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Panama Papers: Nur die Spitze des Eisbergs

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Juliane Büchner

Politik

[Kommentar] Sonntag war ein guter Tag. Ich hätte nie gedacht, dass ich einmal den Tag erleben würde, an dem so viele Meldungen über geheime Geldgeschäfte die weltweiten Nachrichten überfluten. Das Offshore-System bekommt endlich die Aufmerksamkeit, die es verdient - jetzt hoffen wir nur, dass das neue Interesse für das Thema nicht so schnell verebbt wie es gekommen ist.

Die vom International Consortium of Investigative Journalists (ICIJ) ausgewerteten Dokumente bestätigen, was schon seit einiger Zeit vermutet wurde: es gibt ein verstecktes Finanzuniversum, das nur den Superreichen und Supermächtigen zugänglich ist. Aber anders als bisher haben die neuen Enthüllungen genug Hebelwirkung, um wirklich Maßnahmen gegen den Ge- und Missbrauch des Finanzgeheimnisses anzustoßen. Jetzt kann sich niemand mehr vor der Wahrheit verstecken.

Mit der Freigabe von 2,6 Terabyte Informationen, die 11,5 Millionen interne Dokumente aus den Jahren 1977 bis 2015 enthalten, wurde in ein wahres Wespennest gestochen: mehr als 214.000 Unternehmen sind verwickelt, unterstützt werden sie von mehr als 14.000 Mittelsmännern.

Regierungschefs, Politiker, Forbes-gelistete Milliardäre, Drogenbarone, Prominente, Betrüger, FIFA-Funktionäre - sie alle sitzen mit im Boot. Einigen erscheint es verdächtig, dass bisher keine wichtigen Akteure aus dem Westen kompromittiert wurden. Allerdings beziehen sich die Daten auf mehr als 200 Länder. Es erfordert Zeit, all diese Informationen zu verdauen und wir werden in den kommenden Wochen zweifellos weitere Entwicklungen sehen. Das ist die beste Art von investigativem Journalismus, und irgendwie hat sich die ganze Zeit niemand verplappert.

8 Prozent des Nettogeldvermögens in Übersee angelegt

Trotzdem stehen die Geschäfte in Panama nicht für sich allein. Vielmehr sind sie nur die Spitze eines Eisbergs, unter der noch weitere gut gesicherte Verstecke für große Geldsummen schlummern. Um das ganze Ausmaß des Problems zu verstehen, müssen wir tief Luft holen und einen Schritt zurück machen. Gabriel Zucman schätzte vor Kurzem, dass 7,6 Billionen Dollar - ungefähr 8% des weltweiten Nettogeldvermögens - im Offshore-System versteckt sind. Mossack Fonseca ist die viertgrößte Firma, die Offshore-Dienstleistungen anbietet. Trotzdem ist es nur eine Firma, an einem Ort. Das wirft die Frage auf: wer sind die drei größten?

Fälle wie die in den Panama Papers wurden auf den Bermudainseln, den Kaimaninseln, den Britischen Jungferninseln und anderswo dokumentiert. Allerdings sind die prominentesten geheimen Gerichtsbarkeiten nicht die in Bananenrepubliken, sondern viel näher als wir denken: in einigen der größten Finanzzentren. Die USA, die Schweiz, das Vereinigte Königreich bieten alle Wege an, vor den Gesetzen und Konventionen zu entkommen, die woanders existieren. Dabei geht es nicht notwendigerweise um Steuern, sondern auch um viele andere Regularien - zum Beispiel zum sogenannten wirtschaftlichen Eigentum.

In den USA zum Beispiel ist es einfacher als überall sonst in der Welt (außer in Kenia), eine Strohfirma zu gründen, so eine neue Studie. Die Schweizer sind Experten im Bankgeheimnis. Das Vereinigte Königreich hat das Konzept des Offshore-Systems selbst kreiert, mit seinem großen Netzwerk von Kronbesitzungen.

Keine bindenden Gesetze

Es ist besorgniserregend, dass die meisten Operationen von Mossack Fonseca legal sind, weil es einfach keine robuste Gesetzgebung zu wirtschaftlichem Eigentum und der Gründung von Strohfirmen auf globaler Ebene gibt. Während diese Praktiken in vielen Fällen juristisch gerechtfertigt sind - allerdings ohne irgendeine Art von Regulierung oder der nötigen Sorgfalt, wenn es um Identitätsnachweise der Beteiligten geht - lädt diese allumfassende Anonymität zu Steuerhinterziehung, Regierungskorruption und kriminellen Aktivitäten ein.

Global Financial Integrity, ein NGO mit Sitz in Washington, schätzt, dass Undurchsichtigkeiten im globalen Finanzsystem mindestens 1,1 Billionen US-Dollar pro Jahr aus Schwellen- und Entwicklungsländern abziehen. Alles dank der Geheimhaltung von Steueroasen, anonymen Firmen, handelsbasierter Geldwäsche und lascher Vollstreckung von Finanzstraftaten. Das ist mehr, als die Länder über direkte Investitionen aus dem Ausland und Entwicklungshilfe zusammen bekommen. Um es anders auszudrücken: man muss sich vorstellen, immer wenn man einen Euro spendet, werden zehn weitere abgeschöpft.

Eine Herausforderung für die Internationale Gemeinschaft

Man nehme sich einen Moment und denke über die Rolle nach, die das Offshore-System bei der Verschärfung von Armut und Ungleichheit spielt. Es ist zentral an vielen Schlagzeilen der Welt beteiligt: die Finanzkrise 2008, die Finanzkrise 1929, Waffenschmuggel, Finanzierung von Terroristen, Bürgerkriege, Menschenschmuggel in der Flüchtlingskrise, die Betäubungsmittelindustrie, politische Macht, die durch korrupte Diktaturen weitergeführt wird - die Liste ist endlos.

Die Panama Papers sind sehr gute Nachrichten. Aber großartig wäre es, wenn wir diesen Themen in ein paar Monaten immer noch Aufmerksamkeit schenken würden. Der Impuls, den die Ergebnisse des ICIJ momentan freigesetzt haben, muss genutzt werden: Die Internationale Gemeinschaft muss unter Druck gesetzt werden, endlich das Finanzsystem im Schatten anzugreifen. Wenn diese Ereignisse das nicht schaffen, weiß ich nicht, was sonst.

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Dieser Artikel wurde von unserem Lokalteam cafébabel Brüssel veröffentlicht.

Translated from Follow the money: Panama Papers just tip of the iceberg