Sakhr Al-Makhadhi, Syrien live aus London
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Barbara BraunSakhr Al-Makhadhi ist Blogger und Syrienexperte für BBC. Der in Großbritannien geborene Sohn eines arabisch-jemenitischen Vaters und einer englischen Mutter ist zwischen Zeitungen und Politik aufgewachsen. Er hat es sich zur Aufgabe gemacht, mit anderen Augen auf den Mitteren Osten zu schauen.
London ist groß und unübersichtlich und voller Gegensätze. Für unser Treffen mit Sakhr haben wir uns an einem präzisen Ort verabredet: in Aldgate, auf halbem Weg zwischen Shoreditch und Farringdon. Und selbst da ist es uns passiert, auf unterschiedlichen Straßenseiten zu landen, aber gefunden haben wir uns trotzdem. Wir gehen in ein Prêt à Manger und beginnen sofort voller Leidenschaft über Journalismus, die Krise in Syrien, das familiäre Umfeld von Sakhr und den arabischen Frühling zu diskutieren.
schluss mit oberflächlichkeiten
Wenn man ihn fragt, warum er Journalist geworden ist, antwortet Sakhr mit einer Geschichte: „Ich bin in Großbritannien geboren, aber ich habe arabische Wurzeln. Die Welt und die Kultur des Mittleren Ostens waren immer ein zentraler Punkt in meinem Leben. Mein Vater war Politiker, und ich bin mit Nachrichten über die Ereignisse in diesen Ländern aufgewachsen. Ich habe schnell begriffen, dass viele Geschichten nicht ausreichend publik gemacht wurden. Andere wiederum wurden den Menschen in den westlichen Ländern und Großbritannien auf nur sehr oberflächliche Weise übermittelt. Dabei sind es Geschichten, die es verdient haben, dass man ihnen auf den Grund geht." Sakhr hat Internationale Beziehungen studiert: „Ich wollte akademisches Wissen über die Region des Mittleren Ostens und ihre politische Dynamik anhäufen. Nach meinem Studium bin ich ein Jahr nach Syrien gegangen und habe dort Arabisch gelernt. Denn das konnte ich nicht, ich bin ja in England aufgewachsen."
Er erzählt mir, wie er zum Journalismus gekommen ist: „Ich bin in den 80ern aufgewachsen. Channel 4 hat damals den Fernsehjournalismus revolutioniert. Mein Vater war zu dieser Zeit politisch sehr aktiv, sein Telefon läutete ununterbrochen. Ich hörte ihn über Politik diskutieren - auf Englisch und auf Arabisch. Und ich schaute Nachrichten in beiden Sprachen." Während ich so mit Sakhr diskutiere, wird mir klar, dass wir beide aus der sogenannten zweiten Generation stammen, er mit einem jemenitischen Vater und einer englischen Mutter. Auch er hat Wurzeln in beiden Welten und ihren verschiedenen Lebensweisen. Sakhr hat starke Beziehungen zur westlichen, als auch zur arabischen Welt. Und genau deshalb hat er einen neuen, originellen und anderen Blick auf den Mittleren Osten.
- Schaut einen Beitrag von Sakhr bei der BBC an -
Bevor er mit der BBC Kontakt aufgenommen hat, war Sakhr in Syrien, um „Geschichten über die arabische Welt zu sammeln und Künstler und junge Menschen vor Ort kennenzulernen." Er beschließt sie mitzunehmen, trägt sie übers Mittelmeer. Die Entscheidung, einen Dokumentarfilm über Syrien zu drehen, kommt nicht von ungefähr, sondern hängt direkt mit der maßgebenden Rolle zusammen, die das Land im Mittleren Osten spielt. Sakhr meint, dass „die englischen Medien keine Information über dieses Land bringen: wahrscheinlich, weil es niemals ein koloniale Verbindung gegeben hat." Bei seiner Rückkehr nach England beginnt Sakhr an einem einfachen Blog zu schreiben. Und das sollte sich auf Dauer bezahlt machen, denn der junge Journalist findet sich plötzlich im Zentrum der britischen Journalistenwelt wieder. Nach seinem ersten Auftritt bei der BBC, ermutigt ihn der Sprecher: „Wenn du noch andere Geschichten kennst, andere Blickpunkte hast, die wir nicht genug in Betracht ziehen, solltest du es uns unbedingt wissen lassen."
VOM BLOG INS STUDIO
Syrien wird schnell zum Zentrum von Sakhrs Aktivität, Engagement und Motivation. Geht es ihm dabei um eine bestimmte Geschichte? Er nickt, es sind die schwierigen Bedingungen, mit denen die Journalisten des Landes leben müssen, die ständige Bedrohung durch das „Regime und die Islamisten". Was den Arabischen Frühling betrifft, gibt mir Sakhr zu verstehen, dass man über die Klischees hinausblicken muss: „Wir wissen noch nicht, welche Auswirkungen er langfristig haben wird, aber ich glaube, dass ein positiver Punkt erreicht ist: die Aktivisten können sagen, dass vom heutigen Zeitpunkt an die Bemühungen um das Engagement der Bürger in den verschiedenen Ländern koordiniert werden kann." Er zeigt Parallelen zu den Bürgerbewegungen in der Türkei, Brasilien und zur Occupy-Bewegung im Westen auf.
SYRIEN IM BRENNPUNKT
Die neue Popularität erschwert seine journalistische Arbeit derzeit. Wenn es nach Sakhr ginge, gäbe es mehr „Fact checking. Jede Information muss mehr als einmal einmal überprüft werden, das ist Teil der journalistischen Arbeit."
Auch wenn er nicht weiß, was noch auf ihn zukommen wird, Sakhr träumt davon „Korrespondent von Al Jazeera English, Channel 4 News oder der BBC" zu werden und hofft, „dass Syrien jene mediale Aufmerksamkeit bekommen wird, die es verdient." Sakhr will sich auch um den Jemen kümmern, sein Land, obwohl das ein harter Brocken Arbeit sein würde: „Es gibt nur sehr wenige Journalisten, die vom Jemen berichten, besonders wegen der Gefahr, die überall vor Ort lauert. Die Wahrheit ist allerdings, dass der Jemen schon immer aus dem medialen Rahmen gefallen ist, die Leute würden gar nicht verstehen, worüber da berichtet wird."
Zum Abschluss unseres Interview gab mir Sakhr noch eine schöne Definition von Journalismus mit: „Wir sind Vermittler zwischen den Menschen, die keine Stimme haben, und jenen, die sie hören möchten. Wir sind nicht mächtiger als die Geschichten, die wir erzählen, und sollten es auch niemals werden."
Dieser Artikel erscheint in einer Reihe über den syrischen Bürgerkrieg und seine Auswirkungen.
Translated from Sakhr Al-Makhadhi, la Siria a Londra