Paris: Der Gezeichnete Weg eines Syrischen Migranten
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Barbara BraunPortrait eines syrischen Migranten und Künstlers, der seit 10 Jahren sein Exil in Frankreich zeichnet und nun auch die Wege seiner Landsleute an den Wänden des „Bistros des Revolutionäre" verewigt.
Laut UNO leben derzeit mehr als 200 Millionen Menschen außerhalb ihres Heimatlandes. Das entspricht etwa 3% der Weltbevölkerung. Jeder Auswanderer hat andere Ziele und Gastländer sind unterschiedlich. Die meisten Migrationsströme bewegen sich allerdings in den Grenzregion zwischen zwei oder mehreren Staaten.
Eine bunte welt
Migranten, die ins Exil gehen, wollen ihren untragbar gewordenen Lebensumständen entfliehen. Auf ihrer Suche nach einer besseren Zukunft werden sie oft von den Geistern der nahen und fernen Vergangenheit eingeholt. Genauso geht es Firas, dem „Steuermann" des syrischen Bistros in Paris. Er hat vor zehn Jahren beschlossen sich in der französischen Hauptstadt niederzulassen, um dort bildende Kunst „in Farbe" zu studieren. Denn in Damaskus gab es nur Lehrbücher in schwarz-weiß.
Nur zehn von mehreren hundert Kandidaten erhielten das heißbegehrte Visum für ein Studium in Frankreich. „Meine ersten Tage in Paris verbrachte ich nur in Museen, saugte die Farben von Bildern und Gemälden in mich auf. Viele der Bilder kannte ich nur in schwarz-weiß. Es war überwältigend sie in Farbe zu sehen. Es war als ob ein Schleier gelüftet wurde, der die wahre Schönheit der Dinge verbarg", erzählt Firas.
Nach den ersten Tagen puren Entzückens, wird unser syrischer Freund mit den ersten Problemen des Pariser Lebens konfrontiert. „2010 war ich noch an der Universität. Ich hatte einen Unfall mit meinem Scooter und konnte drei Monate lang meine Wohnung nicht verlassen", erklärt er uns, „das Problem war, dass ich meine Diplomarbeit einreichen musste. Ich musste also das Abgabedatum verschieben. Im Jahr darauf hat man mir meine Aufenthaltsgenehmigung verweigert und eine Ausreiseverpflichtung geschickt (OQTF - Obligation de quitter le territoire français)."
Firas nimmt sich einen Anwalt, kann bis zum Urteil allerdings keine entgeltliche Tätigkeit ausüben. 11 Monate sind eine lange Zeit, wenn man in einer der teuersten Städte Europas wohnt. Warum es so lange gedauert hat, fragt sich Firas bis heute. So viel Zeit vergeht im Durchschnitt zwischen der Einbringung der Berufungsklage und dem Urteil. „Ich habe dann eine Studentenvisum bekommen, das wieder nur ein Jahr gültig war", fährt der Betroffene fort, es war lediglich „eine Routineantwort. Ich habe mein Studienjahr mit guten Noten bestanden. Ich war eben fleißig."
DAS "Kaffee der Revolutionäre"
Firas schafft sein Masterstudium. Das Dokument ist für ihn Gold wert. Es verhilft ihm zu einem „richtigen" Aufenthaltstitel. Auch wenn seine Geschichte ein Happy End hat, vergißt der Syrier nie woher er kommt. Die Lage seiner Mitbürger im kriegszerrütteten Land beschäftigt ihn ständig. „Architekten und Ärzte sehen sich gezwungen, das Land zu verlassen, um anderswo ein besseres Leben zu beginnen", meint er.
Heute arbeitet er im Bistrot Syrien, auch „Kaffee der Revolutionäre" genannt. Es ist eine Art Unterschlupf für syrische Migranten, die laut Firas „zu Hunderten" nach Paris kommen. Es ist der Treffpunkt der Syrer von Paris, ein Ort an dem sie sich versammeln und ungestört über Politik reden können. Der Ruf nach Freiheit steht an den Wänden, die zur stummen Tafel der Wünsche und Sehnsüchte so mancher (Stamm-)Gäste geworden sind.
Dieser Artikel ist Teil einer Sonderreihe über Paris, die auf Initiative von Cafébabel in Zusammenarbeit mit Search for Common Ground und der Anna-Lindh-Stiftung im Rahmen des Projekts "Euromed Reporter" veröffentlicht wird. Weitere Artikel demnächst auf der Startseite dieses Magazins.
Translated from Paris : les desseins d'un migrant syrien