Nord-Süd-Connection im Mittelmeer
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Mitten im Mittelmeer treffe ich ein bisschen Eurogeneration – in den Ferien auf Pantelleria, einer kleinen Insel auf halbem Weg zwischen Tunesien und Sizilien. In den Ortsnamen hat sie ihre arabischen Wurzeln erhalten, sie selbst ist die „Tocher des Windes“, der über den erloschenen Vulkanen und um die Nasen ihrer aufgeweckten Bewohnern weht.
Zuerst Antonio, der sich ein wenig ziert und nicht fotografiert werden will. Er verkauft am Eingang der Ortschaft Scauri Leckereien: Kapern und Linsen, bottarga di tonno und eingelegte Oliven aller Art. Die Besten sind die schwarzen mit den kandierten Orangen: Er hat sie nach Bernini benannt, „weil ich in den Lebenserinnerungen des neapolitanischen Komponisten gelesen habe, dass er sie so am liebsten mochte“. Auch wenn es nicht so aussieht, hat Antonio schon mehr im Leben gesehen als die Kapern aus Pantelleria. „Geboren bin ich in Kalabrien. Ich war bei den Kommunisten, aber nach dem Prager Frühling bin ich Sozialdemokrat geworden. Also habe ich meine Siebensachen zusammengepackt und bin nach Deutschland gegangen. Ich erinnere mich noch gut an Willy Brandt, einen echten Staatsmann; einmal bin ich nach Hamburg gefahren, um ihn zu sehen.“ Ob er Sehnsucht hat nach Deutschland? „Ja, schon ein bisschen...“, gesteht er ein. Dann sehe ich auch in seinem Wagen, zwischen Kapern und anderem, ein leicht verblichenenes deutsches Buch liegen. „Schon möglich, dass ich im Herbst beschließe zurückzukehren und dort ein kleines Importunternehmen aufbaue. Unsere Produkte sind einzigartig und begehrt. Und nur dort lässt sich auch etwas bewegen.“
Riccardo bedient den Pizzaofen. Wenn auch nur diesen einen wunderbaren Abend lang, an dem wir zusammen mit Freunden und den Feriengästen des Palazzetto di Karuscia, in einer anderen Gegend von Pantelleria, Pizza backen. Ehrlich gesagt haben wir uns weniger mit dem Pizzateig beschäftigt, dafür mehr mit dem Pizzabäcker geplaudert. Der ist eigentlich Doktorand in Holland: „In Luftfahrttechnik. Nach dem Studium habe ich überlegt, was ich machen soll. Und mir ist klar geworden, dass Europa ganz andere Bedingungen bietet als Italien. Das Forschungszentrum in Holland, bei dem ich arbeite, funktioniert so effizient wie ein Unternehmen, mein Chef verwaltet sein Budget wie ein Manager. Wenn ich für meine Untersuchungen ein neues Gerät brauche, gehe ich in sein Büro und frage ihn direkt. Und wenn genügend Geld da ist, habe ich in ein paar Wochen den Apparat. Und was die Forschungsmittel angeht, das ist kein Vergleich zu dem, was es in Italien gibt... Von einem Stipendium kann man gut leben und bekommt auch noch Zuschüsse. Mir hat die Universität sogar meine Möbel bezahlt!“