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Sesamstraße, Stühle und Showdown: Die US-Wahlen 2012 in 5 Clips

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Katha Kloss

KulturPolitikLifestyle

Wenn Hollywood-Urgestein Clint Eastwood vor tausenden von Menschen einem leeren Stuhl die Meinung geigt, sich Big Bird aus der Sesamstraße nicht politisch vermarkten lassen will und Obama sprichwörtlich ‚entjungfert‘ – dann kann es sich nur um eins handeln: Showtime - Es sind Wahlen in den USA, und um am 6. November in das Weiße Haus einzuziehen sind alle Mittel des Entertainment recht.

Die US-Kampagne in 5 Clips.

Ich liebe Big Bird

„Ich liebe Bibo“, hatte Mitt Romney im ersten TV-Duell gegen den amtierenden Präsidenten Barack Obama verlauten lassen. „Aber ich werde nicht weiterhin Geld für Dinge ausgeben, für die ich Geld von China leihen muss". Typisch für den US-Wahlkampf 2012 sind Video-Wortgefechte der Präsidentschaftskandidaten, in denen Zitate des Opponenten aufgegriffen werden. Der republikanische Kandidat Mitt Romney hatte angekündigt, Fördergelder des Senders PBS, der unter anderem die Sesamstraße ausstrahlt, streichen zu wollen. Prompt konterte es im Camp Obama: „Groß, gelb, eine Gefahr für unsere Wirtschaft!“ Nicht um Wall Street müsse man sich Sorgen machen, sondern um die Sesamstraße.“ Bibo (im Englischen Big Bird) will allerdings keinen der beiden Präsidentschaftsanwärter unterstützen. Man beteilige sich nicht an politischen Kampagnen, hieß es in einer Stellungnahme aus der Sesame Street.

Eastwooding

"Dieser Stuhl ist besetzt"Die #emptychair-Affäre 2012 hat online hohe Wellen geschlagen. Hollywood-Schwergewicht Clint Eastwood war der Überraschungsredner beim Parteitag der Republikaner im August. Pompös lief der 82-Jährige zur Hymne seines altbackenen Westerns Zwei glorreiche Halunken auf der Bühne in Tampa ein. "Wenn jemand seinen Job nicht macht, dann müssen wir ihn gehen lassen": Die Rede des konservativen Oscarpreisträgers, in der Eastwood einen leeren Stuhl – und einen nicht anwesenden Mister President - anpöbelte, ihm schlechte Führungsqualitäten in Wirtschafts- und Kriegsfragen vorwarf, wurde im Netz größtenteils zerrissen - und Eastwood zum armseligen Trendsetter. 'Eastwooding' nennt sich neuerdings die Kunst mit leeren Sitzmöbeln zu plauschen. Obamas Team reagierte mit einem der meist geretweeteten Kommentare auf der Social Media Plattform Twitter: „This seat is taken“ (Dieser Stuhl ist besetzt). Die Republikaner, die Barack Obama die Schuld für die hohe Arbeitslosigkeit in den Staaten geben (7,8% im September 2012), schlugen wiederum am Labour Day (3. September) zurück und riefen stattdessen den 'Empty Chair Day' aus, an dem leere Stühle fotografiert und online gestellt werden, um die schlechte Jobsituation im Land zu verbildlichen.

Romneys “47 percent”

Der Tiefpunkt in der Kampagne von Mitt Romney ist das heimlich gefilmte Video von einer Spendengala im Mai, in dem der Republikaner 47 Prozent der Amerikaner vorwirft, den USA auf der Tasche zu liegen, als Sozialschmarotzer vom Staat zu profitieren. Obama-Wähler seien sie natürlich - ganz klar. Romney bezeichnet sie als Opfer, die dem Staat auf der Tasche liegen und keine Einkommenssteuer zahlen. Doch hatte der Präsidentschaftskandidat nicht mit dem linksgerichteten Magazin Mother Jones gerechnet, welches die Beleidigung von 47% der US-Bürger prompt online stellte. Eine Entschuldigung war fällig, die der bekennende Mormone nach einigen Verzögerungen im September auch öffentlich ablieferte.

Frauenversteher

Kalt lässt der Ende Oktober auf YouTube veröffentlichte Clip „Your first time“ niemanden. Die Kritiker (Obama habe die Idee bei Putin geklaut!) sind ebenso zahlreich wie die Fans (süß!). Lena Dunham, die 26-jährige Drehbuchautorin und Schauspielerin, an der wir 2012 dank ihrer neuen HBO-Serie Girls (Konzept: Sex and the City trifft Indignados) nur schwer vorbeikommen werden, erzählt in ihrer kurzen Videobotschaft von einer ganz speziellen Entjungferung: „Das erste Mal sollte nicht mit irgendwem sein […], sondern mit jemandem, der sich um Frauen sorgt und sie versteht.“ Dass es sich bei diesem Frauenversteher um Barack Obama und Dunhams erste Stimmenabgabe handelt – neben Frauenrechten werden im Clip auch Themen wie gleichgeschlechtliche Ehe, Verhütung und der Irakkrieg angesprochen – hat jeder trotz der Doppeldeutigkeiten relativ bald gepeilt. In puncto Mädels hat auch Obama-Kontrahent Mitt Romney seinerseits nicht gerade punkten können. Auf eine Frage zur Gleichberechtigung in seinem Kabinett antwortete der Republikaner, er habe alle Hebel in Bewegung gesetzt und „Ordner voller Frauen“ angefordert. Der gleichnamige tumblr 'binders full of women' ging am nächsten Tag online.

Pop-Präsidenten

Welche Größenordnungen der Entertainment-Faktor zu den US-Wahlen tatsächlich erreichen kann, zeigt der Erfolg des YouTube-Kanals eines Studenten der Universität von Tennessee Baracksdubs, der im Winter 2011 damit anfing, die Reden des amtierenden Präsidenten mit amerikanischen Pop-Songs von Lady Gaga, Justin Bieber und Co. zu remixen. Highscore: Über 30 Millionen Menschen klickten den Obama-Remix „Call Me Maybe“ der Canadian Idol Gewinnerin Carly Rae Jepsen bereits an. Mit Katy Perrys „Hot and cold“ geht das Pop-Duell Romney vs. Obama in die letzte Runde.

Illustrationen: Teaserbild Drachen (cc)~db~/flickr; Big Bird (cc)SidechainTV/YouTube; Eastwooding (cc)ABCnews/YouTube; 47% (cc)TheDailyConversation/Youtube; Your first time (cc)BarackObamadotcom/YouTube; Hot and cold (cc)baracksdubs/YouTube

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