich wichtigste Erbe, das Chávez hinterlässt, ist der politische Linksruck und der Bewusstseinswandel bei den Armen, die vorher vernachlässigt worden waren. Es betrifft zwar vor allem Venezuela, aber auch andere Länder. Der verstorbene Chávez hat ebenso Volksführern und Sympathisanten in den anderen Staaten Lateinamerikas sowie des gesamten globalen Südens Mut gemacht. [...] Jetzt muss Venezuela erst einmal einen heißen Kampf um seine Nachfolge führen, alte Konflikte werden wieder aufbrechen, und es muss Präsidentenwahlen organisieren. Es wird auch eine Art Volksabstimmung über das Erbe von Hugo Chávez sein." (06.03.2013

NRC next; Megalomaner Populist mit Aufmerksamkeit für die Armen; Niederlande

In den Augen der Elite war Chávez ein megalomaner Populist.

Die wirtschaftliche Zukunft Venezuelas ist nach dem Tod von Chávez ungewiss, analysiert die liberale Tageszeitung NRC.next: "In den Augen der Elite war Chávez ein megalomaner Populist. Ein Mann, der Demokratie und Wirtschaft opferte und seine Popularität mit Öl-Dollars erkaufte. Aber auch Chávez' größte Kritiker haben seine Aufmerksamkeit für die Armen übernommen. Die Oligarchie der alten Öl-Elite von Venezuela wurde durch die Macht der Masse ersetzt. [...] Jetzt ist er tot, aber ein Mini-Chávez steht schon bereit: Vizepräsident Nicolás Maduro. [...] Er kündigte an, dass er Erbe von Chávez bewahren will. Doch die sozialistische Revolution zeigte Risse: Die Wirtschaft stagniert, die Gewalt nimmt zu. Falls das Modell zusammenbricht, werden die Armen, wie so häufig in Venezuela, am härtesten getroffen werden. Aber wahrscheinlich geben sie nicht ihrem Helden Hugo Chávez die Schuld. Des Volkes Ölkönig kann seinen Platz einnehmen neben [dem Unabhängigkeitskämpfer] Bolívar im Pantheon der unsterblichen lateinamerikanischen Führer." (06.03.2013)

L'Humanité: Gehasst und zutiefst menschlich; Frankreich

Der Sozialist Chávez zeichnete sich als Politiker durch großen Eifer aus und wurde so unsterblich, kommentiert die kommunistische Tageszeitung L'Humanité: "Das Volk liebte ihn, weil er das Leben von Millionen von Außenseitern der Gesellschaft verändert hat, weil er Tatkraft und Mut vereinte. Zwischen 1999 und 2008 hat er die öffentlichen Ausgaben pro Einwohner um das Dreifache erhöht, die Armut um 50 Prozent gesenkt, kostenlosen Zugang zu Gesundheits- und Bildungsleistungen eingeführt, das Handelsabkommen Alba als Antwort auf den Freihandel begründet und zur Geburt der [Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten] Celac ohne die USA beigetragen. [...] Deshalb war Chávez ein Mann von Format, der sich durch eine tiefe Menschlichkeit auszeichnete, zugleich einer der meistgehassten Menschen. Und deshalb verteufelten ihn die internationalen Medien, die konservativen Lager und die falschen Linken. Doch es gibt Tote, die einfach unsterblich sind." (06.03.2013)

Huffington Post: Auch in Italien schaut man nicht auf die Ursachen; Spanien

Genauso staunen heute Politologen über die Wahlerfolge des korrupten Berlusconi und des Populisten Grillo, ohne auf die Ursachen dieses neuen Szenarios zu schauen.

Der Populismus von Hugo Chávez war die Konsequenz aus der vorangegangenen Diskreditierung der großen Parteien, erinnert die linksliberale Online-Zeitung Huffington Post: "Bei einem Treffen mit Journalisten in Madrid sagte der Regierungschef einmal in Bezug auf seine große Beliebtheit: 'Ich bin nicht die Ursache, ich bin die Folge.' Das war keine inhaltslose Floskel, im Gegenteil. Vielleicht war es der Schlüssel, um das Phänomen Chávez zu verstehen. Sicher, es gibt zahlreiche Gründe für seinen triumphalen politischen Erfolg. Doch der wichtigste war, dass die beiden großen traditionellen Parteien - die sozialdemokratische Acción Democrática und die christdemokratische Copei - total diskreditiert waren, nachdem sie die ärmeren Schichten jahrzehntelang verachtet und ausgeplündert hatten. Genauso staunen heute viele europäische Politologen über die jüngsten Wahlerfolge des korrupten Berlusconi und des Populisten Beppe Grillo, ohne ausreichend auf die Ursachen dieses neuen Szenarios zu schauen." (06.03.2013

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Illustrationen: (cc)quecomunismo/flickr

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