Reporter ohne Grenzen: Irans Justiz will die Geschichte löschen
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Mandy MummertReporter ohne Grenzen (ROG) prangert aufs Schärfste die Verurteilung von Ahmad Montazeri zu 21 Jahren Gefängnis am 27. November 2016 an. Dieser Verantwortliche der Internetseite von Ajatollah Hossein Ali Montazeri wurde verurteilt, weil er eine Audioaufzeichnung veröffentlicht hatte, in welcher es um die Welle der gegen politische Häftlinge verhängten Todesurteile in den 80er Jahren ging.
21 Jahre Gefängnis für die Information seiner Mitbürger über eines der dunkelsten Kapitel in der Geschichte Irans. Nach einer Anhörung unter Ausschluss der Öffentlichkeit und ohne Beistand eines Anwalts am 19. Oktober wurde Ahmad Montazeri am 27. November zu zehn Jahren Haft wegen „Gefährdung der Staatssicherheit“, zehn Jahren Haft wegen der Veröffentlichung von „als geheim eingestuften Audioaufzeichnungen“ und einem zusätzlichen Jahr wegen „Propaganda gegen das Regime“ verurteilt. Ahmad Montazeri äußerte den Medien gegenüber seine Absicht, Berufung gegen dieses ungerechte, dem Richter von den Nachrichtendiensten aufgezwungene, Urteil einzulegen. Er widersprach zudem, dass diese Aufzeichnungen als geheim einzustufen sind.
Die Publikmachung dieser Audioaufzeichnung hat ein politisches und mediales Erdbeben im Iran ausgelöst. Die Aufzeichung wurde am 9. August 2016 auf der Internetseite von Ajatollah Hossein Ali Montazeri veröffentlicht. Sie enthüllt die Wortwechsel, die am 14. August 1988 zwischen Hossein Ali Montazeri und den von Ajatollah Ruhollah Khomeini berufenen Mitgliedern einer Kommission stattfanden. Die Aufgabe dieser Kommission bestand darin, Tausende von politischen Gefangenen, die bereits von den Revolutionsgerichten in einem Prozess zu Gefängnisstrafen verurteilt worden waren, zu verhören. Kraft einer von Ajatollah Khomeini erlassenen Fatwa (religiöser Erlass) verurteilten die Mitglieder dieser Teheraner Kommission sowie Beamte ähnlicher landesweiter Kommissionen im Laufe des Sommers 1988 Tausende von Gefangenen, die sich weigerten ihren Überzeugungen abzuschwören, zum Tode. Die Befragungen dauerten manchmal nur einige Minuten.
In dieser Aufzeichnung erklärt Ajatollah Montazeri ausdrücklich seine Missbilligung dieser Hinrichtungen und qualifiziert diese als „das abscheulichste Verbrechen, das in der Islamischen Republik begangen wurde“. Er spricht ebenfalls die Mitglieder der Kommission an: „Sie sind es, meine Herren, die es begangen haben, und ihre Namen werden als die von Verbrechern in die Geschichte eingeschrieben werden.“
Am 10. August 2016 wurde, auf Aufforderung des Ministeriums für Nachrichtendienste, die Audioaufzeichnung von der Internetseite entfernt. Drei Tage später wurde Ahmad Montazeri vom Klerikergericht (das verfassungswidrige Sondergericht zur Verurteilung Geistlicher) vorgeladen.
Zum ersten Mal haben ranghohe Beamte des Regimes öffentlich Stellung zu diesem Massaker bezogen, ein Tabuthema im Land. Einige Mitglieder dieser Kommission haben heute hohe Ämter innerhalb des Regimes inne. Zu nennen sind insbesondere Mostafa Pour-Mohammadi (Justizminister), Hossein Ali Nayeri (Präsident des obersten Disziplinargerichtshofs) sowie der ehemalige Generalstaatsanwalt Ebrahim Reissi, ein Ali Khamenei nahestehender Würdenträger.
Der Ajatollah Hossein Ali Montazeri, einstiger designierter Nachfolger Khomeinis, war einer der Theoretiker der Islamischen Revolution, bevor er im März 1989 auf Anordnung Khomeinis von der Macht entfernt wurde, nachdem er die Massenhinrichtungen politischer Gefangener in den Haftanstalten des Landes enthüllt hatte. Seine im Iran nicht zugängliche Internetseite veröffentlicht regelmässig Berichte über die Religion. Die Artikel von Ajatollah Hossein Ali Montazeri und seinen Vertrauten werden als Kritik an der Linie und offiziellen Politik Ali Khameneis und der Behörden den Islam betreffend angesehen.
Translated from Reporters sans frontières : La justice en Iran veut effacer l'Histoire