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Sex tut gut: Entdecke deinen Körper in Berlin

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Translation by:

Lilian Pithan

BerlinLifestyle

Trotz se­xu­el­ler Re­vo­lu­ti­on, Fe­mi­nis­mus und Gen­der Mo­ve­ment sind uns un­se­re Kör­per im 21. Jahr­hun­dert immer noch ein Rät­sel. Warum ist Sex über­all, auch wenn wir kaum offen dar­über spre­chen? Die Sexo­lo­gin Ca­ta­ri­na Bra­zao hilft, Ant­wor­ten auf bren­nen­de Fra­gen zu fin­den - und das ist ganz wört­lich ge­meint. Gast­bei­trag aus dem Ma­ga­zin Eu­ro­pe&Me

Atmet ganz lang­sam. Wenn ihr Schmerz ver­spürt, dann ver­sucht, ihn be­wusst zu er­le­ben. Fühlt euren Kör­per." Wäh­rend hei­ßes Wachs auf nack­te Haut tropft und sich junge Ber­li­ner unter Schmer­zen und Lust win­den, be­wegt sich Cata­rina Brazão leise durch den Raum. Sie er­mu­tigt und un­ter­stützt jeden ein­zel­nen der neun Teil­neh­mer ihres recht ein­deu­tig be­ti­tel­ten Work­shops Sex Tut Gut. Seid laut und be­wegt euch, wenn euch das hilft, den Schock und die Hitze zu ver­ar­bei­ten." Das Thema des heu­ti­gen Abends ist Wachs, das - so Ca­ta­ri­na - in sei­ner ge­schmol­ze­nen Form ein pro­ba­tes Mit­tel sei, sei­nen Kör­per auf neue und auf­re­gen­de Art zu ent­de­cken. 

Was auf den ers­ten Blick wie eine un­or­tho­do­xe Me­tho­de zur Er­kun­dung der ei­ge­nen Se­xua­li­tät wirkt, ist Teil von Ca­ta­ri­nas Ar­beit, mit der sie Men­schen hel­fen will, die ver­lo­ren ge­gan­ge­ne Ver­bin­dung zu ihren Kör­pern wie­der­her­zu­stel­len. Ich glau­be, dass man sein Kör­per­be­wusst­sein we­cken muss, um sein per­sön­li­ches Po­ten­ti­al voll aus­zu­schöp­fen. Be­freie dei­nen Kör­per, um dei­nen Geist zu be­frei­en!" Es ist kein Zu­fall, dass Ca­ta­ri­na ein so in­ter­es­sier­tes Pu­bli­kum ge­ra­de in Ber­lin vor­fin­det. Schließ­lich ist die Stadt doch der kul­tu­rel­le Schmelz­tie­gel des Alten Kon­ti­nents, in dem die Men­ta­li­tät der Schwa­ben auf ost­deut­sches Nu­dis­ten­tum trifft, die Gen­der Fuck-Be­we­gung mit mus­li­mi­schen Glau­bens­sät­zen kol­li­diert und deut­sche Ver­klemmt­heit dem süd­eu­ro­päi­schen Flirt­be­dürf­nis die kalte Schul­ter zeigt. Wer durch den schi­cken Prenz­lau­er Berg oder das mul­ti­kul­tu­rel­le Kreuz­kölln fla­niert, wird schnell mer­ken, dass uns die mensch­li­che Se­xua­li­tät im 21. Jahr­hun­dert - trotz se­xu­el­ler Re­vo­lu­ti­on und Gen­der Mo­ve­ment - immer noch ein Rät­sel ist. Seit wann zie­hen sich Hips­ter wie Schul­kin­der an? Warum geht es über­all nur um Sex, ob­wohl wir kaum je offen dar­über reden? Und was pas­siert wirk­lich hin­ter ver­schlos­se­nen Türen? 

Ent­de­cke dei­nen Kör­per - ein­mal an­ders

Ca­ta­ri­na, die ur­sprüng­lich aus Ma­dei­ra stammt und 2007 als Eras­mus­stu­den­tin nach Ber­lin kam, ar­bei­te­te als Psych­ia­te­rin, bevor sie sich 2010 der ho­lis­ti­schen Kör­per­the­ra­pie zuwand­te. Auch wenn viele ihrer Heil­ver­fah­ren auf sexo­lo­gi­schen Prak­ti­ken be­ru­hen, sind die Ge­ni­ta­li­en doch nicht das Zen­trum ihrer Ar­beit. Beim so­ma­ti­schen An­satz geht es nicht wirk­lich um Sex, son­dern um mehr Acht­sam­keit und Be­wusst­wer­dung. Se­xua­li­tät kommt dann erst spä­ter ins Spiel, denn wenn man ein­mal ganz in sei­nem Kör­per an­ge­kom­men ist, dann merkt man auch, dass ei­gent­lich alles sinn­lich und se­xu­ell ist." Des­we­gen lehrt sie, zu­sam­men mit der ita­lie­ni­schen Heil­prak­ti­ke­rin und Tän­ze­rin Fe­de­ri­ca Fiore, ein neues Kör­per­be­wusst­sein auf un­kon­ven­tio­nel­le Art und Weise. In den Work­shops be­han­deln wir so un­ter­schied­li­che The­men wie kör­per­li­che Kom­po­si­ti­on, Selbst­be­frie­di­gung und ero­ti­sche Kon­stel­la­tio­nen mit spie­le­ri­schen und prak­ti­schen Mit­teln", er­klärt Ca­ta­ri­na. Es hat uns über­rascht zu sehen, wie gut das funk­tio­niert! Am Ende un­se­rer The­ra­pie­ein­hei­ten ist jeder glück­lich, auch wenn man­che Teil­neh­mer ganz nackt sind und an­de­re ihre Klei­der an­be­hal­ten haben." Unter den Teil­neh­mern sind junge Paare und Sin­gles aller Al­ters­grup­pen, Ge­schlech­ter und kul­tu­rel­ler Hin­ter­grün­de. Denn auf der Suche nach einer ganz­heit­li­chen Se­xua­li­tät sit­zen alle im glei­chen Boot. Wenn wir ehr­lich sind, dann hat uns doch nie je­mand etwas bei­ge­bracht. Als Ju­gend­li­che haben wir nur ge­lernt, un­se­re ero­ti­sche En­er­gie so schnell wie mög­lich los zu wer­den", be­män­gelt Ca­ta­ri­na. Schon als Kind habe ich es ge­nos­sen zu mas­tur­bie­ren, aber erst in den letz­ten Jah­ren konn­te ich das zu einer ech­ten Prak­tik der Selbst­be­frie­di­gung und der Selbst­lie­be aus­bau­en." Und das ist nur eine von vie­len Er­fah­run­gen, die sie wei­ter­ge­ben möch­te. Gleich­zei­tig er­klärt sie mit Nach­druck, dass es kein spe­zi­ell weib­li­ches Pro­blem sei, sich sei­nem Kör­per fremd zu füh­len. Über­ra­schen­der­wei­se haben Män­ner oft die glei­chen Pro­ble­me wie Frau­en. Sehr oft han­deln sie nur me­cha­nisch und sind un­fä­hig, Sex wirk­lich zu ge­nie­ßen." 

Das sind doch nur die Ge­ni­ta­li­en"

Des­we­gen bie­tet Ca­ta­ri­na mit ihrer deut­schen Kol­le­gin Ma­re­en Scholl auch Kurse in Gen­i­tal Med­i­ta­tion an, eine Prak­tik, die zu mehr in­di­vi­du­el­lem ero­ti­schen Kör­per­be­wusst­sein ver­hel­fen soll. Durch drei ver­schie­de­ne Stri­ch­ar­ten, die bis zu 15 Mi­nu­ten auf die Ge­ni­ta­li­en an­ge­wen­det wer­den, ist es das Ziel die­ser Me­di­ta­tio­nen, die „hei­len­de Be­rüh­rung" ein­fach nur zu ge­nie­ßen, ohne sich ge­zwun­gen zu füh­len, sie zu er­wi­dern. Das sind doch nur die Ge­ni­ta­li­en und sie er­zeu­gen nur se­xu­el­le En­er­gie. Die ge­hört dir und es ist nicht schlecht, wenn du sie fühlst", er­klärt Ca­ta­ri­na mit einem Lä­cheln. In un­se­rem Lie­bes­le­ben wol­len wir aber immer etwas zu­rück geben und kön­nen uns daher nicht dar­auf kon­zen­trie­ren, am Emp­fän­ge­ren­de zu sein und ein­fach nur Lust zu ver­spü­ren." Be­son­ders Frau­en schei­nen sich für die Ge­ni­tal Me­di­ta­ti­on-Work­shops zu in­ter­es­sie­ren, aber Ca­ta­ri­na kann auch eine wach­sen­de An­zahl Män­ner ver­zeich­nen, die darum be­müht sind, ihren Kör­pern wie­der näher zu kom­men. 

In Ber­lin wohnt Ca­ta­ri­na nun schon seit ei­ni­gen Jah­ren, doch sie or­ga­ni­siert auch immer wie­der Work­shops in an­de­ren eu­ro­päi­schen Län­dern, um mehr Be­wusst­sein für die not­wen­di­ge Ein­heit von Kör­per, Seele und Geist zu schaf­fen. Es geht hier nicht um das Kli­schee von den Nord­eu­ro­pä­ern, die an­geb­lich kalt und ver­klemmt sind. Meine Ar­beit hilft Men­schen aus Por­tu­gal, Tsche­chi­en und Spa­ni­en ge­nau­so sehr." Wenn man nach Ca­ta­ri­nas Er­fah­rung geht, dann haben Leute aus den an­geb­lich sinn­li­chen Län­dern" ein­fach nur an­de­re Pro­ble­me mit ihren Kör­pern. Nur weil Süd­eu­ro­pä­er mehr flir­ten, heißt das noch lange nicht, dass sie auch bes­se­re Lieb­ha­ber sind", setzt sie mit einem La­chen hinzu. 

Dem Kör­per seine ganze Auf­merk­sam­keit wid­men

Wäh­rend hei­ßes Wachs wei­ter auf nack­te Haut tropft und dabei ge­le­gent­lich Schreie, Seuf­zer oder Stöh­nen pro­vo­ziert, ist die At­mo­sphä­re beim Sex Tut Gut-Work­shop er­staun­lich ent­spannt. Man­che der Teil­neh­mer sind sicht­bar dabei, ihre Kör­per neu zu ent­de­cken und ihre in­di­vi­du­el­le Se­xua­li­tät al­lei­ne oder zu zweit zu er­for­schen. An­de­re wer­den sich ein­fach nur der Exis­tenz ihrer Kör­per be­wusst. Das ist ein sehr in­ter­es­san­ter Pro­zess", flüs­tert Ca­ta­ri­na lä­chelnd. Wenn man wirk­lich in sei­nem Kör­per an­ge­kom­men ist, dann sind die Ge­ni­ta­li­en ein­fach nur ein Teil da­vo­n und gar nicht mehr so auf­re­gend. Wer sei­nen Kör­per als Gan­zes ak­zep­tiert und re­spek­tiert, der kann sich auch selbst mehr lie­ben." Die jun­gen Ber­li­ner, die ge­ra­de be­gin­nen, ihre Vor­stel­lun­gen von ihrem ei­ge­nen Kör­per und ihrer Se­xua­li­tät zu über­den­ken, be­ge­ben sich also auf eine lange Reise, die sie in un­be­kann­te und auf­re­gen­de Ge­fil­de führt. Aber diese lie­gen ganz si­cher nicht immer nur zwi­schen ihren Schen­keln.

Die­ser Ar­ti­kel ist ein Gast­bei­trag aus der Spe­cial Edi­tion 2014 des eu­ro­päi­schen On­line­ma­ga­zins Eu­rope&Me. Alle Rech­te lie­gen bei der Au­to­rin und Eu­ro­pe&Me. 

Translated from Sex Tut Gut: Explore Your Body in Berlin