Simone de Beauvoir vintage: Systemkritik auf Shirts
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Eine Gruppe Feministinnen hat letzte Woche die Straßennamen in Paris mit den Namen bedeutender Frauen überklebt, die immer noch zu wenig Aufmerksamkeit in der Öffentlichkeit bekommen. Das Projekt Des Simones von Julia, Esther und Elsa bringt Feminismus nun auch in die Modewelt: Die französisch-spanische Combo designt und bedruckt alte Shirts mit den Gesichtern von Frauen-Ikonen.
Die Idee entstand, als Julia letztes Jahr keine Weihnachtsgeschenke mehr kaufen wollte: „Wenn man etwas selber macht, hat es mehr Wert für mich. Also dachte ich letztes Jahr, ich nehme alte T-Shirts, designe sie neu und mache Weihnachtsgeschenke daraus.“ Der Name „Des Simones“ gründet auf der Bewunderung der zwei großen „Simones“: Der französischen Politikerin Simone Veil, Namensgeberin des ersten offiziellen Abtreibungsgesetzes in Frankreich, sowie der Philosophin und Feministin Simone de Beauvoir.
80 T-Shirts haben die drei jungen Frauen schon „produziert“ – in Anführungszeichen, weil sie ausschließlich Second Hand-Kleider mit Frauen-Ikonen bedrucken. Bis jetzt wurden die Klamotten ausschließlich über private Spenden gesammelt. Durch eine neue Partnerschaft mit einem Sozialprojekt sollen aber wesentlich mehr Altkleider zusammenkommen.
Für die neue Kollektion haben sich die Künstlerinnen auch für „neue“ Gesichter entschieden, darunter die pakistanische Aktivistin und Friedensnobelpreisträgerin Malala, die sich für Mädchen- und Frauenrechts stark macht, und die amerikanische Jazz- und Bluessängerin Nina Simone. „Wir haben diese Frauen ausgewählt, weil sie in Kunst und in puncto Menschenrechte berühmt sind. Auf der anderen Seite sieht man ihre Gesichter aber kaum, weil sie nicht dem westlichen Schönheitsideal entsprechen: weiß, dünn, groß, jung“, so Julia.
Nachhaltiger Feminismus
Das Projekt "Des Simones" hat sich aber nicht nur den Feminismus, sondern eine ganze Reihe weiterer Ziele auf die Fahnen geschrieben. Vielleicht wirkt es am Anfang etwas verwirrend, wenn Esther und Julia betonen, das Hauptziel ihres Projektes sei das „Schüren von Aufmerksamkeit gegen die Umstände in der Textilindustrie“. Ein nachhaltiges Öko-Feminismus-Mode-Projekt - blicken die Leute da noch durch? Esther erklärt, dass „die Herstellung, Umwelt und Repräsentation der Frauen“ eine Rolle spielten. „Wir nennen all diese Themen, weil sie uns alle wichtig erscheinen. Und wenn man sich mal damit beschäftigt, was in der Textilindustrie so vor sich geht, lassen wir im Projekt auch Vieles außer Acht, zum Beispiel den Tierschutz. Wir versuchen uns auf das zu konzentrieren, was für uns zugänglicher ist.“
Bisher gab es zwei Promotion-Events in den Städten, in denen die Mädels wohnen: Amsterdam und Paris. Anfang September kommt noch Madrid hinzu. Außerdem kontaktieren "Des Simones" auch Organisationen, die ähnlichen Zielen nachgehen, etwa die nichtstaatliche Clean Clothes Campaign, die sich für gerechtere Arbeitsbsbedingungen in der Textilbranche einsetzt, oder den ähnlich gearteten französischen Verein Ethique sur l’étiquette.
Wie es nach dieser zweiten Veranstaltung in der Pariser Recyclerie weitergeht ist noch nicht klar. Wirtschaftlicher Profit liegt wenig im Interesse des Kollektivs, wie Esther erklärt: „Es wäre zwar toll, wenn das Projekt auch erfolgreich ist. Aber unser erstes Ziel ist es Aufmerksamkeit zu schaffen. Natürlich hoffen wir auf einen gesellschaftlichen Effekt.“
Ob die drei eine große Masse für ihr Projekt begeistern können, bleibt trotz ihrer grenzüberschreitenden Ausrichtung fragwürdig. Vielleicht wäre eine etwas ‚strengere‘ Ausrichtung notwendig. Solange es das Ziel ist, Aufmerksamkeit für soziale Themen zu schüren und nicht dem T-Shirtverkauf von H&M und Primark Konkurrenz zu machen, scheinen sowohl die Akteurinnen als auch ihr Publikum zufrieden. Oder aber die Hipster der europäischen Metropolen stürzen sich bald in Scharen auf die farbenfrohen Prints.
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