"Stromberg": Britische Soap für deutschen Humor
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Ein tristes Großraumbüro mit Neonlicht, Papierstapel und klingelnden Telefonen am laufenden Band – das ist nicht der Ort, an dem man eine Comedyserie ansiedeln würde. Trotzdem hatte genau das Erfolg, wie das britische Format „The Office“ beweist. Artikel von: Falk Steinborn
„Le Bureau“, „La Job“ oder „La Ofis“ – so heißen die Nachahmungen der britischen Fernsehserie „The Office“.
Das Format der beiden Briten Ricky Gervais und Stephen Merchant wurde unter anderem in Frankreich, Kanada, Chile und den USA adaptiert. In Deutschland wurde die Serie unter dem Namen „Stromberg“ nachgemacht – und fand schnell ihre Anhänger. Stromberg, das ist zugleich der Name des Abteilungsleiters für Schadensregulierung in einer Versicherungsgesellschaft. Er leitet ein Büro mit Mitarbeitern, die unterschiedlicher nicht sein könnten: Da sind u.a. das Muttersöhnchen Ernie, die dicke aber herzensgute Erika und der draufgängerische und wenig intellektuelle Ulf.
Jeder Bürostuhlbesetzer entspricht einem eigenen Stereotyp. Und alle werden sie verachtet von ihrem Chef Stromberg. Der spielt gern Diktator im eigenen Reich der Akten – ist aber selbst ein Arbeitsverweigerer erster Güte. Soweit nichts Spektakuläres. Denn jede Sitcom basiert aus einer guten Mischung von Stereotypen. Was aber ist das Geheimrezept dieser Serie? „Stromberg“, wie auch alle anderen „The Office“-Adaptionen, setzt auf einen pseudo-dokumentarischen Stil. Die Kamera ist mitten im Geschehen drin zwischen Drucker und Kaffemaschine; sie wackelt mal, und wie bei einer Reportage kommentieren die Büromitarbeiter und allen voran der Chef die Ereignisse im Aktenalltag.
Momente der Peinlichkeit und betretenes Schweigen werden ebenso abgebildet wie politisch unkorrekte Kommentare. Überhaupt lässt Abteilungsleiter „Stromberg“ (Christoph Maria Herbst) an keiner Gruppe von Menschen ein gutes Haar: Er frotzelt gegen Ausländer, Schwule, Frauen, Dicke, Dumme, Blondinen und natürlich seine Mitarbeiter. Sätze wie „Der Türke kann Kaffee, Döner, Bauchtanz. Mehr nicht. Und das ist kein Vorurteil, sondern historisch erwiesen“ oder „Wenn du hier als Chef ‘nen Furz lässt, dann fordert der Betriebsrat gleich ‘ne Lärmschutzwand!” gehören zu seinem Standardrepertoire. Das ist unverblümte, aber inszenierte Authentizität. Und das kommt an.
Die Fancommunity von Stromberg ist groß. Bereits fünf Staffeln mit insgesamt 46 Episoden wurden im TV ausgestrahlt, die DVDs dazu sogar hunderttausendfach verkauft. Der Stromberg‘sche Ausdruck „läuft…“ hat sich mittlerweile in die Alltagssprache junger Deutscher eingeschliffen. Und auch Preise gab es nicht zu knapp. Wie groß der Zuspruch der Fans ist, die unentwegt eine sechste Staffel ihrer Lieblingsserie fordern, bewiesen sie kürzlich: 1 Million Euro spendeten sie in nur einer Woche. Damit folgten sie dem Aufruf der Produktionsfirma. Sie wollte zur Serie einen Stromberg-Film produzieren, brauchte aber das Geld dazu. Deshalb bat sie die Fans per Crowdfunding um Unterstützung. Jeder konnte einen Betrag, egal wie groß oder klein, spenden. Das verblüffende Ergebnis: Bereits in einer Woche hatten die Fans die Million zusammen.
Was in Deutschland gut geklappt hat, funktionierte in anderen Ländern nicht ganz so gut. Bei der BBC, wo das Original ausgestrahlt wurde, reichte es gerade einmal zu zwei Staffeln, in Frankreich sogar zu nur einer. Vielleicht ist es typisch deutsch, dass dieses Format hier Erfolg hatte. Denn der Alltag in einer tristen Versicherungsabteilung mit Fleiß und Ordnung – das passt gut zum Stereotypen.